Gestaltungstipps So gelingt die Fotobuch-Komposition

Ganz intuitiv erscheint Ihnen ein Foto als besonders gelungen? Dann schauen Sie es sich genau an. Möglicherweise haben Sie unbewusst die klassischen Regeln der Komposition angewandt, die es nun zu erfassen gilt.
Denn Sie können sich die Bildkomposition zunutze machen, um ein Fotobuch zu kreieren, das im wahrsten Sinne den Regeln der Kunst folgt.
Jedes Foto folgt - bewusst oder unbewusst aufgenommen - Prinzipien der Komposition, die im Laufe von Jahrhunderten in Architektur und Bildender Kunst erworben wurden. Genauer gesagt, handelt es sich um das Zusammensetzen von Gestaltungselementen wie Form, Farbe und Proportion zu einem Ganzen. Fläche, Begrenzung der Fläche, die als Linie gelesen wird, Segmente und Farben bestimmen gegenständliche wie abstrahierte Fotos in gleichem Maß. Das Ganze erscheint als gebündeltes Konglomerat von Einzelelementen, die fast wie Schauspieler ihre Rollen erfüllen.
Zu den klassischen Prinzipien der Komposition zählen der Goldene Schnitt, Symmetrie und Asymmetrie, Diagonalen, Reihung, Gegensatzpaare, Vielheit und Einheit, Zeichnerisches versus Malerisches, Fläche und Tiefe sowie geschlossene und offene Formen. Fotospezifisch kommen noch Schärfe und Unschärfe hinzu. Nehmen Sie sich die Zeit, um Ihre bevorzugten Fotos nach all diesen Kriterien zu untersuchen. Sie werden formale wie inhaltliche Gemeinsamkeiten feststellen, die für Ihr eigenes Werk bezeichnend sind. Alle Kriterien lassen sich auch auf das Layout im Fotobuch anwenden, wobei Seitenspiegel und Grundlinienraster durchgängig bleiben sollten. Fassen Sie einzelne Werkgruppen gegebenenfalls zu Kapiteln zusammen, um deren Einheit zu wahren.
Die Einhaltung von kompositorischen Regeln ist dennoch kein Garant für gute Fotos und Layouts. Manchmal werden Sie feststellen, dass gerade das bewusste Ignorieren von Regeln zu besonders kreativen Ergebnissen führt. Lassen Sie Unkonventionelles zu, wenn es den Fotos und Ihrem Fotobuch dient. Am Ende Ihrer Analysen steht die Wahl des geeigneten Fotobuch-Formats: Sie stellt zugleich den Beginn der Buchgestaltung im Quer- oder Hochformat dar.
Mal Symmetrie, mal kreatives Chaos - diese zwölf Gesetzmäßigkeiten der Gestaltung helfen bei der Wahl der passenden Fotobuch-Komposition.
Harmonie im Goldenen Schnitt

Schon seit der Antike findet das Ästhetische Prinzip des Goldenen Schnitts Anwendung in Architektur und Bildender Kunst. Das Seitenverhältnis von 1:1,618 beruht auf ausgewogenen Proportionen und erzeugt eine harmonische Bildwirkung. Dabei verhält sich die Strecke A zu B wie die Strecken A+B zu A. Im Beispiel wurde auf der Rückseite des Buches das Bild per Photoshop-Ebenenkomposition und "Auswahlrechteck-Werkzeug" mit einer Schablone überlagert, die das Prinzip verdeutlicht. Es lässt sich vom Foto auf das Layout übertragen - wie hier mit vertikalen und horizontalen Bild/Text-Positionierungen.
Spannung durch Platzierung

Mächten Sie mit der ersten Seite Ihres Fotobuchs Erwartungen schüren, dann gilt es, die kompositorische Spannung allein auf der rechten Einzelseite aufzubauen. Ein freigestelltes Motiv, das am rechten Seitenrand angeschnitten ist, setzt den Akzent zum Weiterblättern. Eingeleitet wird das Motiv durch den Titel, der sich auf Augenhöhe des Models befindet und die Leserichtung vorgibt. Platzieren Sie geeignete Fotos doch einmal fernab der zentralen Bildachse und setzen Sie den Kontrapunkt durch Layout und Text. Der Auftakt Ihres Fotobuchs kann so - anders als der oft etwas öde, sogenannte Schmutztitel - zum wahren Blickfang werden.
Ruhe durch Symmetrie

Klare, symmetrische Fotomotive erzeugen - Ähnlich dem Goldenen Schnitt - vielfach den Eindruck von Ausgewogenheit und Ruhe. Wenn Stimmung, Formen und Farben harmonieren, entsteht keineswegs Langeweile beim Betrachten. Das Bildbeispiel links zeigt eine symmetrische Reihung mit leichten Variationen wie etwa der Möwe auf dem Dach. Rechts beruht die Komposition auf einem doppelten Dreieck, das als gedachte Form das Schloss einfasst und durch die Skulpturen am Eingang wiederholt wird. Das Layout greift die Symmetrie der Bilder in Anordnung und horizontalen Bildachsen auf und betont sie durch den zentrierten Textsatz.
Dynamik durch Asymmetrie

Während in kunstgeschichtlichen Epochen wie Renaissance und Klassizismus zentrierte Kompositionen (Kreis, Dreieck oder Quadrat) vorherrschen, werden in der Formensprache des Barock die gegensätzlichen Kräfte mit dynamischen Diagonalen und Asymmetrien zum Ausdruck gebracht. Der Aufbau einer Fotografie gehorcht denselben Gesetzmäßigkeiten, um eine dynamische Bildwirkung zu erzeugen. Verstärken Sie die diagonale Bildkomposition durch eine asymmetrische Seitengestaltung des Layouts: Ein probates Mittel ist die Dreiviertel-Aufteilung der Doppelseite mit links- und rechtsbündigen Textzeilen.
Diagonalen erzeugen Bewegung

Wie dynamisch eine zentralperspektivische Fluchtung den Blick in die Bildtiefe ziehen kann, zeigt das Schwarzweißfoto rechts eindrucksvoll. Die starke Verjüngung der Diagonalen führt fast zu einem propellerartigen Sog-Effekt. Derartige Motive vertragen nur noch dezente Eingriffe in die Seitengestaltung. So ist das Foto gemäß dem Fluchtpunkt auf der Seite leicht nach rechts versetzt. Die Titelzeilen weisen als Anfangsbuchstaben Kapitälchen in doppelter Schriftgröße auf und begleiten durch ihre versetzte Anordnung die Bildachsen.
Rhythmus per All-over

Im Gegensatz zu einer hierarchischen Dreieckskomposition verzichten Fotomotive mit einer Vielheit von Objekten auf kompositorische Höhepunkte, erzeugen jedoch einen lebendigen Rhythmus im Bild. Als Jackson Pollock mit seinem Action-Painting ab 1946 seine All-over-Struktur entwickelte, erzeugte er "demokratische" Strukturen, die unabhängig von den Bildrändern jederzeit gleichmäßig fortzudenken sind. Derartige Fotos eignen sich perfekt, um sie über die Seitenränder hinaus (abfallend) anzulegen. Bei hinreichendem Farbkontrast von Textblöcken und -hintergrund können Sie nach Belieben Textakzente setzen.
Reihung im Rapport

Gut geeignet für Ihr Fotobuch sind Motive, die dem Prinzip der Reihung und der seriellen Anordnung folgen. Mit einem konzentrierten Bildausschnitt und der nahtlosen Fortführung solcher Motive entstehen rapportartige Spannungsbögen. Ziehen Sie die Fotos im Layout je nach Motiv horizontal oder vertikal bis über die Seitenränder hinaus. Texte können wie Nachrichtenticker den Durchfluss der Bilder begleiten. Beachten Sie dabei kompositorische Achsen wie die sogenannte "Gleichkopfhöhe" im linken Foto (sie wird schon in der antiken Vasenmalerei genutzt). Die gegenläufige Bewegungsrichtung der "Grid Girls" aus der Formel 1 schafft zusätzlich Spannung.
Wesentliches mit Details

Um die tragende Stimmung einer Situation oder eines Ortes in der Fotografie zu vermitteln, sollten Sie sich auf Wesentliches konzentrieren. Viel mehr noch als die Einstellung der Totale erzählen Detailaufnahmen vom Charakter des Motivs - wie eine mit Spinnweben umgarnte Laterne, ein paar Hände, persönliche Gegenstände oder die Makroaufnahme einer Pflanze. Drehen Sie den Spieß im Layout also um und zeigen Sie Kleines groß und Großes klein. Indem die Detailaufnahme als kompakte Einheit rechts präsentiert wird, steht sie der Vielheit von weiteren Aspekten in der Reihung links gegenüber.
Linear und zeichnerisch

Bei Fotos mit starken Kontrasten und feinen, linearen Elementen steht die Zeichnung im Vordergrund. Diesen Gegebenheiten sollte das gesamte Layout einer Doppelseite entsprechen. Der schwarze Seitenhintergrund mit weißer Schrift korrespondiert mit dem Kontrastumfang des Bildes. An der Position des Textes beginnt auch die Diagonale von links nach rechts. Nach drei Seiten hin abfallend wurde das Foto derart platziert, dass die wesentlichen Bildachsen außerhalb des Seitenfalzes liegen. Nicht zufällig entspricht die Anordnung des Bildes auf der Doppelseite wiederum den Proportionen des Goldenen Schnitts.
Malerisch inszeniert

Differenzierte Farbwerte und sanfte Tonwertübergänge lassen Fotos malerisch wirken. Harsche Kontraste und Linien im Layout würden den Eindruck des Motivs empfindlich stören. Ein dezenter Farbverlauf hingegen, der auf Farbwerten des Fotos beruht, und Text mit sanftem Schlagschatten werden dem Stil der Doppelseite viel mehr gerecht. Allerdings müssen Sie Photoshop bemühen, um die komplette Ebenenkomposition mit Verlauf, Text und Texteffekt in der gewünschten Größe anzulegen. Importieren Sie den gesamten Block dann als JPEG-Datei in den Fotobuch-Editor.
Bild-im-Bild verstärkt Effekte

Dieses Bildbeispiel beweist, dass Regeln manchmal dazu da sind, um bewusst gegen sie zu verstoßen. üblicherweise sollten Sie bei der Bild-im-Bild-Methode ein großflächig platziertes Foto wählen, das über ruhige Flächen wie etwa einem Himmel oder einer Wiese verfügt, um darauf kleinere Bilder anzuordnen, die genügend Farb- und Formkontraste aufweisen, um sich abzuheben. Beim Spiel mit den floralen Strukturen in diesem Beispiel ergeben sich jedoch ganz neue Farb- und Formbeziehungen, die den üppigen Eindruck verstärken. Die beiden integrierten Bilder reichen bis zum Seitenfalz und sind mit dünnen weißen Rahmen versehen.
Gegenüberstellung

Die klassische Gegenüberstellung von Motiven kann innerhalb eines einzelnen Fotos stattfinden oder sich auf kontrastierende Bilder einer Doppelseite beziehen. Entscheidend sind dabei Gegensatzpaare wie groß/klein oder hell/dunkel. In den hier gezeigten Fotoarbeiten sind die genannten Varianten vereint: Jedes Bild zeigt eine kombinierte Stadt/Land-Ansicht, wobei links der Tag mit den Bergmotiven im Vordergrund steht und rechts die Lichter der Stadt am Abend. Meist sind Gegenüberstellungen auf Doppelseiten so aussagekräftig, dass weiterer Layout-Ballast nur stören würde. Damit erfüllt sich Regel Nr.1: Geben Sie den Fotos gebührenden Raum im Fotobuch.