Apple-Kundin testet die Gesichtserkennungstechnik im iPhone Xs
Foto: SERGEI ILNITSKY/EPA-EFE/REX/ShutterstockApples Face ID hat zwei zentrale Funktionen: Die Gesichtserkennung erleichtert zum einen den Umgang mit dem iPhone X beziehungsweise dessen Nachfolgern Xs, Xs Max und Xr. Ebenso wichtig ist zum anderen die Gesichts-Nichterkennung - als Sicherheitsmaßnahme. Schaut jemand anderes als der Besitzer auf das Gerät, bleibt es gesperrt. Nach fünf Fehlversuchen muss man, ebenso wie nach dem Neustart, den Passcode eingeben, um das Gerät zu entsperren.
Das russische Unternehmen Elcomsoft, das Forensik-Software für Behörden entwickelt, warnt Strafverfolger deshalb davor, versehentlich auf beschlagnahmte iPhones X zu schauen. Auf einer Präsentationsfolie, die das Technik-Magazin "Motherboard" veröffentlicht hat und deren Echtheit bestätigt ist, heißt es: "Schauen Sie nicht auf den Bildschirm, andernfalls passiert das gleiche wie beim Apple-Event."
Gemeint ist die Vorstellung des iPhone X im September 2017. Apples Software-Chef Craig Federighi schaffte es auf der Bühne nicht, das iPhone X per Face ID zu entsperren und musste stattdessen den Passcode eingeben.
Der Passcode ist für Ermittler eine höhere Hürde
Elcomsoft-CEO Wladimir Katalow sagte "Motherboard": "Schaut ein Ermittler auf das iPhone eines Verdächtigen, verliert er sofort einen der fünf Versuche zum Entsperren per Face ID." Passiert das mehrmals und schafft der Ermittler es dadurch nicht, den Besitzer spätestens beim fünften Versuch vor die iPhone-Frontkamera zu bekommen, braucht er stattdessen den möglicherweise schwer zu erratenden Passcode. Und das kann je nach Rechtslage und technischer Ausstattung der Behörde tatsächlich ein Nachteil sein.
In den USA und auch in Deutschland müssen sich Beschuldigte nicht selbst belasten, indem sie zum Beispiel Passwörter herausgeben. Aber biometrische Zugänge sind etwas anderes als das Wissen um ein Passwort. Da Fingerabdrucksensoren und Gesichtserkennung nicht zuletzt dank Apple mittlerweile die Passworteingabe ersetzt haben, bräuchten die entsprechenden Gesetze eigentlich ein Update. So lange es das nicht gibt, müssen Gerichte entscheiden, was Polizisten dürfen und was Beschuldigte müssen.
Das FBI zum Beispiel hat im August erstmals einen Verdächtigen mit einem Durchsuchungsbeschluss gezwungen, sein iPhone X per Face ID zu entsperren, sodass die Beamten es durchsuchen konnten. Theoretisch hätte die Verteidigung diesen Beschluss anfechten können. Da es aber reichlich anderes belastendes Material gab, lohnte sich das in diesem Fall nicht.
"Face ID ist nochmal eine andere Dimension als der Fingerabdruck"
Auch hierzulande gibt es keine klare gesetzliche Regelung. Der Düsseldorfer Strafverteidiger Udo Vetter sagt: "Die juristische Grenze besteht darin, dass man als Beschuldigter nicht aktiv mitwirken muss." Aber ob das bei Face ID der Fall ist, sei unklar.
Sein Wissen um den Passcode muss ein Verdächtiger nicht preisgeben. Schwieriger ist schon die Frage, ob er einen Fingerabdruck, mit dem dann ein Fingerabdrucksensor betätigt wird, sozusagen passiv dulden muss. "Face ID", sagt Vetter, "ist nochmal eine andere Dimension als der Fingerabdruck." Wenn die Polizei dem Verdächtigen sein Gerät nur noch vor das Gesicht halten muss, sei das möglicherweise keine aktive Mitwirkung.
Sollten Behörden den unsicheren Rechtsweg vermeiden wollen, brauchen sie eine Spezialausrüstung, um die Passcode-Sperre von iPhones zu umgehen oder zu brechen. Mindestens zwei Anbieter solcher Geräte sind bekannt: Grayshift und Cellebrite versprechen, auch moderne iPhones knacken zu können, zum Teil schon für 1500 Dollar pro Stück.
Apple wiederum hat mit seinem Betriebssystem iOS 12 einige neue Funktionen eingeführt, die solche Einbruchsversuche unmöglich machen sollen, weil sie theoretisch auch von Kriminellen genutzt werden könnten. Es gibt also eine Art andauernden Wettlauf zwischen Herstellern wie Apple und IT-Forensik-Firmen, die ihre Produkte an Strafverfolger verkaufen.
Einen dritten Weg zur Umgehung der Passcode-Eingabe gibt es auch noch: Polizisten können versuchen, einem Verdächtigen das Smartphone im entsperrten Zustand zu entreißen - so wie es auch ein Taschendieb tun würde. Zumindest in London hat das schon mal geklappt.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Die iPhones XS Max (oben) und XS: Beide sind mit OLED-Bildschirmen bestückt, die Farben dank True-Tone-Technik immer gleich darstellen, unabhängig vom Umgebungslicht.
Eine der Neuerungen ist der Farbton "Gold", der im Gegensatz zum einstigen Roségold etwas weniger poppig wirkt.
Der Gehäuserahmen besteht aus Edelstahl, was für Stabilität sorgen soll.
Unterhalb der Einschalttaste ist die Schublade für die Sim-Karte zu finden.
Zwar sind die neuen iPhones Dual-Sim-fähig, in die Schublade passt aber trotzdem nur eine Sim-Karte. Die zweite Sim ist als sogenannte eSim fest eingebaut und kann für verschiedene Mobilfunkanbieter genutzt werden.
Auffällig: Die Bohrungen auf der Unterseite sind nicht mehr symmetrisch. Hinter den Löchern auf der linken Seite steckt ein Mikrofon, rechts ein Lautsprecher.
Den sogenannten Notch auf der Vorderseite haben auch die neuen iPhones. Hier sind, im oberen Bereich des Bildschirms, die Selfie-Kamera, ein Lautsprecher, sowie verschiedene Kameras und Sensoren für Face ID und andere Zwecke untergebracht.
Der Größenunterschied der beiden neuen iPhones ist vergleichsweise gering: Unten liegt hier das iPhone XS Max mit 6,5 Zoll, darüber das iPhone XS mit 5,8 Zoll.
Abgesehen von der Größe unterscheidet sich das Design der beiden neuen iPhones nicht.
Mit den neuen Geräten führt Apple auch eine Reihe neuer Schutzhüllen ein, die während des Tests nützlich waren, um die iPhones unbemerkt in der Öffentlichkeit testen zu können.
Reichlich Platz: Hunderte Videos sowie Tausende Fotos und Musiktitel sind bei Weitem nicht genug, um die 512 Gigabyte der High-End-Versionen zu füllen.
Das neuronale Netz auf dem A12-Bionic-Prozessor wurde um 900 Prozent schneller als beim Vorgänger. Das kommt Augmented-Reality-Apps zugute, so wie hier der Gartenplanungs-App iScape.
Hilfreich ist der neue Chip auch bei Apps wie der von Ikea, mit der man ausprobieren kann, wie ein Möbelstück zu Hause - oder im Büro - aussehen würde.
Das Kamerasystem der neuen iPhones: Die oben liegende Weitwinkelkamera ist durch einen neuen Fotosensor verbessert worden. Die darunterliegende Teleobjektivkamera wurde unverändert vom iPhone X übernommen.
Testfoto, aufgenommen mit dem XS Max: Bei perfektem Wetter machen die identischen Kameras der beiden neuen iPhones auch hervorragende Aufnahmen.
Ein feiner Unterschied: Bei Bildern wie diesem, mit leichtem Gegenlicht und viel Himmel, wird das Blau des Himmels von den neuen Geräten besser wiedergegeben als zuvor.
Wie unscharf hätten Sie es denn gerne? Bei Aufnahmen im Porträtmodus kann man die Tiefenschärfe beim iPhone XS und XS Max nachträglich verändern.
Für Anwender unsichtbar steckt in iOS 12 das sogenannte ARKit 2. Die neue Software soll es Entwicklern ermöglichen, bessere Augmented-Reality-Apps zu entwickeln. Lego beispielsweise hat eine App, die aus Bausteinen gebastelte Objekte auf dem Bildschirm mit virtuellen Objekten ergänzt.
In der Foto-App wurde die Suchfunktion erheblich aufgewertet. Auf Basis der Bilder, die man in seinen Alben gesammelt hat, schlägt sie zu bestimmten Orten, Momenten oder Personen passende Zusammenstellungen vor.
Sucht man per Texteingabe nach Bildern, schlägt das System ebenfalls verschiedene zum Begriff passende Ergebnislisten vor.
Zudem sucht die Software automatisch nach bemerkenswerten Aufnahmen, die man in sozialen Netzwerken teilen könnte.
Ein separate App zum Scannen von QR-Codes braucht man längst nicht mehr. Sobald man die Kamera auf einen solchen Code richtet, wird dieser hervorgehoben und angeboten, die in dem Code verlinkte Webseite in Safari zu öffnen.
Die sogenannten Animojis werden um vier neue Figuren erweitert. Eine davon ist ein Dinosaurierkopf, den man mit seinen Gesichtszügen animieren kann - wenn man ein iPhone X hat.
Neu hinzugekommen sind in iOS 12 die Memojis. Im Grunde sind das Animojis, die man mithilfe eines digitalen Baukastens selbst basteln kann.
Sowohl in der Chat-App Nachrichten als auch in den FaceTime-Videochats kann man sein Selbstbildnis in iOS 12 mit einer Vielzahl von Kameraeffekten verfremden.
Ein Maßband als App: Statt mit dem Lineal oder einem Zollstock lassen sich Objekte und Räume jetzt auch mit der App "Maßband" vermessen.
Mithilfe künstlicher Intelligenz schlägt das System Befehle vor, die man auf Wunsch als neue Siri-Kurzbefehle abspeichern kann. Als Basis hierfür dienen häufig genutzte Funktionen und Abläufe.
Siri-Kurzbefehle können künftig auch komplexe Aktionen steuern, die mehrere Apps involvieren. Mit iOS 12 stellt Apple dafür eine eigene App bereit, in der alle auf diese Art zusammengestellten Kurzbefehle gezeigt werden.
Auch auf dem Sperrbildschirm zeigt sich die neue Funktionalität von Siri. Apples Assistenzfunktion erinnert dort beispielsweise automatisch an Geburtstage und schlägt auch gleich vor, das Geburtstagskind anzurufen.
Ursprünglich hatte Apple für seine FaceTime-Videotelefoniesoftware auch Gruppen-Chats mit bis zu 32 Teilnehmern angekündigt. Anfang August teilte das Unternehmen dann aber mit, dass diese Funktion erst "später im Herbst" nachgeliefert werden wird.
Komplett überarbeitet wurde die Lese-App "iBooks". Sie heißt nun "Bücher", hat ein modernes Design bekommen und soll es leichter machen, neue Bücher und Hörbücher zu finden.
Unter der Überschrift "Bildschirmzeit" sind in iOS 12 Funktionen zusammengefasst, die es Nutzern leichter machen sollen, sich zu visualisieren, wofür und wie intensiv man sein iPhone nutzt. Bei Bedarf lässt sich die Nutzungszeit auch einschränken.
Das überarbeitete "Batterie"-Kontrollfeld zeigt detaillierter als zuvor an, wann und für welche Apps Energie gebraucht wurde.
Ist man von der Mitteilungsflut einer bestimmten App genervt, lassen sich deren Nachrichten in iOS 12 stumm stellen oder gleich ganz deaktivieren.
Sehr nützlich: Die Funktion "Nicht stören", die eingehende Anrufe und Mitteilungen stumm schaltet, kann jetzt auch für bestimmte Zeiträume oder etwa für einen Ort aktiviert werden. So kann man etwa dafür sorgen, dass das iPhone so lange still hält, bis eine Konferenz beendet oder man ein Restaurant verlassen hat.
Melden Sie sich an und diskutieren Sie mit
Anmelden