DAB vs. UKW Digitalradio findet nur wenige Zuhörer

Uralt-Radio: Trotz technisch brillanter Digitalangebote hört die Mehrheit noch analog
Foto: Matthias KrempBeim Fernsehen hat sich der digitale Standard DVB (Digital Video Broadcasting) schnell durchgesetzt. Die kleine Schwester fürs Radio namens DAB (Digital Audio Broadcasting) fristet aber bislang ein Nischendasein - obwohl der schon vor 15 Jahren entstandene digitale Hörfunkstandard nahezu flächendeckend in Deutschland verfügbar ist. Fachleute sind skeptisch, ob es dem offiziellen Nachfolger des analogen Standards UKW gelingen wird, sich als Übertragungsverfahren durchzusetzen.
Ursprünglich sollten bis 2010 alle Radiosender ihren Sendebetrieb von UKW auf DAB umgestellt haben. Doch die Realität sieht anders aus: Die Radiostationen senden weiterhin auf UKW, die Frist zur Umstellung wurde erst auf 2015 und kürzlich gar auf 2025 verlängert.
Und auch die Wirklichkeit in den Haushalten ist eine andere. "Aktuell sind nach Schätzungen der Landesmedienanstalten nur rund 500.000 DAB-Hörfunkgeräte im Umlauf", sagt Pit Klein von der Zeitschrift "Sat+Kabel" in München. Ein DAB-fähiges Gerät kostet momentan noch 80 bis 130 Euro. UKW-Empfänger sind für viel weniger Geld zu haben.
100 Euro für zwei bis drei Sender?
Ein Vorteil von DAB sei die Möglichkeit einer größeren Programmvielfalt, erklärt Michael Richter, Vorstandsvorsitzender der bundesweiten Digital Radio Plattform. Doch auch das ist bisher selten Realität. Richter räumt ein: "In Bayern gibt es viele lokale und überregionale Sender. In Norddeutschland dagegen ist die Versorgung nicht so gut." Dies bestätigt Christoph de Leuw von der Zeitschrift "Audio Video Foto Bild" in Hamburg: "In manchen Gegenden empfängt man zwei, drei Sender. Kein Mensch kauft sich ein neues Radio für 100 Euro, um zwei Sender zu empfangen."
Ein Vorteil von DAB ist, dass durch die Digitalisierung viel einfacher Zusatzinformationen übertragen werden können. "Das kann man sich wie beim digitalen Fernsehen vorstellen. Es gibt die Möglichkeit zu elektronischen Programmführern, Titelinformationen und Live-Nachrichten auf dem Display", erklärt Klein. Daher befürworteten auch die Automobilhersteller DAB, so Richter. "Staudaten und Parkhausinfos lassen sich mit DAB ins Auto übertragen", erklärt er. Außerdem ist ein Radioprogramm mit DAB deutschlandweit über dieselbe Frequenz zu empfangen.
Wo sind die Vorteile?
Digital Audio Broadcasting bietet eine bessere Klangqualität, wenn die Ausstrahlung über hohe Bitraten erfolgt. "Zum Nebenbeihören, und dafür wird Radio zumeist genutzt, sind die Menschen allerdings auch mit der UKW-Qualität zufrieden", sagt de Leuw. "Wirkliche, praktische Vorteile für den Verbraucher sind bisher nicht erkennbar."
Zudem ist digitales Radio auf anderen Wegen bereits Realität. Über Satellit und über Internet sind viele digitale Hörfunksender zu empfangen. "Inzwischen werden viele Internetradios verkauft, über die man digitales Radio hören kann", sagt de Leuw. Die Experten sind sich zwar einig, dass die Zukunft des Radios digital ist. "Ob die Digitalisierung allerdings über DAB erfolgt, ist fraglich", so Sven Hansen, Redakteur der Computerzeitschrift "c't" aus Hannover. Ob sich DAB als digitaler Hörfunkstandard durchsetzen wird, sei vor allem eine politische Entscheidung.
Analog -In sel Deutschland
"Bisher sind schon Millionen an Gebührengeldern in den DAB-Ausbau geflossen", gibt Hansen zu bedenken. Aber wenn nicht aufgrund eines erzwungenen Frequenzbedarfs die analogen Kapazitäten irgendwann wegfallen und die Hersteller verpflichtet werden, digitale Tuner statt der analogen Pendants zu verbauen, wird die Umstellung nach Einschätzung Kleins nie funktionieren. Ab 2015 sollen die Hersteller von Radios zumindest schon einmal verpflichtet werden, Digital-Tuner in die Geräte zu integrieren - so steht es in einem Referentenentwurf zur Novellierung des Telekommunikationsgesetzes.
In anderen europäischen Ländern hat sich DAB schon durchgesetzt. "Wir dürfen deshalb jetzt nicht auf unserer Analog-Insel sitzen bleiben und zugucken, wie unsere europäischen Nachbarn aufrüsten", fordert DAB-Befürworter Richter.
Auch wenn es zu einer Umstellung auf DAB kommen sollte, wird diese nicht abrupt sein. "Bis dahin kann man mit gutem Gewissen auch ein UKW-Radio kaufen", meint Hansen. Wer sich trotzdem ein DAB-fähiges Gerät zulegen möchte, der sollte darauf achten, dass es kompatibel zu DAB+ ist oder sich gleich ein "Mehrnormengerät" anschaffen, dass gleichzeitig DAB, UKW und Internetradio empfangen kann.
Eine zunehmende Verbreitung von Empfangsgeräten würde auch dem Angebot neuen Auftrieb geben. Mitte Januar hat die zuständige Kommission für Zulassung und Aufsicht der Medienanstalten (ZAK) den Weg frei gemacht, damit sechs private Anbietern von Hörfunkprogrammen ihre Angebote über DAB+ bundesweit ausstrahlen können. Drei Sendeplätze sind noch zu vergeben.