
Lumia 800 im Test Das neue Nokia schmeichelt der Hand
Der erste Eindruck überrascht: Fühlt sich richtig gut an, das neue Nokia-Smartphone Lumia 800 - das erste der Finnen, das mit Microsofts Betriebssystem Windows Phone 7 bestückt ist. Und außerdem Nokias neues Vorzeigehandy, mit dem der Konzern zeigen will, dass man ihn noch lange nicht verloren geben sollte. Aber das Handy ist aus Plastik. Und Plastik wirkt oft billig.
Das Lumia 800 zum Glück nicht. So ist es auch zu erklären, dass Nokia-Mitarbeiter lieber von Polycarbonat sprechen und nicht von Plastik. Denn das aus einem Block Kunststoff gefräste Gehäuse fühlt sich sehr angenehm an - und stabil. Gar nicht wie die Plastikdinger manch anderer Hersteller, deren hochglänzende Rücken sich unter Druck verformen und knackende Geräusche von sich geben.
Der Kunststoff-Körper hat gegenüber einem aus Metall sogar viele Vorteile: Er ist billiger und mit geringerem Energieeinsatz herzustellen als einer aus Aluminium. Die Antennen darunter fangen Signale besser auf als solche, die erst einen Metallmantel durchdringen müssen. Und man kann Kunststoff komplett durchfärben. Kratzer sollten darauf weniger deutlich auffallen als auf einem lackierten Korpus.
Edel-Display
Was dafür umso mehr auffällt, ist das Display. Auf ungewöhnliche Weise ist ihm ein leicht gewölbtes Schutzglas aufgesetzt worden, das mit dem darunter liegenden Kunststoffkörper zu verschmelzen scheint, was elegant und zugleich robust aussieht. Das Manko, dass er eine relativ geringe Auflösung von 800 x 480 Pixeln hat, gleicht er mit großartiger Bildqualität aus.
Das in Amoled-Technik gebaute Display beeindruckt durch ein extrem tiefes Schwarz und im starken Kontrast dazu kräftig leuchtenden Farben. Und selbst, wenn man das Handy sehr schräg von der Seite ansieht, bleiben die Farben unverändert. Die meisten anderen Bildschirme zeigen bei solcher Betrachtungsweise kräftige Verfärbungen.
Handwerklich, das steht außer Zweifel, ist das Lumia 800 erstklassig verarbeitet, sehr reduziert und deshalb besonders gelungen gestaltet. Ein Hingucker, der genau das erfüllt, was man von einem Nokia-Highend-Handy erwartet.
Streaming? Geht gerade nicht
Wenn man das Gerät einschaltet, sieht die Sache aber anders aus. Statt im etwas altbackenen, aber gewohnten Nokia-Icon-Wald findet man sich in Microsofts Aktiv-Bildschirm wieder. Das Testgerät wimmelte auf seinem Startbildschirm nur so von Kacheln, die sich unablässig veränderten, ihre Farben wechselten und andere Inhalte darstellten. Einige Perlen sind darunter: beispielsweise eine App der Fluglinie British Airways, die im Wechsel mit der Nummer des nächsten gebuchten Fluges auch gleich den QR-Code der Bordkarte für den Check-In-Scanner anzeigte.
Eine Möglichkeit, das von Nokia gepriesene Mix Radio zu testen, gab es leider nicht. Mix Radio gehört zu jedem Lumia-Smartphone und lässt User ohne Anmeldung kostenlos Musik nach ihrem Geschmack hören. Das heißt nicht, dass man sich einzelne Songs oder Alben aussuchen kann. Vielmehr hat Nokia für Dutzende oder Hunderte Geschmäcker Playlisten zusammengestellt, die jeweils 50 Songs enthalten und dem Hörer auf Wunsch via Streaming vorgespielt werden.
Software ohne Überraschungen
Genau das war auch das Problem beim Test: Ausgerechnet auf der Nokia-Hausmesse Nokia World waren Mobilfunknetz und W-Lan permanent überlastet, ließen kein Streaming zu. Theoretisch hätte man vorher vier Playlisten komplett zum Offline-Hören auf das Handy laden können, aber daran hatte niemand gedacht. Wie gut Mix Radio wirklich ist, muss also ein späterer Versuch zeigen.
Das gilt auch für die integrierten Navigationsfunktionen. Anschauen konnte man die in London schon. Ausprobieren aber nicht. Die wenigen Testgeräte der Nokia-Mitarbeiter sollten das Gebäude wohl nicht verlassen.
Überraschungen barg die Windows-Phone-7-Software des Testgeräts ansonsten keine. Es war dieselbe, die mit allen aktuellen Windows-Smartphones ausgeliefert wird. Nichts daran ließ an Nokia denken, nicht einmal ein Nokia-Symbol war zu sehen.
Zu beanstanden gab es zunächst nichts: Der 1,4, GHz schnelle Qualcomm-Prozessor bewältigt augenscheinlich alle Aufgaben, die ihm Microsofts Software aufbürdet. Interessant wird es, in einem intensiveren Test zu prüfen, wie schnell die Kamera ist, wie gut das Handy mit Videos und verschiedenen Online-Datenquellen klarkommt - und wie gut es sich im Alltag gegenüber Android und Apple bewährt.
Ein solcher Test folgt selbstverständlich, sobald die ersten Lumia-Handys verfügbar sind. Lange kann das nicht mehr dauern. Die Produktion in Finnland läuft bereits auf Hochtouren, die Markteinführung ist für Mitte November geplant.