Landschaftsbilder Komponieren bis zur Perfektion


Bildkritiken auf Fokussiert.com Bei der fokussiert.com-Bildkritik werden Fotos besprochen, die von Hobbyfotografen eingeschickt wurden. Die Besprechungen liefern Tipps und Tricks zu Technik, Komposition und Nachbearbeitung.
Sie wollen, dass Ihr Foto besprochen wird? Dann reichen Sie es hier ein.
Kommentar des Fotografen David Stein: Dieses Bild habe ich bei meinem aktuellen Trip durch die USA aufgenommen. Zu sehen ist der Grand Teton im gleichnamigen Nationalpark, der sich im Jenny Lake reflektiert. Die Teton Kette läuft ziemlich genau von Norden nach Süden, weshalb mir klar war, dass ich morgens sehr schönes Licht auf den Bergen haben sollte, wenn das Wetter mitspielt. Das Bild ist aus drei Aufnahmen zusammengesetzt, die mit Lightroom zusammengefügt wurden. Dabei ging es mir vor allem darum, dass ich die Zeichnung in den Bäumen im Vordergrund im Bild haben konnte, aber auch den vergleichsweise sehr hellen Himmel. Die restliche, wenn auch tatsächlich recht spärliche Bearbeitung erfolgte in Photoshop (Kontrast, Sättigung und Schärfe).
Die "fokussiert"-Bildkritik:
Landschaftsfotografie bietet einen großen Vorteil gegenüber allem, was an fotografischen Genres mit Menschen und Tieren zu tun hat: Landschaften bewegen sich selten. Umso mehr kann es dafür der Fotograf oder die Fotografin tun und einen perfekten Bildausschnitt wählen.
Diese Farbfotografie eines Sees mit schneebedecktem Gebirge ist offensichtlich am frühen Morgen entstanden. Die Berggipfel auf der anderen Seeseite leuchten in rosa Alpenglühen. Ihr Spiegelbild ungefähr im oberen Drittel der Aufnahme liegenden Seespiegel bringt die Farben noch mehr zur Geltung. Den linken Bildrand säumt eine kleine, in der Komposition angeschnittene Tanne, eine weitere ist ungefähr im Drittel vom rechten Bildrand entfernt zu sehen. Im Vordergrund erkennen wir noch Teile des kiesbedeckten Ufers und in der linken unteren Ecke die Bestandteile eines massiven Rundholz-Weidezauns.

Drittelseinteilung der Komposition
Foto: David SteinBergseen wie der Jackson Lake hier im Teton Nationalpark in Wyoming, südlich des Yellowstone Nationalparks laden zum Spiegelbild-Landschaftsfoto ein, weil sie eine imposante Kulisse hinter dem Wasser bieten und sich zugleich darin spiegeln. Der Fotograf hat sich für konservative technische Einstellungen entschieden: 17mm Weitwinkel ist ein gangbarer Weg für Landschaftsfotografie und mit einem Stativ schafft man sich die Freiheit, bei geringer ISO-Zahl mit langen Zeiten zu fotografieren oder gleich, wie hier geschehen, ein HDR aus mehreren Fotos aufzubauen. Wobei ich mich frage, ob das bei einer Kamera wie der Canon EOS 5D Mark III überhaupt nötig gewesen wäre und man nicht einfach in Lightroom mit einem Anheben der Tiefen einen ähnlichen Effekt hätte erzielen können. Jedenfalls ist zu begrüßen, dass das HDR sehr zurückhaltend entwickelt wurde.
Mit dem Kommentar beweist der Fotograf, dass er nicht kopflos drauflos geknipst, sondern die Aufnahme geplant und den frühen Morgen gewählt hat, um dieses Licht der im Rücken aufgehenden Sonne einzufangen. Solche Planspiele können sich in der Landschaft durchaus lohnen, wenn es um Lichteinfall, Mondaufgang oder Wolken/Gewitter im Bild geht.
Auch den Standort hat der Fotograf mit einem gewissen Bedacht gewählt: Die Tannen im Vordergrund sind ein wichtiges gestalterisches Element, das viele Landschaftsfotografie-Anfänger auslassen, weil sie möglichst viel der spektakulären Ferne abbilden wollen - und damit auf die Tiefe verzichten, die so ein Bild unbedingt mitbringen muss, damit es nicht flach wirkt.
Mein "Aber" kommt mit dem Zaun und dem Uferstreifen im Vordergrund und einmal mehr wundere ich mich über einen scheinbaren Mangel an Sorgfalt in einer ansonsten doch recht aufwendig erstellen Fotografie.

Das Bild im Beschnitt, der den Zaun eliminiert - besser wäre eine andere Kamerastandortwahl
Foto: David Stein/ fokussiert.comDer Zaun stört mich hier sehr, und das ungeachtet der Frage, ob man in Landschaftsfotografien von Menschen geschaffene Strukturen abbilden will, oder ob man als absoluter Purist nur natürliche Objekte im Bild hat. Auf jeden Fall hätte entweder mehr oder nichts von dem Zaun im Bild sein müssen. Für eine entsprechende Anpassung scheint ausreichend Zeit und Raum gewesen zu sein.
Wenn es wirklich keinen anderen Standort mit ähnlichen Tannen im Vordergrund gegeben hat, hätte man das Bild auch beschneiden können, um die unattraktive Uferzone und den Zaun loszuwerden. Bei der Gelegenheit hätte man auch gleich die angeschnittene Tanne links besser inszenieren oder weglassen und die kleine Tanne rechts ganz ins Bild rücken können. Der wurde hier nämlich auch noch die Spitze abgeschnitten.

Das Bild mit weiterer Aufhellung, einem Beschnitt und dem Versuch, die ins Bild ragenden Bäumchen am Ufer weg zu klonen
Foto: David Stein/ fokussiert.comWeil Landschaften wie erwähnt nicht davonrennen, lohnt es sich doppelt, bei der Aufnahme wählerisch zu sein und die Komposition so lange anzupassen, bis sie perfekt erscheint. Denn inzwischen sind wir alle so fotografisch geschult, dass wir bei einer Street- oder Event-Aufnahme gerne eine kleine Unschärfe oder Ähnliches übersehen, aber in einer Landschaftsaufnahme ebenso technische wie kompositorische Perfektion erwarten.

Staubflecke im Bild
Foto: David SteinDazu noch eine Anmerkung: In der aufgehellten Version sind mir im Himmel Staubflecke aufgefallen. Diese werden natürlich nur in den hellen Teilen des Bildes sichtbar. Trotzdem lohnt es sich, das Bild auch auf der Suche nach andern kleinen Fehlern in Lightroom in zweifacher Vergrößerung oder noch mehr regelrecht "abzuscannen". Ich habe das zu einem typischen Schritt relativ spät in meinem Bearbeitungsprozess gemacht.