Beleuchtungstipps für Hobbyfotografen Wie man Spiegel als Lichtquelle nutzt

Spiegel werden bei der Lichtsetzung nur selten verwendet. Dies ist auch gut verständlich, denn mit einem starren Spiegel lässt sich das Licht nicht formen, sondern nur umlenken. Zudem ist er schwer und leicht zerbrechlich. Auch als Bildelemente sind Spiegel für den Fotografen eine Herausforderung, denn die mögliche eigene Spiegelung ist ein unerwünschter Nebeneffekt. Wer aber grundsätzlich auf Spiegel verzichtet, dem entgeht ein originelles Stilmittel und eine große Herausforderung, an der man wachsen kann.
Spiegel als Bildelement
Das größte Problem bei spiegelnden Flächen im Hintergrund ist, als Fotograf nicht selber im Bild aufzutauchen. Mit etwas Planung und Kreativität lässt sich dies aber vermeiden. Wichtig ist, eine geeignete Location zu finden. Dies kann etwa - wie im Beispiel des Aufmacherbildes - die aus Spiegelkacheln zusammengesetzte Fassade eines Gebäudes sein.
Eine offene Blende erzeugt im Hintergrund eine angenehme Unschärfe und ein schräger Aufnahmewinkel verhindert die Spiegelung des Fotografen. Vor dem eigentlichen Shooting sollten einige Probeaufnahmen gemacht werden, um die Reflexion im Hintergrund genau zu beurteilen. Im Beispiel sind noch die Silhouette von einem Gebäude sowie die scharfe Kante eines Grünstreifens zu erahnen, der an einen Weg aus Beton grenzt. Die Verzerrung der leicht gewölbten Kacheln sorgt dabei für visuelle Abwechslung.
Vorsicht ist allerdings geboten, wenn die Oberflächen verunreinigt sind. Im öffentlichen Raum finden sich oft Fingerabdrücke oder Ablagerungen, die deutlich in den Aufnahmen zu erkennen sind. Wer den späteren Retuscheaufwand möglichst gering halten möchte, sollte daher seine Probeaufnahmen genau prüfen.

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Juli/August 2019
Docma-Shop Docma - Abo und Gratis-Ausgabe Docma - Magazin für Digitale BildbearbeitungAbwechslung ist programmiert
Im Vergleich zu Reflektoren erzeugt ein Spiegel normalerweise hartes Licht. In der prallen Mittagssonne im Sommer ist bei Porträtaufnahmen daher Vorsicht geboten, da das Model schnell geblendet werden kann. Eine Sonnenbrille schafft hier Milderung, kann aber auch unerwünschte Schatten im Gesicht der Person erzeugen.
Wer den richtigen Winkel trifft, wird dagegen mit einer vollflächigen, harten Ausleuchtung belohnt, die sich insbesondere in der Schwarzweiß-Fotografie gut einsetzen lässt. Auch bei Wolken leistet der Spiegel gute Dienste. Das diffuse Licht überträgt sich auf das Model und schafft so eine komplett andere Lichtcharakteristik. Probieren Sie es einfach einmal aus, und Sie werden von der Herausforderung viel lernen.
Ganzkörperspiegel

Kleiderschrankspiegel können eine günstige und interessante Abwechslung zu herkömmlichen Reflektoren darstellen. Der im Beispiel verwendete Spiegel stammt von einem ausgedienten Schrank und ist etwa 180 × 40 Zentimeter. Durch seine riesige Reflexionsfläche ist es möglich, einen Körper ganz auszuleuchten, ohne dabei weitere Hilfsmittel einsetzen zu müssen. Das Licht ist dabei mit einem starken Blitz ohne Lichtformer zu vergleichen.
Wichtig ist auch die genaue Positionierung des Models. Durch die geringe Lichtstreuung erzeugt der Spiegel einen harten Übergang zwischen Licht und Schatten. Bei Schwarzweiß-Aufnahmen kann dieser Effekt kreativ eingesetzt werden, in der Farbfotografie wirkt der Übergang aber eher störend. Hier ist Ausprobieren und gutes Posing angesagt. Wer einen Spiegel allerdings in der Mittagssonne einsetzen möchte, sollte dem Model als Accessoire eine Sonnenbrille spendieren, um eine Blendung zu vermeiden. Bei einer Entfernung von etwa drei Metern entsteht in der Brille ein punktueller Lichtreflex durch die Sonne.
Reflexion bei Sonnenlicht

Gerade die Mittagszeit ist eine große Herausforderung für Fotografen, denn die Sonne verursacht harte Schatten im Gesicht eines Models. Eine übliche Herangehensweise wäre beispielsweise, mit Abschattern das Sonnenlicht von oben abzumildern und mit Reflektoren weiches Licht ins Gesicht umzulenken. Einen anderen Look liefert hingegen die Verwendung eines einzigen Spiegels. Er sorgt für eine harte Ausleuchtung im Gesicht, die Schatten unter dem Kinn sowie im Bereich der Nase fast komplett verschwinden lässt.
Wichtig ist nur, den geeigneten Winkel zu finden, damit das Licht möglichst senkrecht auf das Model fällt. Nur so lassen sich unerwünschte Schatten, zum Beispiel an den Kanten der Sonnenbrille, vermeiden. Idealerweise sollte ein Assistent bei der Lichtsetzung helfen, damit sich der Fotograf voll und ganz auf das Motiv konzentrieren kann. Die Ausleuchtung mit einem Spiegel ist anspruchsvoll. Schon kleinste Veränderungen des Reflexionswinkels sorgen für unterschiedliche Schattenwürfe im Gesicht.
Spiegelfläche als Leuchtelement

Neben der direkten Reflexion des Sonnenlichts können Spiegel auch als Aufheller oder für Effektlichter genutzt werden. Im obigen Beispiel wird das Gesicht von rechts oben von der Sonne beschienen. Ein Spiegel links unten erzeugt dabei eine interessante Lichtkante auf der linken Gesichtshälfte, die auch gleichzeitig die Schattenpartien etwas aufhellt.
Durch den, wie oben beschriebenen, harten Übergang von Licht zu Schatten könnte die Lichtkante sogar noch exakter positioniert werden. Denkbar wäre es auch, gegen die Sonne zu fotografieren und zwei Spiegel von links und rechts wie ein Zangenlicht einzusetzen. Bei bewölktem Himmel hingegen ist es möglich, den Spiegel als normalen Reflektor zur Aufhellung der Schatten zu nutzen. Durch die Wolken wird auch die Reflexion des Spiegels diffus und ermöglicht so das Fotografieren ohne Sonnenbrille, da die Blendwirkung deutlich abnimmt.