
Inspirograph: Mal so richtig abdrehen
Sie sollten schon mal Ihren Kollegen einen schönen Feierabend wünschen, wenn Sie jetzt weiterlesen. Die digitale Replika des klassischen Spirograph-Spielzeugs, die der Programmierer und Musiker Nathan Friend als Programmierübung ins Netz gestellt hat, ist ein fantastischer Zeitverschwender.
Inspirograph hat Nathan Friend dieses Online-Spielzeug getauft, weil es inspirieren soll: Über 12.000 Spiralographien stehen derzeit schon in einer Online-Galerie , eine hypnotisierender als die andere. Viele sind enorm komplex - vielleicht Zeugnisse vergeudeter Mittagspausen.
Das sollte freilich niemanden überraschen. Der Suchtfaktor dieser Zeichenmethode hat sich bewährt. "Op-Art für alle" titelte schon 1967 der SPIEGEL , als plötzlich "bundesdeutsche Spielzeugläden jene Fisher-Erfindung [führten], die in England, Frankreich und Amerika zum Millionengeschäft wurde: den Spirograph."
Dessen Prinzip war so einfach wie brillant: Zwei ineinander greifende Zahnräder mit Bohrlöchern zum Buntstift-Reinstecken. Kombiniert man die verschieden großen Teile und verschiedene Stifte, entstehen überraschend komplexe Muster aus bunten Epizykloiden, eben Op-Art.
Der Erfolg dieses Zeichenwerkzeugs ist schnell erklärt: Noch hypnotisierender als die Ergebnisse ist der Prozess, der sie hervorbringt. Das gilt auch für die Web-Version. Zwar gab es in der Vergangenheit schon Versuche das Spirograph-Prinzip online zu bringen, aber erst Nathan Friend gelang es, den haptischen Reiz des Originals irgendwie in die Browserwelt zu übersetzen.
Es ist tatsächlich schwer erklärbar, aber wer mit dem Mauszeiger in eines der Löcher hineinklickt und dann mit erst langsamen und dann immer wilderen Kreisbewegungen das Browserfenster versudelt, wird es verstehen.
Aber wie gesagt: Beenden Sie erst alle wichtigen Arbeiten, machen Sie den Herd aus oder sagen Sie den Kollegen tschüss, bevor sie damit anfangen. Nathan Friends Spiralograph hat es in sich: 21 feste und 17 rotierende Sägeblätter!
Übrigens: Der britische Spiralograph-Erfinder Denys Fisher betrachtet laut SPIEGEL das Ausknobeln neuen Spielzeugs zugleich als eine Art Wiedergutmachung für seine martialische Vergangenheit als Waffenfabrikant. "Fünf Millionen Spirographen", so entschuldigte sich Fisher damals, "könnten vielleicht vergessen lassen, dass ich früher fünf Millionen Granatzünder gemacht habe."