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EveryCook: Dieser Kochtopf kocht fast alleine

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EveryCook auf dem 29C3 Heute kocht mal der Computer

Dieser Kochtopf schnippelt, rührt und lässt nichts anbrennen - vor allem aber kennt er das Rezept. Auf dem CCC-Jahreskongress hat ein Schweizer Ingenieur vorgeführt, wie er das Kochen revolutionieren möchte.

Hamburg - Alexis Wiasmitinow ist ein Risotto angebrannt, und zwar nicht zum ersten Mal. Dabei kann der Schweizer eigentlich ganz gut kochen und tut es auch gern. "Aber manchmal bin ich einfach abgelenkt. Da geh' ich dann noch kurz Mails checken und schon ist es passiert", sagt er. Als ihm vor vier Jahren also wieder einmal das Essen auf dem Herd verkohlte, dachte er sich: "Ich will, dass der Topf selbst rührt und die Temperatur im Griff hat. Dann kann ich in der Zeit etwas anderes machen." Seitdem bastelt und experimentiert er, baut Prototypen für eine Maschine, die einem das Kochen beinahe abnimmt.

Als er das Projekt EveryCook  auf dem Jahreskongress  des Chaos Computer Clubs vorstellt, trifft er damit offenbar einen Nerv bei den Besuchern. Wiasmitinow ist Ingenieur, selbst ein Geek auf seine Weise, und das Problem am Herd haben anscheinend mehrere. Zu groß ist die Versuchung, sich noch schnell an den Rechner zu setzen, während die Nudeln im Herd kochen und sonst gerade in der Küche nichts Interessantes zu tun ist. Eine Lösung für dieses Problem wäre längst fällig. Der Vortragssaal ist schnell voll, viele Interessierte müssen deshalb draußen bleiben; einige setzen sich vor die Tür und verfolgen auf ihrem Laptop, was drinnen gesprochen wird.

Dort erklärt der 35-Jährige aus Winterthur, wie er das Kochen revolutionieren will, so dass sowohl vielbeschäftigte als auch zerstreute Hobbyköche ein anständiges Essen zustande bringen und nicht den Pizza-Service rufen müssen. Und das soll dann idealerweise irgendwann so laufen: "Du bist auf dem Weg nach Hause und gehst auf EveryCook.org . Dort wird dir ein Rezept vorgeschlagen, das zu deinen Vorlieben passt, die du vorher eingetragen hast", erklärt er.

Es werde auch gleich eine Einkaufsliste erstellt und angezeigt, in welchem Supermarkt auf dem Weg genau diese Zutaten zu bekommen sind. "Das kann man auch den Wünschen des Users anpassen: Mancher möchte möglichst billig einkaufen, ein anderer vielleicht möglichst nachhaltig", sagt Wiasmitinow. Das alles sind Informationen, die sich durch Vernetzung sinnvoll nutzen lassen. So lautet auch der Slogan des Projektes "Besseres Essen dank Informationen".

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29C3 in Hamburg: Hacken, Basteln, Spielen

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Schälen muss man noch von Hand

Zu Hause angekommen, geht es dann an den High-Tech-Kochtopf, von dem der Bastler zwei mit zum Kongress gebracht hat. Er ist ausgestattet mit eine Waage, einer motorbetriebenen Rührvorrichtung und einem Thermometer, mit einer Schneide- und Häcksel-Maschine und jeder Menge anderer Technik. EveryCook nimmt dann den Nutzer an die Hand: Das System sagt, welches Messer für das gewünschte Gericht eingesetzt werden muss und welche Zutat - etwa so lange, bis die Maschine "stopp" sagt.

Das Schnippeln nimmt der Topf dem Nutzer dann zwar ab, "aber Schälen musst man schon noch selber. Das ist schwer zu automatisieren", so Wiasmitinow. Den Rest erledigt der Topf. Er rührt und heizt und stört den Nutzer nur noch, wenn der zum Beispiel nach einer bestimmten Zeit eine weitere Zutat hinzufügen muss.

Ganz so weit ist die Entwicklung noch nicht, aber der Ingenieur hat durchaus schon mit dem Gerät gekocht. "Borschtsch zum Beispiel kann man sehr gut damit herstellen", sagt er. Also gibt es in Nerd-Haushalten ab jetzt nur noch Suppe und Eintopf? "Nein. Wenn man ein Gericht in mehreren Töpfen kocht, dann bereitet dieser Kochtopf eine Komponente zu, am besten die schwierigste", sagt er. Auch könne der Topf zwar keine Lasagne herstellen, aber eine gute Béchamelsoße beisteuern.

Ein Prototyp von Hackern für Hacker

Es ist ein recht klassischer Hack, den die Besucher des 29C3 da bestaunen. Ein Versuch, sich die Technik untertan zu machen, damit sie das eigene Leben erleichtert und nicht noch komplizierter macht. Viele Tag- und Nachtstunden in ihrer Freizeit haben Wiasmitinow und seine Freunde darauf verwendet, an der Kochrevolution zu tüfteln.

Jetzt braucht das Team von EveryCook nur noch Investoren, mit denen sie den smarten Kochhelfer weiterentwickeln können. "Das, was man hier jetzt sieht, ist wirklich von Hackern für Hacker", sagt Wiasmitinow, "aber das soll sich ändern". Helfen möchten sofort auch die begeisterten Zuhörer: "Probiert es doch mal mit Crowdfunding", schlägt jemand auf dem Publikum vor, "ich bin sehr interessiert an diesem Projekt, also nehmt doch einfach mein Geld."

Eine Zuhörerin merkte allerdings an, die Sache mit dem Abwasch könnte in Anbetracht der vielen Elektronik im Deckel noch zum Problem werden. Wiasmitinow versprach, auch das in seine weiteren Überlegungen einfließen zu lassen.

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