
Makrofotografie: Extreme Wildlife-Makros
Makrofotografie Schau mir in die Facettenaugen
Von frühester Kindheit an galt Alexander Metts Interesse Insekten aller Art; Spinnen konnte er jedoch nicht leiden. Im Lauf der Jahre entwickelte er eine regelrechte Arachnophobie. Seine Aversion gegen die langbeinigen Kleinsttiere brachte ihn sogar dazu, Wohnungen in höher gelegenen Stockwerken den Vorzug zu geben.
2011, nach einem Umzug ins Voralpenland, entdeckte der gebürtige Hesse die Reize der Landschaftsfotografie für sich. Auf seinen Streifzügen durch die Natur weckten immer wieder Insekten seine Aufmerksamkeit, doch konnte er sie mit seiner damaligen Fotoausrüstung nicht so aufnehmen, wie er es sich gewünscht hätte.
Nach der Anschaffung eines Umkehrrings, mit dem er aus einem Flohmarkt-Objektiv ein stark vergrößerndes Makro gemacht hatte, entschloss er sich, nicht nur die Insektenwelt fotografisch zu erforschen, sondern auf diesem Weg auch seinen Ekel vor Spinnentieren zu bekämpfen.
Aus der Aversion wurde mit der Zeit eine Obsession. "Ich finde Haus- und Kreuzspinnen zwar immer noch schrecklich, wenn sie mir auf der Hand herumkrabbeln", bekennt er, "aber solange eine Kamera zwischen uns ist, kann ich mich für ihre Ästhetik und ihre Vielfalt begeistern."
Springspinnen ohne die - von vielen Menschen als widerwärtig empfundenen - langen dürren Beine hat er inzwischen regelrecht ins Herz geschlossen. "Seit ich sie als Fotomodelle entdeckt habe, erschlage ich auch keine Hausspinne mehr, die sich in meine Wohnung verirrt hat."
Objektive für Makros
Was braucht man an Technik, um solche Aufnahmen wie die von Alexander Mett zu machen? Ein Makro mit einem Abbildungsmaßstab von 1:1 ist eine gute Grundlage, kostet aber meist gleich ein paar Hundert Euro. "Meine ersten Experimente habe ich mit einem rund 15 Euro teuren Retroadapter gemacht", erinnert sich Mett.
Das ist ein Umkehrring, mit dem man das Objektiv verkehrt herum an die Kamera schraubt. Anschließend kann man in dieser Stellung zwar keine "normalen" Fotos mehr machen, dafür vergrößert die Linse aber nun kleine Objekte. "Geht man von einem APS-C-Sensor aus, der bei einer Canon Kamera eine Fläche von 22,5 mal 15 Millimetern hat, lassen sich nun auch solche Objekte formatfüllend fotografieren, die kleiner als der Sensor sind. Entscheidend für den Vergrößerungsfaktor ist die Brennweite: Ein 24-Millimeter-Objektiv vergrößert das Motiv etwa mit dem Faktor 2,5:1, ein 35-Millimeter-Objektiv dagegen nur 1,5:1-fach. Beim Vergrößerungsfaktor 2,5 wird ein Objekt mit den Kantenlängen neun mal sechs Millimeter formatfüllend abgebildet."

Makrofotografie: Extreme Wildlife-Makros
Wer den Vergrößerungsfaktor steigern möchte, kann das mit Hilfsmitteln auch bei normalen Objektiven oder Makros. Zur Wahl stehen zwischen Kamera und Objektiv geschraubte Balgenauszüge, Zwischenringe und/oder vor das Objektiv gesetzte Nahlinsen. "Für die Wildlife-Makrofotografie liegt die Grenze der Handhabbarkeit ungefähr bei 4:1", warnt Alexander Mett. "Mit 2:1 bekommt man zum Beispiel zwei Springerspinnen formatfüllend ins Bild, bei 4:1 ist es nur noch der Kopf einer blutsaugenden Bremse."
Er selbst arbeitet bevorzugt mit zwei Objektiven und Zwischenringen an seiner Sony Alpha 77: einem 2:1 vergrößernden Laowa 60 Millimeter f/2.8 und einem 1:1 vergrößernden Sigma 105 Millimeter f/2.8.
"Bilder, die mit Retroadapter aufgenommen wurden, muss man im Hinblick auf Farben und Kontraste in Photoshop stärker nachbearbeiten", sagt Mett. "Die Lichtstärke eines Objektivs zeigt sich bei dieser Art der Fotografie als ebenso nebensächlich wie die Autofokusfunktion. Wegen der geringen Schärfentiefe, die sich aus dem Aufnahmeabstand und der Objektgröße ergibt, ist die Öffnung der Blende auf f/6.3 das Äußerste der Gefühle."
Die meisten Bilder mache er mit Blende f/11 oder f/13, erzählt Mett. "Beim APS-C-Format muss man ab Blende f/16 mit Beugungsunschärfen rechnen. Weil man die Blende heute nur noch bei sehr wenigen Objektiven manuell einstellen kann, sind alte, komplett manuelle Linsen beim Einsatz von Retroadaptern für mich erste Wahl."

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Für einen eigenen Look seiner Bilder sorgt Mett auch durch eine spezielle Blitz-Vorsatz-Konstruktion Marke Eigenbau. Um von den Beleuchtungsverhältnissen in der Natur unabhängig zu sein, empfiehlt er den Einsatz eines Blitzgeräts. Der Blitz gewährleistet die nötigen Detailkontraste. Er verdrängt störend starkes Sonnenlicht genauso, wie er allzu trübe Schattensituationen ausleuchtet.
Damit der Blitzreflex auch attraktive Spitzlichter in den Insektenaugen erzeugt, hat Mett sich einen runden Vorsatz aus einem Softboxadapter, einem Eimerboden und einer diffusen Plexiglasplatte gebaut, der eine passgenaue Aussparung im unteren Teil für das Objektiv hat.
Die Welt der Insekten-Profis
Wenn man sich nach den ersten Versuchen in solch einer Spezialdisziplin wie der Insektenfotografie weiterentwickeln möchte, bietet selbst das Internet nur eine relativ bescheidene Auswahl an Anlaufplätzen. Digitale Orte wie www.makro-treff.de helfen nur beim Einstig ins Thema. Alexander Mett hat schnell erkannt, dass er sich seine Vorbilder am ehesten auf internationalen Plattformen suchen musste, und fand eine relativ große Community im asiatischen Raum.
Im Lauf der Zeit hat er sich von der allgemeinen Insektenfotografie auf Beute- und Paarungsszenen spezialisiert. In den sozialen Medien folgen ihm inzwischen rund 4000 Fans. Trotz dieser - nach heutigen Maßstäben von sozialer Reichweite - relativ schlechten Voraussetzungen, gelingt es Mett inzwischen, einen erheblichen Anteil seines Einkommens als professioneller Wildlife-Makrofotograf zu verdienen. Sein Produktportfolio umfasst heute neben Kalendern, Puzzles und Workshops demnächst auch ein Buch.
Viel spannender ist für ihn allerdings seine gerade gestaltete T-Shirt-Kollektion mit grafischen Bearbeitungen seiner Spinnen-Motive. Die will er an Insekten-Liebhaber in der ganzen Welt verkaufen.
Aufnahmetechnik
Die trotz geschlossener Blende immer noch geringe Schärfentiefe ist auch der Grund, warum Alexander Mett eine spezielle Serienaufnahmetechnik einsetzt, um nachträglich die nötige Schärfe ins Bild zu bringen. Viele Makrofotografen nutzten hierfür die Kombination von einem Stativ und einem Balgengerät. Das ist nicht nur aufwendig, sondern auch so schwerfällig, dass man viele Motivsituationen während des Technikaufbaus schlicht verpasst. Also im Grunde nicht die beste Option für die Arbeit in freier Wildbahn.

Fotograf Alexander Mett
Foto: Alexander MettMett hat sich daher angewöhnt, nur freihand und ganz ohne Stativ zu arbeiten. "Dabei stütze ich beide Hände auf und bewege die Kamera während der Fotos etwa einen Zentimeter vor und zurück, ohne die Schärfeeinstellung am Objektiv zu verändern", verrät er.
"Je nach Vergrößerungsfaktor, Zeit und Situation erhalte ich dabei fünf bis fünfzig Aufnahmen des Motivs mit unterschiedlichen Schärfepunkten, die ich später in Photoshop mit der Focus-Stacking-Technik zusammenführe."
Die richtige Zeit
Die "Saison" für Insektenfotografen dauert von April bis in den Oktober. Wer früh am Morgen auf die Pirsch geht, findet oftmals statische, taubedeckte Motive auf Wiesen, in Wäldern und auf Feldern: Vor zehn Uhr morgens schlafen die Tiere oft und sind noch nicht aus ihrer Kälte- beziehungsweise Ruhestarre erwacht.
Die Mittagszeit eignet sich für "Action"-Aufnahmen, wie Paarungsszenen und Beutezüge. Am Nachmittag sinkt die Aktivität vieler Arten wieder.
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