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MacBook Air: Die Computerflunder aus Kalifornien

Foto: Matthias Kremp

MacBook Air Das taugt Apples Rechenbrett

Es scheint, als würde Apple es sich leicht machen: Nur wenig mehr als ein Kilo wiegt das neue MacBook Air, sieht auf dem Datenblatt wie ein untermotorisierter Mittelklasse-Mobilrechner aus. Doch Zahlen sind nicht alles, wie unser Alltagstest beweist, der manche Überraschung ergab.

Zugegeben: Meine Skepsis war groß, als Steve Jobs am 20. Oktober das neue MacBook Air vorstellte. Wieder superschlank (an der dünnsten Stelle 0,3 Zentimeter) und superleicht (1,06 bis 1,32 Kilogramm) soll es sein. Statt Festplatten wird jetzt generell Flash-Speicher, wie im iPod, eingebaut, was den Preis in die Höhe treibt. Vor allem aber verwendet Apple dieselben gemütlichen Prozessoren wie zuvor, teilweise sogar noch deutlich langsamere Modelle - kann das gut gehen? Schließlich konnte mich die Leistung der MacBook Air der ersten Generation nicht überzeugen. Und Flash-Speicher ist zwar robust und schnell, aber leider auch sehr teuer.

Das bekommt man beim MacBook Air mit voller Wucht zu spüren. Beim 13,3-Zoll-MacBook-Air zahlt man 300 Euro Aufpreis, will man anstelle der 128-GB-Flash-Festplatte des Standardmodells einen doppelt so großen Massenspeicher integriert haben. Für dasselbe Geld könnte man auch drei Ein-Terabyte-Festplatten im Notebookformat kaufen, aber das wäre nicht dasselbe.

Das jedenfalls hat Steve Jobs erklärt, als er das Gerät samt seiner Innereien vorstellte. Für eine herkömmliche Festplatte wäre im Air einfach kein Platz, denn der wird weitgehend für die Akkus gebraucht. Die Elektronik muss komplett in einen wenigen Zentimeter breiten Bereich vor dem Bildschirmscharnier passen. Da kann Flash-Speicher seine Vorteile als platzsparender Massenspeicher ausspielen. Meine Skepsis konnten diese pragmatischen Ingenieursargumente jedoch nicht beseitigen.

Eine Aufpreisliste wie ein Mercedes

Umso erstaunter bin ich nach einigen Tagen mit dem MacBook Air im Dauereinsatz. Zunächst einmal zu seinen offensichtlichen Nachteilen, die auch mich geärgert haben. Das betrifft vor allem die Ausstattung mit Anschlüssen. Zweimal USB, einmal Mini-Displayport, einmal Kopfhörer und Apples magnetische Netzteilbuchse Magsafe - das war es dann auch schon.

Beim 13-Zoll-Modell gibt es außerdem einen SD-Kartenleser, der seinem kleineren Gegenstück fehlt. So oder so: Viel ist das nicht. Am Schreibtisch brauche ich auf jeden Fall ein bis zwei USB-Hubs, um meine Peripheriegeräte anschließen zu können. Vor allem aber nervt mich der fehlende Firewire-Anschluss, der für Camcorder und Audio-Interfaces gebraucht wird. Dass Apple den eSATA-Standard für Festplatten nicht unterstützt, ist ja nichts neues.

Ärgerlich aber vor allem ist, dass man für jedes Extra auch extra zur Kasse gebeten wird. Ich brauche mindestens noch den Mini-Displayport-auf-DVI-Adapter (29 Euro) und das externe DVD-Laufwerk (79 Euro), am besten auch noch den Adapter für VGA-Bildschirme (29 Euro). Den USB-zu-Ethernet-Adapter (29 Euro) spare ich mir, weil der nicht mal Gigabit-Ethernet beherrscht. Da ist ein schnelles W-Lan fixer, wenn ich große Datenmengen übertragen muss.

Wieso geht das so schnell?

Mehr gibt es dann aber tatsächlich nicht zu meckern, wie ich erstaunt feststelle. Vor allem die Rechenleistung des neuen MacBook Air überrascht. Das haben auch die Experten der amerikanischen Fachzeitschrift "Macworld" festgestellt, als sie ein MacBook Air mit ihren Benchmarks malträtierten. Die Ergebnisse dieser Tests sind bemerkenswert. Selbst das kleine MacBook Air ist deutlich schneller als das bisherige Modell. Die 13-Zoll-Variante mit 1,86 Gigahertz allerdings lässt sogar das aktuelle MacBook Pro mit 2,4 GHz hinter sich.

Der Erklärungsversuch: Das ältere Modell hatte unter Last Hitzeprobleme, sein Prozessor wurde gebremst, wenn es zu heiß herging - auch bei Benchmarks. Diese Probleme scheint das neue Modell nicht mehr zu haben. Vor allem aber dürfte der Flash-Speicher die wundersame Beschleunigung vorantreiben, denn Flash ist viel schneller als herkömmliche Festplatten.

Das bekomme ich schon beim Einschalten zu spüren. Zehn, höchstens 15 Sekunden braucht das Air, um betriebsbereit zu werden. Ein zum Vergleich daneben gestartetes MacBook war noch damit beschäftigt, seine Festplatte hochzudrehen, als das Air bereits die ersten E-Mails abholte.

Zeit für Alltägliches

Weil ich außerdem fremden Benchmarks nur begrenzt traue, habe ich einige eigene Versuche gestartet und beispielsweise dem Cinebench der 3-D-Software Cinema 4D auf dem Air laufen lassen. Dessen niederschmetterndes Ergebnis: Das superflache Notebook ist eine lahme Krücke, zumindest bei prozessorlastigen Anwendungen. Zum Vergleich installiere ich das professionelle Audioprogramm Logic Pro und lade eine Komposition mit 40 Audio- und Midi-Spuren. Mein fünf Jahre alter Doppelprozessor-Rechner zu Hause geht dabei schon ordentlich in die Knie, vor allem die Festplatte ächzt. Das MacBook Air dagegen spielt den Song dagegen vollkommen mühelos ab, zeigt kaum Festplattenaktivität und hat nebenbei locker noch genug Leistung, um sich im Hintergrund um E-Mails und Chats zu kümmern.

Alltägliche Aufgaben wie das Schreiben von Texten und Mails unterfordern das MacBook auf noch angenehmere Weise, denn dabei bleibt es angenehm kühl. Setzt man es unter Stress, wird der Aluminiumkorpus warm, aber nicht heiß, der Lüfter ist nicht hörbar. Gut - und erstaunlich satt - sind dagegen die Stereolautsprecher zu hören, die unsichtbar unter der Tastatur ihr Werk verrichten. Die Tastatur selbst ist für Vielschreiber wie mich gemacht. Ich vermisse nur die Tastaturbeleuchtung der Pro-MacBooks.

Aber die hätte der Akkuleistung wohl den Schnitt versaut. Apple gibt fünf bis sieben Stunden Laufzeit mit einer Ladung an, doch das dürfte wohl nur bei sehr genügsamer Nutzung funktionieren. Meine Versuche, mit dem Air ohne Steckdose zu arbeiten waren in der Regel nach knapp unter fünf Stunden beendet. Dreht man die Bildschirmhelligkeit etwas herunter und diszipliniert sich, unbenutzte Programme zu schließen, sind da sicher noch ein paar Extraminuten herauszuholen.

Vielleicht zu leicht

Was mich zu meinem persönlichen Highlight des neuen MacBook Air bringt, den Bildschirm. 1440 x 900 Bildpunkte zeigt das LED-Display an, genauso viel wie die meisten 15-Zoll-Notebooks. Genau das ist mein persönliches Killerargument für das Air. Warum sollte man sich ein teures 15-Zoll-Notebook (bei Apple ab 1749 Euro zu haben) kaufen, wenn man einen Mobilrechner mit nur wenig geringerer Leistung, gleicher Auflösung dafür aber nur halb so viel Gewicht etliche Hunderter billiger bekommen kann?

Ein Argument dafür könnten die zusätzlichen Anschlüsse sein. Vor allem einen davon, der bei Notebooks längst Standard ist, habe ich beim MacBook Air schmerzlich vermisst: Den winzigen Anschluss für Kensington-Schlösser, mit denen man seinen Computer diebstahlsicher an den Schreibtisch binden kann. Schließlich ist das MacBook Air nicht nur leichter als die meisten anderen Notebooks, es ist auch viel leichter zu klauen.

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