Community-Kartenprojekt Microsoft unterstützt Openstreetmap

Openstreetmap: Die Stärke der Community-Karte liegt in Details wie Wanderwegen
Digitales Kartenmaterial ist entweder irrsinnig teuer oder kostenlos. Als der Navigationsgerätehersteller Tomtom 2007 seinen langjährigen Kartenlieferanten Tele Atlas übernahm, musste er dafür 1,8 Milliarden Euro hinblättern. Im selben Jahr zahlte Handy-Hersteller Nokia für den Kartenlieferanten Nayteq 5,7 Milliarden Euro. Etwa zu dieser Zeit hatte die Community, die das Kartenmaterial für das Openstreetmap-Projekt zusammenstellte, gerade mal einige Teile Deutschlands, der Benelux-Staaten und Großbritanniens erfasst. Doch das ist lange her. Mittlerweile, meldet die Nachrichtenagentur dpa, ist das kostenlose digitale Kartenmaterial zu einer echten Konkurrenz für die kommerziellen Anbieter herangewachsen. Nun unterstützt Microsoft das Projekt.
Vor wenigen Tagen kündigte der US-Konzern an, er habe den Gründer von Openstreetmap, Steve Coast, angeheuert. Als leitender Manager für Bing Mobile, den Handy-Ableger der Microsoft-Suchmaschine Bing, soll Coast das Mobilangebot der Windows-Firma verbessern. Dabei soll er vor allem die Einbindung der von ihm selbst ins Leben gerufenen Open-Source-Karten in den Dienst verbessern. Microsoft verwendet das kostenlose Kartenmaterial bereits für seine Bing Maps, das hauseigene Gegenstück zu Google Maps.
Als Gegenleistung stellt Microsoft dem Crowdsourcing-Projekt hochauflösende Luftbilder zur Verfügung. Damit soll es den mehr als 320.000 Enthusiasten, die sich an der Erstellung und Verbesserung der Karten beteiligen, leichter gemacht werden, neue Kartenbereiche zu erstellen. Außerdem hat der Konzern angekündigt, neue Software bereitzustellen, mit der es leichter werden soll, sich am Kartografieren für Openstreetmap zu beteiligen, dem Projekt also geografische Koordinaten bereitzustellen.
Neben den vielen Freiwilligen unterstützen mittlerweile auch einige Behörden und öffentliche Einrichtungen das Gemeinschaftsprojekt. So liefert die Stadt Augsburg amtliche Geodaten und stellt alle amtlichen Adressen der Stadt sowie die Daten der städtischen Gebäude mit Publikumsverkehr zur Verfügung.
Die Konkurrenz teilweise überholt
Neben Microsoft nutzt in Deutschland beispielsweise auch der Service "Gelbe Seiten" das Kartenmaterial von Openstreetmap. Außerdem werden die geografischen Daten von etlichen anderen Projekten, wie etwa der Opencyclemap-Fahrradkarte, verwendet. Eine der derzeit bekanntesten Anwendungen, die auf dem Community-Material basieren, ist die Handy-Navigationssoftware Skobbler. Ursprünglich hatte die als Billig-Navi erfolgreiche Software Kartenmaterial von Navteq verwendet. Die dafür erforderliche Lizenz hatte Navteq dem Hersteller aber im März entzogen. Seither nutzt und unterstützt Skobbler die Karten von Openstreetmap.
Eine Einschränkung der Abdeckung müssen die Nutzer dadurch offenbar nicht hinnehmen. Alexander Zipf, Professor für Geoinformatik in Heidelberg, sagt, Openstreetmap habe beispielsweise "die Gesamtkilometer von Tele Atlas" bereits im Sommer 2010 überholt. "Die Berechnungen zu den Großstädten ergaben in allen untersuchten Städten, dass Openstreetmap mehr Daten vorweisen konnte als Tele Atlas", fasst Zipf eines der Ergebnisse seiner empirischen Untersuchung zusammen. Sein Institut nutzt die Daten von Openstreetmap, um Navigationslösungen für Landmaschinen zu entwickeln.
Wo sind die Milliarden hin?
Genau bei solchen Aufgaben nämlich kann das Datenmaterial des Gemeinschaftsprojekts glänzen. Während kommerzielle Anbieter zwar meist über mehr Informationen zur Straßenführung und Details wie Geschwindigkeitsbeschränkungen oder die Verkehrsbelastung einzelner Straßen besitzen, kümmern sich die Hobby-Kartografen auch um oft vernachlässigte Details. Sie erfassen auch winzige Waldpfade und Wanderwege, Fahrradstrecken und abgelegene Ecken. Im Kleinen also, da wo die Großen nicht einmal hinblicken, kann die Kostenlos-Karte punkten.
Ob sie deshalb eine Bedrohung für die Kommerz-Konkurrenz ist, ist eine andere Frage. Ob es lohnenswert war, Milliarden in deren Kartenbasis zu stecken, allerdings auch.