HDR-Fotografie Flau statt bunt


Bildkritiken auf Fokussiert.com Bei der fokussiert.com-Bildkritik werden Fotos besprochen, die von Hobbyfotografen eingeschickt wurden. Die Besprechungen liefern Tipps und Tricks zu Technik, Komposition und Nachbearbeitung.
Sie wollen, dass Ihr Foto besprochen wird? Dann reichen Sie es hier ein.
Matthias Czepl aus Achern schreibt zu diesem Bild:
Vor unserem letzten Urlaub hatte ich mich in der Theorie mit der High Dynamic Range (HDR) in der Fotografie beschäftigt. Als ich dann mit meinem Sohn in Agde (Südfrankreich) auf diese Kunstinstallation stieß, wollte ich diese Methode ausprobieren. Die sehr dunkle Gasse mit den strahlendem Sonnenschein wurde mit 1/8, 1/60 und 1/250 bei Blende 16 belichtet (vom Stativ) und dann mittels Lightroom zusammengesetzt und bearbeitet. Wie ich persönlich finde, hat die HDR-Methode hier gute Dienste geleistet. Was meinen Sie?
Die "fokussiert"-Bildkritik:
In dieser Farbfotografie sehen wir eine enge Gasse mit Kopfsteinpflaster, links und rechts recken sich die Hausfassaden hoch. Darüber öffnet sich nicht der Himmel, sondern bunte Regenschirme. Im Bildzentrum befindet sich eine Kreuzung, wo etwas bessere Lichtverhältnisse als im recht düsteren Vordergrund herrschen.
Es lohnt sich, den Umgang mit neuen Techniken behutsam und an Motiven zu üben, die man einschätzen und mit herkömmlichen Vorgehensweisen vergleichen kann. Insofern finde ich den Ansatz, es hier mit einer HDR-Aufnahme zu versuchen, lobenswert.
Das Prinzip der HDR-Fotografie: Zwei oder mehrere Fotos mit verschiedenen Zeit- oder Blendenwerten aufnehmen und sie so ineinander rechnen, dass alle Bildteile richtig belichtet sind. So werden Schatten und sehr helle Stellen angeglichen, damit sie in einem Bild mit Detailzeichnung dargestellt werden können, auch wenn das der hohe Kontrastumfang eigentlich im Tageslicht gar nicht zuließe.
Allerdings sollte man sich immer auch überlegen, ob man die neue Technik benötigt. In diesem Bild gibt es nur eine einzige Stelle mit einem Kontrastunterschied zum Hauptteil des Bildes, die möglicherweise in einer Belichtung nicht Platz gehabt hätte, und das ist das sehr helle Stück Hausfassade ganz im Bildzentrum.
Wenn dieser helle Bereich nicht das Zentrum der Komposition sein muss - und man kann durchaus argumentieren, dass er das aber sein soll und das Bild davon lebt - hätte man mit einem Schritt nach rechts dafür gesorgt, dass eine längere Belichtungszeit und eine offenere Blende das Bild durchgehend ausreichend belichtet hätten.
Es gibt deshalb hier kaum Anlass, die doch recht komplexe Technik der HDR-Fotografie anzuwenden. Sie haben diese zwar sehr sorgsam angewandt, ohne die sonst so häufig sichtbaren Farbsäume zu generieren. Aber dafür haben Sie offenbar für die heller belichteten Fotos vor allem mit der Empfindlichkeit statt mit Zeit oder Blende gearbeitet. Dadurch sind im Bild sehr deutlich die Grenzen von einer zur anderen Fotografie in den Bereichen zu erkennen, wo das Bildrauschen sehr hoch ist.

In Fällen wie diesem ist aber der Kontrastumfang des Sensors bei Weitem gut genug, um ein Bild ohne Über- und Unterbelichtung aufzunehmen - in einer Aufnahme. Es gibt ein paar Kniffe und Bedingungen, wie es gelingt.
- Erstens sollte man die Bilder in der Kamera im RAW-Format speichern und nicht als JPG. Denn JPG ist auf 256 Helligkeitsstufen beschränkt. Das heißt, dass die Kamera zwar sehr viel feinere Abstufungen erfassen kann, aber für die Abspeicherung im Bild wird der Kontrastumfang zusammengedrückt.
- Zweitens sollte man die Bilder eher so belichten, dass im Histogramm jedenfalls Überbelichtungen ausgeschlossen werden können. Das heißt, die Glocke der Helligkeitswerte sollte eher ein bisschen auf die Seite der Unterbelichtung rutschen. Und dazu muss man natürlich die Bilder im Kamera-Monitor mit Histogramm anschauen und die Einstellungen der Kamera (Blende, Zeit, ISO) manuell optimieren.
- Drittens lohnt es sich, ein Stativ dabei zu haben, damit man in Sachen Belichtungszeit vollkommen frei ist und zum Beispiel auch Menschen im Bild durch Bewegungsunschärfe von Fremdkörpern zu Stimmungsträgern machen kann.
- Jetzt kann man in der Nachbearbeitung die zu dunklen Bereiche individuell mit dem Nachbelichten hervorholen. Und das gelingt besser als der umgekehrte Vorgang, weil durch die bewusste Unterbelichtung Bildrauschen vermieden worden ist.
Ich habe die Aufnahme in der unteren Region der Gasse nachbelichtet, und zwar ganz einfach in Lightroom mit dem Pinsel-Werkzeug und den Schiebereglern für die maskierten Teile.

Das Resultat ist nicht einwandfrei. Es zeigt aber, dass hier ganz ohne die HDR-Technik leicht ein ausgeglichen belichtetes Bild hätte entstehen können. Das gelingt, indem man auf die Nachbearbeitung des RAW-Negativs setzt, statt vor Ort auf eine sehr viel aufwendigerer Technik und einer ebenso komplexen Nachbearbeitung des Zusammensetzens der Bilder.
