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Fraunhofer-Projekte: Vom Tiefsee-Einsatz bis zum fliegenden Auge

Foto: Fraunhofer IOSB

Cebit-Roboter Hüllenlose Taucher und fliegende Augen

Tauchroboter sind bislang sehr teuer - Fraunhofer-Forscher wollen dem nun Abhilfe schaffen. Der Trick: Die Steuertechnik der autonomen Taucher wird nicht mit einer Schutzhülle umgeben. In einem anderen Projekt entstehen Drohnenschwärme, die Leben retten - und Krieg führen helfen könnten.

Über die Oberfläche des Mondes wissen Forscher besser und genauer Bescheid als über ausgedehnte Gegenden, die zum Teil direkt vor unserer Haustür liegen: den Meeresboden. Das gilt vor allem für die Tiefsee. Um hier buchstäblich mehr Licht in die Angelegenheit zu bringen, haben sich mehrere Fraunhofer-Institute mit dem Tietek-Projekt  (Technologiekonzept für Tiefseeinspektion und Exploration) zur Entwicklung eines neuartigen Tauchroboters zusammengetan.

Nicht, dass es nicht schon tauchfähige Maschinen gäbe. Aber bis zum jetzigen Zeitpunkt existieren nur einige hoch spezialisierte und sehr teure Unterwasserfahrzeuge, obwohl viele ihrer Aufgaben automatisch ausführbare Routinetätigkeiten sind. Woran es mangelt, sind bezahlbare modulare Systeme, die schnell und problemlos an wechselnde Anforderungen angepasst werden können.

Roboter in Torpedoform

Bei Tietek handelt es sich um einen knapp zweieinhalb Meter langen Tauchroboter, der mit seiner torpedoförmigen Gestalt kleiner und widerstandsfähiger als seine marktüblichen Kollegen ist und trotzdem weniger kostet.

Die Fraunhofer-Techniker haben dabei vor allem in der Konstruktionstechnik den Rotstift angesetzt. Bislang trugen die meisten Unterwasserroboter ihre hochkomplexe und wertvolle Technik abgeschirmt in einem Druckbehälter. Doch diese Schutzmechanismen haben ihren Preis, vor allem, wenn die Geräte in der Tiefsee eingesetzt werden sollen, wo sie es mit Druck in Höhe von mehreren hundert Atmosphären zu tun bekommen. Also wurde auf eine schützende Außenhülle verzichtet. Sämtliche Funktionseinheiten wie Rechner, Sensoren, Energiespeicher, Antriebe werden dem Außendruck direkt ausgesetzt. Die empfindliche Elektronik wird in eine dicke Schutzschicht auch besonderem Silikon eingegossen. Dieser wasserdichte Mantel schützt auch Messfühler und die Verkabelung, wo es erforderlich ist. Die restlichen Komponenten des Gerätes werden direkt von Wasser durchspült.

Diese vergleichsweise preiswerte Alternative würde zukünftig erlauben, auch Routineinspektionen an Deichen, Staumauern, Hafenbecken oder Schiffsrümpfen vorzunehmen. Mit der vorhandenen Technik wären solche Überprüfungen viel zu teuer. Was bedeutet, dass zu solchen Zwecken bislang stets Taucher ins Wasser müssen.

Hafeninspektion und Tiefseeforschung

Tietek-Roboter könnten aber auch problemlos dort benutzt werden, wohin Taucher es nicht mehr schaffen. Eine lange Reihe von Einsatzmöglichkeiten eröffnet sich da. In Zeiten ansteigender Rohstoffpreise werden auch Tiefseelagestätten interessant, ihre Erkundung und Vermessung wird durch Tietek genauso vereinfacht wie die regelmäßige Überwachung des Abbaubetriebs, zum Beispiel bei Ölbohrplattformen. Natürlich können auch Rohstofftransportleitungen sowie Kabel zur Informations- und Energieübertragung auf ihre Unversehrtheit hin überprüft werden.

Erste Tests quasi in freier Wildbahn sind für den Herbst dieses Jahres geplant, dann soll Tietek vor den Kanarischen Inseln auf Tauchtour bis zu einer Tiefe von 5000 Metern geschickt werden.

Aufklärung aus der Luft: AMFIS

Doch die Fraunhofer-Forscher stecken ihre Nasen nicht nur ins Wasser. Seit vielen Jahren ist das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) auf dem Felde der Sicherheits- und Überwachungstechnik aktiv. Eines der Projekte, die hier entstanden sind und das auch auf der Cebit vorgestellt wird, ist Amfis (Aufklärung mit mobilen und ortsfesten Sensoren im Verbund). Womit die Aufklärung und Überwachung auf der Basis von Miniatur-Fluggeräten gemeint ist.

Dabei musste nicht das Rad neu erfunden werden. Amfis nutzt bestehende Technologien, verknüpft sie aber wesentlich enger als es bisher üblich war. So werden Quadrocopter, also kleine, mit vier Rotoren ausgestattete Flug-Drohnen, Ballone und eine Bodenkontrollstation zu einer Einheit zusammengefasst. Dabei bilden die fliegenden Komponenten die Ergänzung zu stationären Überwachungssystemen am Boden. Die Signalreichweite der Drohnen liegt bei 500 Metern, ein Ballon kommt sogar auf einen Kilometer.

Schwarmintelligenz am Boden und in der Luft

Was also ist so besonders an einem System aus handelsüblichen Komponenten, dass das Fraunhofer-IOSB damit in Hannover auftritt? Es ist die Art der Verknüpfung der Sensordaten und deren Verarbeitung.

Eine generische Bodenkontrollstation integriert verschiedene Sensoren und Sensorträger. Das können genauso gut Flugdrohnen sein wie Land- oder Wasserfahrzeuge. Solche multisensoriellen Assistenzsysteme können zu unterschiedlichen Konfigurationen kombiniert werden, je nach Anforderung und Gegebenheiten der Situation.

Für die Zukunft sind vernetzte Gruppen von solchen Flugaufklärern denkbar, die mit mobilen Bodenrobotereinheiten kooperieren. Der Clou ist jedoch, dass sich die Komponenten in Schwärmen einsetzten lassen, um eine möglichst umfassende Abdeckung eines Gebietes zu gewährleisten. Die Fraunhofer-Experten setzen dabei auf das Prinzip der Schwarmintelligenz.

Die einzelnen Drohnen und sonstigen Sensorträger werden zwar über einen zentralen Server gesteuert. Gleichzeitig werden bestimmte Aufgaben zur autonomen Erledigung den Sensoreinheiten zugeordnet. Jede Drohne im Schwarm verfolgt somit eine eigene Aufgabe.

Die Anzeige der gesammelten und verarbeiteten Daten kann dann in einer weiteren Stufe an einem digitalen Lagetisch dargestellt werden. Dieser Lagetisch kann eine Echtzeitsimulation der beobachteten Lage vornehmen, wodurch der Einsatzleiter seine Maßnahmen wesentlich angemessener treffen kann.

Zivilschutz oder Kriegseinsätze

Damit kann Amfis gleich für eine ganze Reihe von Szenarien verwendet werden. Im Fall von Naturkatastrophen können mit Infrarot- und Bewegungsmeldern ausgerüstete Flugdrohnen sehr schnell die genaue Lage von verschütteten Menschen ausfindig machen und an die Einsatzzentrale weiterleiten. Die Rettungskräfte werden zielgenauer eingewiesen und die Drohnenbegleitung erlaubt gewissermaßen die laufende Nachjustierung.

Auch Polizei-Einsätze dürften von Amfis profitieren. Im Fall von Geiselnahmen könnten die fliegenden Augen unauffällig durch Fenster spähen, die Lage aufklären. Mit der Hilfe verschiedener Sensoren sollen nach der Vorstellung der Fraunhofer-Techniker sowohl Personen, ihre genaue Position als auch Waffen und Sprengstoff erkannt werden.

Natürlich eignet sich das System auch für den militärischen Einsatz. Quadrocopter sollen in diesem Szenario schwer zugängliche Gebiete sowie die Verteilung gegnerischer Kräfte und ihrer Bewaffnung erkunden.

Gut vorstellbar also, dass die Fraunhofer-Forschung auch zur weiteren Technisierung des Schlachtfeldes in Afghanistan und anderswo beiträgt.

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