
Ipad-Konkurrent WeTab Viel versprochen, viele Fragen offen
Am Anfang wurde es noch als potentieller iPad-Killer bezeichnet, das WeTab. Inzwischen lesen sich die Berichte weit verhaltener. Von etlichen Macken ist in Blogs die Rede, von unfertiger Software und von Kinderkrankheiten der Technik. Aber: Haben die Kritiker recht? Ist da WeTab wirklich ein Rohrkrepierer?
Fakt ist: Wirklich testen konnte das WeTab noch niemand. Bisher haben nicht einmal die deutschen Entwickler fertige Seriengeräte zu sehen bekommen, denn die sind offenbar noch auf dem Weg von China hierher. Alle sogenannten Tests basieren auf Vorseriengeräten, mit denen die WeTab GmbH derzeit durch die Lande zieht, sie Journalisten und Bloggern vorführt.
Diese Vorseriengeräte aber seien noch weit von dem entfernt was den Käufern ab dem 21. September angeboten werden wird, erklärt Tore Meyer im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Er ist der Chef der 4tiitoo AG, die das WeTab entwickelt hat und 50 Prozent der Anteile an der WeTab GmbH hält. Das gilt sowohl für die Hardware, die allerdings nur noch Millimeter vom Endprodukt entfernt ist, als auch für die Software, die darauf läuft. Auf jedem der diversen WeTabs, die er durch die Republik schleppt, ist eine andere Version der WeTab-Software, ein anderes Betriebssystem installiert. So funktioniert auf dem einen Gerät das Videoabspielen in HD wunderbar, während sich ein anderes standhaft weigert, Filme auf das volle Format des Bildschirms zu vergrößern.
Nur ein klein wenig Meego
Um das Betriebssystem des WeTab ranken sich Gerüchte, es wurde viel gemutmaßt und einiges falsch verstanden. Richtig ist, dass das WeTab einen Linux-Unterbau hat und schon immer hatte. Das PR-Desaster mit dem Windows, das sich unter einem scheinbaren WeTab OS zeigte, wäre sicher vermeidbar gewesen, hätte man mit der ersten öffentlichen Vorführung des Geräts seinerzeit noch ein paar Tage gewartet, bis tatsächlich Linux auf der Intel-Hardware installiert war.
Jetzt aber basiert das WeTab auf dem Meego-Linux das Intel und Nokia gemeinsam entwickeln. Zuvor hat man ein Ubuntu-Linux als Grundlage genutzt, sagt Meyer, sich dann aber für Meego entschieden, das einige Vorteile biete. Unter anderem, weil es bereits Touchscreen-Software enthält, was die Anpassung für das WeTab erheblich erleichtert hat. Ein komplettes Meego aber liegt nicht auf dem WeTab. Nur den Kernel und ein paar andere Softwarebestandteile habe man benutzt, erklärt der 4tiitoo-Chef.
Das Dicke-Daumen-OS
Darüber liegt das was als WeTab OS bezeichnet wird, was im Grunde genommen irreführend ist. Denn ein OS, ein Betriebssystem, ist das WeTab OS nicht. Stattdessen ist es eine Benutzeroberfläche, die den Linux-Unterbau per Fingersteuerung leicht bedienbar machen soll. Dabei stehen zwei Eigenheiten hervor. Zunächst, dass der Desktop in der Mitte von einem unsichtbaren Raster unterlegt ist, auf dem sich Apps, aber beispielsweise auch Lesezechen ablegen lasen. Links und rechts davon befinden sich Bedienleisten mit großen Symbolen, die man mit den Daumen antippen soll.
Das ist ungewohnt, könnte aber nach ein wenig Eingewöhnung gut funktionieren. Vor allem aber zwingt es den Anwender, das WeTab auf die einzig mögliche Weise, nämlich beidhändig, zu bedienen. Dass muss so sein, weil das WeTab je nach Modell bis zu 850 Gramm wiegt. Etwas mehr also als ein iPad, gut doppelt so viel wie Samsungs Galaxy Tab und fast viermal so viel wie Dells Streak. Da es zudem fast DIN-A4-Maße aufweist sollte man von Versuchen absehen, es in irgendwelchen Hemd- oder Jackentaschen verstauen zu wollen.
Man konnte deutlich erkennen, dass offenbar noch hektisch an der Fertigstellung beispielsweise des WeTab-Market gearbeitet wird. Während unseres Kurztests wurde aus dem zuvor noch vollkommen leeren Marktplatz ein zumindest mit Dummy-Einträgen befülltes Reservoir. Einige tausend Apps sollen dort zum Start bereitstehen. Die Hoffnung, man könne sich auch aus dem Android Marketplace bedienen, wird allerdings nicht erfüllt. Das WeTab erfüllt Googles Anforderungen für Marketplace-taugliche Geräte nicht. Installieren und ausführen lassen sich Android-Apps über Umwege trotzdem. Sie würden in einer virtuellen Maschine, einem per Software nachgebildeten Handy sozusagen, ausgeführt, sagt Meyer.
Das Problem des Multitasking
Wie sehr solche Kunstgriffe den Prozessor des Tablets auslasten werden und wie stark die Akkulaufzeit dadurch eingeschränkt wird, gehört zu jenen Dingen, die sich erst an Seriengeräten erproben lassen werden. Besonders lang wird der Akku jedenfalls nicht durchhalten. Bis zu sechs Stunden stellt der Hersteller in Aussicht. Ein Wert, der sich noch deutlich verringern könnte, wenn man das echte Multitasking des WeTab ausnutzt. Filme und Flash-Animationen laufen nämlich munter im Hintergrund weiter, auch wenn man sie nicht mehr sieht. Anwendern kann nur geraten werden, im Task Manager nicht mehr benötigte aber aktive Programme regelmäßig auszumisten.
Interessant war dabei allerdings zu beobachten, dass der Lüfter des WeTab selbst unter solcher Mehrfachbelastung nicht hörbar wurde. Ob sein warmer Atem sich im Dauerbetrieb störend auswirkt, konnte in der Kürze der Zeit nicht geklärt werden. Das gilt für die Frage, ob die Benutzeroberfläche durchgängig gut bedienbar ist.
Bei unserem Kurztest mit den Vorserienmodellen kam es erwartungsgemäß zu verschiedenen Ausfällen, es gab Funktionen die nicht funktionierten. Manches hakelte und wackelte noch an der Benutzeroberfläche, deren Multitouch-Fähigkeiten bei den Testgeräten zudem noch nicht freigeschaltet waren. Doch von diesen Einschränkungen werde bei den Seriengeräten nichts mehr zu spüren sein, verspricht Tore Meyer. Da bleibt nur: Warten auf den Container aus China.