Grafikkarten-Knappheit Warum PC-Spieler gerade keine Kryptowährungen mögen

Spiele-PC-Freunde haben ein Problem: Der Markt für Hochleistungs-Grafikkarten ist leer gefegt
Foto: imago images/Cavan ImagesPC-Spieleplattformen wie Steam erleben einen Nutzerboom. Überraschungshits wie »Valheim« und Blockbuster wie »Cyberpunk 2077« sorgen dafür, dass PCs bei einigen Videospielern Next-Gen-Konsolen wie der Playstation 5 und der Xbox Series X den Rang ablaufen. Wer sich einen leistungsfähigen Spiele-PC zusammenbauen will, hat allerdings seit Monaten ein Problem: Der Markt für Hochleistungs-Grafikkarten ist leer gefegt.
Topmodelle, die gern in Gaming-PCs verbaut werden, um auf dem Monitor hohe Auflösungen und hohe Bildraten anzuzeigen, sind bei fast allen Händlern vergriffen. Die unverbindlichen Preisempfehlungen der Hersteller wirken wie ein Witz. Die real verlangten Preise steigen seit Monaten. Für eine Nvidia RTX 3070 werden auf Ebay statt der empfohlenen 500 Euro mittlerweile mehr als 1000 Euro verlangt. Die AMD Radeon RX 6800 steht mit knapp 600 Euro auf der Preisliste des Herstellers, wird aber für mehr als 1200 Euro angeboten – und gekauft.
Für den Mangel gibt es mehrere Gründe. Einerseits hat die Corona-Pandemie in China zu Engpässen bei der Produktion der Grafikkarten geführt, andererseits leiden die Hersteller unter demselben Mangel an Mikrochips wie die Autoindustrie. Das größte Problem scheint jedoch die Goldgräberstimmung bei Kryptowährungen zu sein, für deren Berechnung viel Rechenleistung nötig ist. Rechenleistung, die moderne Grafikkarten reichlich bieten.
Grafikkarten statt Supercomputer
Denn grundsätzlich gilt, dass Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum mithilfe komplizierter mathematischer Berechnungen erzeugt werden, dem sogenannten Schürfen. Wer sich mit Rechenleistung an diesem Prozess beteiligt, kann mit Anteilen an den virtuellen Währungen entlohnt werden. Mit einem normalen PC ist man dafür heutzutage aber zu schwach ausgestattet.
Lange habe man Superrechner verwendet, um beispielsweise Bitcoin zu schürfen, wie man das Berechnen von Digitalwährungen auch nennt, sagt IT-Experte Arndt Bode im Gespräch mit dem SPIEGEL. »Inzwischen geht das wegen der hohen Rechenleistung der Grafikchips besser mit Grafikkarten, wie sie auch in Heimrechnern vorhanden sind«, sagt der ehemalige Informatikprofessor der TU München.
PC-Spieler vs. Krypto-Schürfer
Da es beim Schürfen darum geht, viele Daten gleichzeitig in Tabellen einzutragen, seien Grafikkarten ideal für die Berechnung von Digitalwährungen, sagt Bode. »Grafikkarten eignen sich aufgrund der hohen Parallelität viel besser als Hauptprozessoren.« Allerdings richte man mit einer einzigen Grafikkarte nicht viel aus, weswegen es sogenannte Schürfer-Pools gebe, in denen viele Grafikkarten gemeinsam betrieben werden. »Das sorgt für eine hohe Nachfrage auf dem Markt.«
Die Folge ist ein extrem angespanntes Verhältnis zwischen Herstellern und Spielern. Das bekam am Dienstag der Grafikkarten-Anbieter Zotac zu spüren, der mit einem Tweet die angestaute Wut vieler PC-Spieler auf sich zog. Zotac hatte darin mehrere Grafikkarten abgebildet und mit »hungrig nach Münzen« beschriftet – und damit offensiv das Schürfen von Kryptowährungen mithilfe von Grafikkarten beworben. Nachdem daraufhin heftige Kritik von Spielern aufbrandete, löschte das Unternehmen den Beitrag. Auf eine Anfrage des SPIEGEL hat Zotac nicht geantwortet.
Softwarebremse soll Schürfen verhindern
Der auf Grafikchips spezialisierte Hersteller Nvidia will die Spieler nun mit Schutzmaßnahmen für neue Modellen besänftigen. Man habe die Grafikkarten der Geforce-Serie für Spieler entwickelt, teilte das Unternehmen am Donnerstag in einem Blogbeitrag mit. Anwender, die diese Karten stattdessen zum Schürfen der Kryptowährung Ethereum verwenden, will man mit einem Softwareupdate ausbremsen.
Diese Software soll erkennen, wenn eine Grafikkarte zum Schürfen verwendet wird und deren Leistung für dafür typische Berechnungen um die Hälfte reduzieren. So sollen die Karten für Krypto-Schürfer unattraktiv werden. Ob diese Softwarebremse die Marktsituation tatsächlich entspannen kann, ist jedoch fraglich, denn sie funktioniert nur bei Geforce-Karten vom Typ RTX 3060, die kommende Woche auf den Markt kommen sollen. Alle anderen Geforce-Karten, die derzeit auf dem Markt sind, lassen sich damit nicht aufhalten.
Laut Arndt Bode handelt Nvidia mit dieser Maßnahme richtig. »Für die Hersteller sind Spieler die wichtigere Kundschaft, die dauerhaft Umsätze bringt.« Kryptowährungen zu schürfen sei hingegen ein Trend, der »vermutlich nicht ewig andauert«, weil die Kosten dafür immer höher steigen, die Arbeit irgendwann nicht mehr lukrativ sein wird.
Vorläufig aber will Nvidia die Krypto-Schürfer nicht als Kunden verlieren und plant eine Reihe sogenannter »Cryptocurrency-Mining-Prozessoren« (CMP). Die sollen sich ausschließlich für die beim Krypto-Schürfen wichtigen Hashwert-Berechnungen eignen und sich laut Hersteller deshalb »nicht auf die Verfügbarkeit von Geforce-Grafikkarten für Spieler auswirken«. Unter anderem soll bei diesen CMP-Karten die Spitzenspannung gesenkt werden, um beim Schürfen Energie zu sparen. Zudem werden sie keinen Anschluss für einen Bildschirm haben.
Die angespannte Situation auf dem Grafikkarten-Markt dürfte allerdings noch eine Weile anhalten. In einem Interview sagte die AMD-Chefin Lisa Su im Januar, dass die Knappheit noch bis mindestens Mitte des Jahres anhalten wird.