Verkaufsstopp Google begräbt seine Cyberbrille

Reporterin Barbara Ortutay mit einer Google Glass
Foto: Seth Wenig/ AP/dpaAm 15. März hat Google den Verkauf seiner Computerbrille Google Glass Enterprise Edition eingestellt . Damit endet die Geschichte einer herausragenden Technologie – während andere noch versuchen, sie für sich zu adaptieren.
Einem Eintrag im Support-Forum für das Profi-Gadget zufolge werden Geräte, die bereits bei Kunden im Einsatz sind, weiterhin funktionieren. Softwareupdates will der Internetkonzern aber nicht mehr bereitstellen, auch dann nicht, wenn neue Fehler entdeckt werden. Fehlerhafte Geräte werden demnach noch bis zum 15. September ausgetauscht, danach sind Nutzerinnen und Nutzer auf sich gestellt.
Dasselbe gilt auch für die App Meet on Glass, mit der man mit der Brille an Onlinemeetings via Google Meet teilnehmen kann. Auch dafür werde es nach dem 15. September keinen Support mehr geben, heißt es von Google. Zudem sei es möglich, dass die App nach diesem Datum aufhört zu funktionieren.
Viel Spaß, wenig Akku
Als Google die erste Version der Cyberbrille im Sommer 2012 präsentierte, waren die Hoffnungen groß. Die Datenbrille werde den Umgang mit Informationen revolutionieren, hieß es damals. Vorerst aber revolutionierte die Brille gar nichts, sondern löste lediglich einen Ankündigungsmarathon aus. Während Google-Mitgründer Sergey Brin sein Exemplar publikumswirksam immer auf der Nase hatte, konnten selbst Entwickler sich das Gadget erst viel später bestellen.
Unser Test im Jahr 2013 (mit Video) machte zwar großen Spaß, bot aber reichlich Anlass für Kritik an der Hardware: »Die Kamera liefert unterdurchschnittliche Qualität, die Akkulaufzeit – in unserem Test waren es zwei Stunden – ist nicht akzeptabel.«
Erst im Jahr 2014 versuchte sich das Unternehmen daran, die Google Glass zu verkaufen. Zunächst nur in kleiner Stückzahl. Man wollte abwarten, wie das Gerät in der Öffentlichkeit ankam. Für 1500 Dollar konnte man die Gadgets damals online bestellen. Datenschützer kritisierten die integrierte Minikamera, mit der Träger der Brille womöglich unbemerkt Aufnahmen hätten machen können. Eine US-Kinokette verbannte die Brille damals sogar aus ihren Kinosälen. Einige Monate später wurde der Verkauf eingestellt.
Google schwenkte nun komplett um und machte aus der Brille für jederfrau und -mann eine »Enterprise Edition« für Unternehmen. Diese Version wurde allerdings erst vier Jahre später fertig – und nun eingestellt.
Kein Ende in Sicht
Das Aus für Augmented-Reality-Brillen (AR), die Informationen in das Bild der realen Umwelt einblenden, ist damit allerdings nicht besiegelt. So hat die US-Armee vor zwei Jahren 120.000 Hololens-Datenbrillen bei Microsoft bestellt. Auftragswert: 22 Milliarden Dollar. Und auch für Google ist das Thema noch nicht abgeschlossen. Im vergangenen Jahr kündigte das Unternehmen an, den Prototyp eines neuen Modells öffentlich testen zu wollen.
Und dann sind da natürlich noch die Gerüchte um die Datenbrille, an der Apple angeblich arbeitet. Die waren zuletzt vor Apples Entwicklerkonferenz WWDC im vergangenen Jahr hochgeschwappt und seither nicht verebbt. Geht es nach den Gerüchteköchen, soll es in diesem Sommer nun aber wirklich, ganz bestimmt und so gut wie sicher so weit sein, dass der iPhone-Konzern sein sagenumwobenes Hightech-Gadget präsentiert.
Dass die nicht billig wird, lässt sich vermuten. Dass die Einführung eines solchen Produkts im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld, das von Inflation und hohen Energiepreisen geprägt ist, ein Wagnis wäre, allerdings auch.