Computerunternehmer Tramiel: Bei Commodore 1984 verdrängt, kaufte er Atari
Foto: SAL VEDER/ ASSOCIATED PRESSIm Alter von 83 Jahren ist Jack Tramiel am Sonntag in Monte Sereno im US-Bundesstaat Kalifornien gestorben. Tramiel, der als einer der Computerpioniere der achtziger Jahre mit Rechnern wie dem VC 20 und C64 wesentlich den Erfolg der Heimcomputer mitbestimmte, sei im Kreise seiner Familie gestorben, berichtet "Forbes".
Der in Lódz als Sohn jüdischer Eltern geborene Tramiel war nach dem Überfall Nazi-Deutschlands auf Polen im Zweiten Weltkrieg zunächst in das KZ Auschwitz deportiert worden. Kurz vor Kriegsende wurde er als Zwangsarbeiter nach Deutschland überstellt, wo ihn 1945 US-Truppen befreiten.
Zwei Jahre später wanderte Tramiel in die USA aus, wo er 1953 das Ladengeschäft Commodore Portable Typewriter eröffnete. Er reparierte Schreibmaschinen und stellte später auch selbst Schreibmaschinen her. Rund zehn Jahre später entwickelte das Unternehmen eigene Taschenrechner und später auch Computer.
Tramiels erster Erfolg mit Commodore war 1977 der PET (Personal Electronic Transactor), dem später der VC20 und vor allem der C64 folgten, von dem Schätzungen zufolge in den Achtzigern bis zu 30 Millionen Exemplare verkauft worden sind. Der C64 ist dem Guinness Book of World Records zufolge der bis heute erfolgreichste Heimcomputer.
1984 wurde Tramiel aus seiner Firma gedrängt. Er kaufte danach die damals angeschlagene Software- und Konsolen-Firma Atari und baute diese zu einem Hardware-Hersteller um. Mit den Rechnern der Atari-ST-Serie entwickelte Tramiel erneut ein Erfolgsmodell. Die Modelle erfreuten sich unter anderem wegen serienmäßiger Schnittstellen zur Steuerung elektronischer Musikinstrumente über Jahre hinweg treuer Anhänger.
1996 verkaufte Tramiel die Atari Corporation an den Festplattenhersteller JTS. Er zog sich aus dem Geschäftsleben zurück. Die vom ihm aufgebaute Marke Commodore existiert bis heute, konnte nach mehrmaligem Eigentümerwechsel aber nicht an die frühen Erfolge anknüpfen. Derzeit wird unter dem Namen Commodore C64 in den USA ein Windows-PC im Look des Originals angeboten.
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Commodore 64: Der meistverkaufte, heißgeliebte, völlig veraltete, noch immer brandaktuelle Heimcomputer. Hinten rechts das klobige Netzteil des Gerätes, vorne rechts und links zwei weitere Klassiker: "Competition Pro"-Joysticks mit robusten Kontaktschaltern
Der Vorläufer: Der Commodore PET war tatsächlich einer der ersten auch für Laien zu bedienende Heimcomputer - er machte bei seiner Einführung deutlich mehr Furore als der erste Apple-Rechner. Heute aber hat man das vergessen.
Startbildschirm: Der dunkelblaue Schirm mit der hellblauen Pixelschrift ist eine Ikone geblieben. Heute tragen Nerds und hippe junge Menschen T-Shirts in dieser Optik und mit der Aufschrift "Press play on tape" - dem Befehl, mit dem der Rechner den Nutzer aufforderte, ein Spiel von Datasette, also vom Magnetband, zu starten. Der Original-Bildschirm des C64 hatte auch noch einen hellblauen Rand.
Neuauflage: Im April 2011 verkündete ein Unternehmen namens Commodore USA, dass es eine Wiedergeburt des legendären Rechners geben werde - diesmal aber mit aktueller Hardware samt SD-Kartenslot und USB-Anschlüssen.
Neues Innenleben: Vom Achtziger-Jahre-Original ist beim Nachbau nur das Gehäuse geblieben, das die neuen Besitzer der Marke offenbar nach Originalplänen nachbauen. Die eigentliche Firma Commodore existiert schon lange nicht mehr, die Marke wurde diverse Male weiterverkauft.
Die Form ist geblieben: Der C64 von damals hatte, ebenso wie die Neuauflage, eine zum Tippen durchaus gut geeignete, nach vorne abfallende Form mit abgerundeten Ecken und dem charakteristischen Regenbogen-Logo am oberen Rand.
Kalter-Kriegs-Spiele: Viele der Titel, die man damals für den C64 als Raubkopie bekommen konnte, standen eigentlich auf dem Index - und waren im Grunde Propagandamachwerke, typisch für den kalten Krieg. Dazu gehört "Rambo" ebenso...
...wie "Raid over Moscow". Beide Spiele waren einst indiziert, beide wurden vor gar nicht allzu langer Zeit erst vom Index für jugendgefährdende Medien genommen.
Auch dieser Titel war einst indiziert: "Blue Max" von Synapse Software aus dem Jahr 1983.
Blutfleck aus Pixeln: Weil man in "Speed Racer" Passanten überfahren konnte, landete auch das Rennspiel von 1983 auf dem Index. Heute kann man über die Pixelbrutalität eher lächeln.
Zum Weiterlesen: Christian Stöckers "Nerd Attack - eine Geschichte der digitalen Welt vom C64 bis zu Twitter und Facebook" zeichnet nicht nur die Entwicklungsgeschichte der Generation C64 nach, sondern erklärt auch, wie die digitale Revolution aus den Kinderzimmern ihren Weg in den Mainstream fand und wie sie die Welt von heute formte. Ganz explizit auch für Nicht-Nerds geeignet
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