Vernetztes Zuhause Google hört die Signale

Nvidia-Chef Huang
Foto: Ethan Miller/ AFPFür Datenschützer ist es ein Albtraum, was Nvidia-Boss Jen-Hsun Huang am Mittwoch mit strahlendem Lächeln auf der Hightechmesse CES angekündigt hat: Künftig, so sein Plan, soll man kleine vernetzte Mikrofone in Haus oder Wohnung verteilen, über die Google jederzeit per Sprachbefehl erreichbar ist. Das System soll sogar erkennen können, in welchem Zimmer man sich gerade aufhält. Jen-Hsun Huang präsentierte das neue System im Rahmen seiner Keynote in Las Vegas.
Bestens gelaunt sprach der Konzernchef anderthalb Stunden lang zu mehreren Tausend Zuschauern in einem Ballsaal des edlen Venetian-Hotels. Einen Teleprompter brauchte er dabei nicht. Offensichtlich weiß der Konzernchef, was er will, was er sagen sollte - und was nicht.
Das Publikum hing ihm an den Lippen, während er immer wieder einschob, dass die derzeit schnellen Entwicklungen bei künstlicher Intelligenz (KI) ohne seine Firma nicht möglich gewesen seien. Nvidias Grafikchips dienen in vielen Rechenzentren als Grundlage für KI-Systeme.

CES in Las Vegas: Technikmesse im Wandel der Zeit
Unmissverständlich zeigte Huang auch, dass er mit seiner Firma, die als Hersteller von PC-Grafikkarten groß wurde, raus ist aus der Spiele-Ecke. Einen substanziellen Teil seines Umsatzes macht das Unternehmen etwa bereits in der Autoindustrie. Jetzt versucht seine Firma, auch noch in privaten Haushalten Fuß zu fassen. Die Basis dafür soll eine neue Version der Settop-Box Shield bilden.
Der Google Assistant im Wohnzimmer
Im Grunde handelt es sich dabei um ein Gerät ähnlich dem Apple TV und Amazons Fire TV. Genau wie die Konkurrenzmodelle stellt die kleine Kiste Videostreaming-Dienste wie Netflix, YouTube, Google Play Movies auf dem Fernseher bereit.
Bei der Shield liegt der Schwerpunkt allerdings auf ihrer Spieletauglichkeit. Zum einen kann sie Android-Spiele auf den großen Bildschirm bringen, zum anderen kann sie PC-Spiele wie "Watch Dogs 2" und "Assassin's Creed Syndicate" über einen Cloud-Gaming-Dienst namens GeForce Now nutzbar machen. Mit der neuen Version der Shield-Box, die Jen-Hsun Huang in Las Vegas präsentierte, geht das jetzt auch zeitgemäß in 4K und HDR.
Die eigentliche Neuheit aber ist, dass die Shield nun auch an den Google Assistant angebunden ist, an Googles virtuelle Assistenzfunktion, die Nutzern auf Handys und Tablets den Zugang zu Googles Diensten per Sprache ermöglicht.

Huang in Las Vegas
Foto: Ethan Miller/ AFP... und im ganzen Haus
Einmal aktiviert, weist die KI den Nutzer etwa darauf hin, wenn er sich etwas früher zum Zahnarzttermin aufmachen sollte, weil auf dem Weg dorthin eine Straße gesperrt ist. Zudem lässt sich die Shield mit Smart-Home-Technik verbinden. So kann man etwa per Sprachbefehl die Rollläden schließen oder Musik einschalten - und das, so Huangs Versprechen, künftig auch im ganzen Haus.
Möglich werden soll das durch ein vernetztes Mikrofon namens Spot. Das etwa walnussgroße Gadget lässt sich an Wände heften oder in Regale legen, es verbindet sich drahtlos mit der Shield. Über mehrere solche Spots soll dann das Haus vernetzt und der Google Assistant in jedem Raum nutzbar gemacht werden. Aus den Laufzeitunterschieden zwischen den Mikrofonen soll das System sogar errechnen können, wo man sich gerade aufhält.
Das System weiß, wo man gerade ist
Das ist praktisch, weil die Software dadurch etwa den richtigen Lautsprecher einschalten kann, wenn man in der Küche darum bittet, Radiomusik abzuspielen. Gleichzeitig weckt es die Befürchtung, Google könnte darüber Buch führen, in welchen Räumen man sich wie oft und wie lange aufhält. Dass die Spot-Mikrofone mithören müssen, um jederzeit auf Sprachbefehle reagieren zu können, versteht sich von selbst.
Nvidia wird noch genau erklären müssen, wie es dabei Datenschutz gewährleisten will. Aber dafür ist auch noch Zeit. Während die neue Shield bereits ab Januar für 230 Euro in den Handel kommen soll, stellt Nvidia die Veröffentlichung des Spot-Mikrofons nur vage für später im Jahr in Aussicht. Der Preis steht noch nicht fest.
Neben diesem Schritt in Richtung Heimvernetzung hat Jen-Hsun Huang weiter vor, das PC-Gaming mehr Menschen zugänglich zu machen. Er sei überzeugt, dass es rund eine Milliarde Computernutzer weltweit gibt, die zwar gern gelegentlich ein PC-Spiel spielen würden, deren Computer dafür aber nicht genug Rechen- und Grafikleistung bietet, sagte er.
PC-Spiele streamen
Auf diese Menschen zielt Nvidia mit dem Spieledienst GeForce Now. Das System funktioniert so: Die Spiele selbst laufen in einem Rechenzentrum auf Highend-PC. Dessen Bild- und Audioausgabe wird via Internet auf den Rechner des Kunden gestreamt. Umgekehrt gelangen die Steuerbefehle des Nutzers per Streaming in Nvidias Rechenzentrum. So sollen sich auch auf einem dünnen Stromspar-Laptop oder auf einem Macbook mit schlapper Grafikkarte aktuelle PC-Spiele in bester Qualität spielen lassen.
Was sich einfach anhört, ist eine enorm komplexe Aufgabe. Damit ein PC-Spiel auf diese Weise flüssig läuft, müssen die Spieldaten nahezu verzögerungsfrei durchs Netz geleitet werden. Um das zu gewährleisten, hat Nvidia schon vor Jahren begonnen, in vielen Regionen der Welt entsprechende Rechenzentren aufzubauen. So sollen die Übertragungszeiten zu den Nutzern reduziert werden.
Laut Huang sollen sich über eine neue, ausgeweitete Version des GeForce-Now-Angebots Spiele-Plattformen wie Steam, Battle.net und Origin nutzen lassen. Die neue Variante soll im März in Form einer sogenannten Early-Access-Phase in den USA verfügbar sein. Weltweit soll der überarbeitete Dienst dann im Frühjahr nutzbar sein.
Ungewöhnlich ist das Abrechnungsmodell des Dienstes: Bei GeForce Now soll nach Spielstunden abgerechnet werden. Je nachdem, welche Leistungsstufe man bucht, stehen dann 25 Dollar für zehn oder 20 Stunden Spielzeit auf der Rechnung.