Als LG das G5 vorstellte, war es das Gesprächsthema Nummer eins auf der Handymesse Mobile World Congress (MWC) in Barcelona. Zum ersten Mal kündigte ein großer Hersteller ein Smartphone an, das zumindest ein Stück weit modular aufgebaut ist. Über den sogenannten Magic Slot soll es sich um neue Funktionen erweitern lassen, ganz wie man mag. So jedenfalls das Versprechen auf der Messe. Jetzt kommt das G5 in den Handel und ich hatte gut eine Woche Zeit, das Handy im Alltag zu testen.
Zunächst bekam ich allerdings nur eine Sparversion. Die beiden bisher angekündigten Zusatzmodule Cam Plus und Hifi Plus sind noch nicht lieferbar. Sobald sie bei mir eintreffen, liefere ich einen entsprechenden Test nach. Bis dahin beschäftige ich mich mit dem Handy selbst.
Dabei fällt zuerst auf, dass LG auch beim Design manches anders macht als die Konkurrenz. So wird der Rückendeckel von einem Metallstreifen eingerahmt, der sich spürbar scharf anfühlt, wenn man mit dem Finger darüber streicht. Der ansonsten plane Bildschirm ist zur Oberkante hin leicht gebogen und um die beiden Kameras auf der Rückseite - ja, es sind zwei - erhebt sich eine sanfte Wulst aus dem Gehäuse (siehe Fotostrecke).
Die Wülste um Kameras und Fingerabdrucksensor
Foto: SPIEGEL ONLINE
Das Gehäuse des G5 ist schon von einigen Testern kritisiert worden. Laut dem Hersteller besteht es aus Metall. Doch dann tauchte ein Video auf, in dem YouTuber Jerry Rig Everything mit einem Teppichmesser eine beträchtliche Schicht Farbe und eine graue Masse von einem G5 abkratzt. Die Vermutung lag nahe: Eigentlich hat das Handy eine Kunststoffhülle, unter der nur eine dünne Schicht Metall steckt.
LG reagierte schnell, erklärte, was es mit der grauen Masse auf sich hat. Das Gehäuse sei aus der neuen Aluminiumlegierung LM201 hergestellt, die im Druckgussverfahren geformt wird. Ein Vorteil davon sei, dass die Antennen direkt in das Metallteil eingelassen werden können. In einem späteren Arbeitsschritt werde dann eine Grundierung aufgebracht - die graue Masse. Diese werde schließlich mit einer mit Metallpartikeln vermischten Farbe lackiert.
Ausreichende Ausdauer
Unter seinem Materialgemisch hat LG hochwertige Hardware verbaut. Den Quadcore-Prozessor verwendet Samsung auch in der US-Version des Galaxy S7, 4 GB Arbeitsspeicher sind großzügig bemessen. Das 5,3 Zoll große Display ist sehr scharf, kann sehr hell leuchten, büßt aber von der Seite betrachtet etwas Helligkeit ein.
Apps zur Leistungsmessung attestieren dem G5 eine Performance, die in etwa gleichauf mit Samsungs Galaxy S7 liegt. Das reicht nicht nur für alle aktuellen Apps und Spiele, sondern dürfte auch für die Updates der nächsten paar Jahre genug Spielraum bieten.
Der Akku des LG G5
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Die Akkuleistung wird davon nicht beeinträchtigt. Das G5 ist kein Ausdauertalent, ihm geht aber auch nicht zu früh die Puste aus. Im Test spielte es ein Full-HD-Video fast acht Stunden lang in einer Endlosschleife ab, bevor es sich selbst abschaltete. Das mitgelieferte USB-3.0-Schnelladegerät sorgte dann dafür, dass der Stromspeicher erfreulich flink wieder aufgeladen wurde.
Alternativ lässt sich der Akku auch einfach gegen ein aufgeladenes Exemplar austauschen (siehe Fotostrecke). Laut LG wird ein solcher Austauschakku rund 30 Euro kosten.
Knick in der Optik
Auch das Kamerasystem des G5 ist bemerkenswert. In diesem Fall muss man tatsächlich von einem System sprechen, da neben der 8-Megapixel-Frontkamera zwei weitere Kameras im Rücken des Geräts stecken. Eine davon ist ein 16-Megapixel-Modell mit 78 Grad Blickwinkelbreite, quasi der Standard bei Handys.
Die andere hat nur 8 Megapixel, dafür aber ein Weitwinkelobjektiv, das 135 Grad abdeckt. Der Unterschied ist auf unseren Testbildern deutlich sichtbar: Das Weitwinkelobjektiv deckt natürlich einen viel größeren Bereich ab. In der Kamera-App schaltet man zwischen den beiden Modi um.
Grundsätzlich ist diese Option gut, denn die Weitwinkelkamera erweitert die fotografischen Möglichkeiten drastisch. Landschaften lassen sich in epischer Breite aufnehmen, auf Gruppenfotos passen mehr Menschen. Unser Testfoto zeigt aber auch, wie stark die Linsen solche Bilder an den Rändern verzerren.
Weitwinkel-Testfoto
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Fazit
So richtig begeistern kann mich das G5 nicht. Es hat zwar einen schnellen Prozessor und einen hellen Bildschirm, bietet ansonsten aber eher Mittelmaß. Die zusätzliche Weitwinkelkamera ist ein nettes Gimmick, fotografische Höhenflüge ermöglicht sie nicht. Abzuwarten bleibt noch, ob die "Friends" genannten Zusatzmodule das Versprechen vom modular aufgebauten Smartphone einlösen können.
Anmerkung der Redaktion: Nach Veröffentlichung dieses Artikels hat LG uns den Preis für einen Austauschakku mitgeteilt. Wir haben die entsprechende Angabe im Text nachgetragen
19 BilderSmartphone mit Modulschacht: Das LG G5 im Test
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Das G5 ist das neue Top-Modell im Angebot des koreanischen Herstellers LG. Auf vielerlei Weise pflegt das Unternehmen hier seinen Ruf, manches anders zu machen als die Konkurrenz.
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Die Rückseite rief bereits Kritiker auf den Plan. Weil man die Beschichtung leicht abkratzen kann, wurde vermutet, dass es sich - entgegen LGs Angaben - um Plastik handelt.
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Praktischer Doppelsteckplatz: In die seitliche Schublade passt neben einer Nano-Sim auch eine Speicherkarte. Unser 200-GB-Testexemplar funktionierte problemlos.
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Das muss besser werden: Am Übergang zwischen Modulschacht und Chassis stimmen die Ränder nicht überein.
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Unten am Gehäuse ist der Knopf angebracht, mit dem sich der Modulschacht entriegeln lässt. Ein bisschen fummelig ist das schon.
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Ab Werk steckt im Modulschacht nur der Akku, der auf diese Weise leicht austauschbar ist.
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Mit einem kräftigen Griff lässt sich der Akku von der Unterschale trennen und durch einen anderen ersetzen.
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Der Akkutausch ist freilich nur eine von vielen Möglichkeiten, den Modulschacht zu nutzen. Zum Zeitpunkt unseres Tests gab es allerdings nur diese, andere Module waren noch nicht verfügbar.
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Eine weitere Besonderheit des G5 ist seine Doppelkamera. Eine der beiden Kameras hat 16 Megapixel und ein Standardobjektiv, die andere hat 8 Megapixel und ein Weitwinkelobjektiv.
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Die folgenden Bilder illustrieren den Unterschied der beiden Hauptkameras sehr deutlich. Diese Aufnahme haben wir mit der Standardlinse gemacht.
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Diese entstand mit dem Weitwinkelobjektiv. Sehr deutlich zeigt sich, wie viel mehr Landschaft man auf diese Weise erfassen kann. Ebenso erkennbar ist aber auch, wie stark die Linsen an den Rändern verzerren.
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Der Zustand des uns gelieferten Headsets war hoffentlich ein Einzelfall: Der Stecker und ein Ohrhörer waren leicht angeschmort.
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Ein Vorteil des G5 ist, dass es mit einer modernen USB-Buchse ausgestattet ist, die schnelle Datenübertragungen und Ladevorgänge unterstützt.
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Unterhalb der Doppelkamera ist der kreisrunde Fingerabdrucksensor angebracht. Anders als bei Vorgängermodellen ist er hier aber nicht mit einer Lautstärkewippe kombiniert.
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Auch bei der Software hat LG einige Besonderheiten eingebaut - so etwa die Smart Settings, die das Handy je nach Aufenthaltsort in unterschiedliche Modi umschalten können.
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Der eingebaute Klingeltongenerator des G5 ist durchaus amüsant. Auf Wunsch erzeugt er für jede anrufende Telefonnummer einen individuellen Klingelton.
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Als Smart Doctor bezeichnet LG eine Funktion, die mittlerweile viele Hersteller anbieten: Auf Wunsch löscht die Software beispielsweise unnötige Dateien und beendet inaktive Apps.
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Genau wie die Konkurrenz liefert auch LG eine Fitness-App mit, die hier LG Health heißt.
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Die Funktionen der Fitness-App bieten auch viele andere Programme. Hier hat man die Software aber gleich ab Werk installiert.