
Hololens 2 ausprobiert: Das ist Microsofts neue Computerbrille
Microsoft HoloLens 2 ausprobiert Sehen Sie den Kolibri auf meiner Hand?
"Wir waren in der Lage, den Preis von 5000 auf 3500 Dollar zu senken" sagt Microsoft-Manager Craig Cincotta zufrieden. Die Aussage ist Teil der Antwort auf meine Frage, was denn alles an der neuen Mixed-Reality-Brille HoloLens 2 verbessert worden sei, die Microsoft am Sonntagabend in Barcelona der Öffentlichkeit präsentiert hat.
Natürlich ist dieser Satz nur ein Auszug aus seiner Antwort, aber er verdeutlicht gleichermaßen, wie sehr der Konzern seine Computerbrille in den vergangenen drei Jahren verbessert hat und warum sie trotzdem immer noch ein Produkt ausschließlich für Firmen ist: Für normale Anwender ist der Preis viel zu hoch, Office-Apps oder gar interessante Spiele gibt es dafür ohnehin nicht.
Die HoloLens ist ein Business-Produkt. Hunderte Firmen setzen sie schon jetzt ein, etwa im Medizinbereich oder bei der Wartung von komplizierten Maschinen. Einem Mechaniker kann damit zum Beispiel das Wartungshandbuch für einen Motor ins Sichtfeld eingeblendet werden, während er beide Hände frei hat, um zu arbeiten.

Hololens 2 ausprobiert: Das ist Microsofts neue Computerbrille
Richtig überzeugen konnte mich die Technik allerdings nicht, als ich sie vor zwei Jahren bei Microsoft in Seattle ausprobierte. Die Brille war schwer an meinen Kopf anzupassen, hatte vorne deutliches Überwicht, schien die Halsmuskulatur zu belasten. Vor allem aber waren die virtuellen Bilder, die das Gerät in mein Sichtfeld einblendete, viel zu klein und hatten einen deutlichen blauen Farbstich. Mein Fazit lautete damals, dass die HoloLens bisher noch mehr ein Versprechen als eine Erfüllung sei.
Doch meine Kritikpunkte von damals habe man mittlerweile beseitigt, sagt mir Cincotta. "Was die Hololens 2 bequemer macht, ist nicht das geringere Gewicht. Klar ist sie leichter geworden. Aber viel wichtiger ist, dass wir den Schwerpunkt verschoben haben."

In der Hologramm-Werkstatt: Und plötzlich war der Boden weg
Als ich wenig später eine HoloLens 2 aufsetze, merke ich sofort, dass er nicht übertrieben hat. Löste das erste Modell mit seiner Kopflastigkeit noch eine unvermittelte Gegenbewegung bei mir aus, fühlt sich das neue fast neutral an. Es ist, als hätte ich mir bloß einen leichten Helm aufgesetzt. Ich kann mir vorstellen, stundenlang mit der Datenbrille auf dem Kopf herumzulaufen, so leicht wirkt sie.
Mehr als zwei, bestenfalls drei Stunden, würde das aber keinen Sinn ergeben, denn länger halten die Akkus nicht durch. Die begrenzte Laufzeit ist ein Resultat der Bauweise: Wie das erste Modell verbindet sich die HoloLens 2 per WLAN mit dem Netzwerk. So ist man unabhängig von lästigen Strippen, dafür aber abhängig vom Ladegerät.
Für den Einsatz unterwegs oder auf sehr großen Firmengeländen ist die WLAN-Technik ohnehin nicht nutzbar. Die Entwicklung einer Version mit LTE- oder gar 5G-Modul mag Cincotta nicht bestätigen, er schließt sie aber auch nicht aus.

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Die in Microsofts Pressekonferenz am Sonntag versprochene Verbesserung der Bildqualität habe man erreicht, indem man sowohl das optische System, also Linsen und Prismen, als auch die elektronische Grafiksteuerung verbessert habe.
Was das in der Praxis bedeutet, sehe ich, als ich die HoloLens auf meinem Kopf einschalte: Vor meinen Augen erscheint ein fast raumfüllendes blaues Rechteck, das benutzt wird, um die Brille für mein Sichtfeld zu kalibrieren. Schwierig ist das nicht, ich muss bloß mit den Augen einem kleinen Punkt folgen, der in den Ecken und an den Kanten des Rechtecks erscheint. Nach ein paar Sekunden bin ich fertig.
Abstand halten
Was dann passiert, haut mich um: Wo ich eben noch eine leere Tischplatte sah, sehe ich plötzlich das nahezu fotorealistische Modell eines Windparks. Mit der Hand kann ich das etwa schuhkartongroße Modell anheben, drehen, an anderer Stelle wieder absetzen, größer und kleiner machen. "Du hast gerade zum ersten Mal ein Hologramm angefasst", kommentiert ein Microsoft-Manager meinen bescheidenen Erfolg.
Ich bin begeistert. Die mickrige Grafik der ersten HoloLens erinnerte mich noch eher an alte Kleincomputer, es war so, als schaue man durch ein kleines Fenster in die virtuelle Welt. Die Bilder der HoloLens 2 aber stehen deutlich vor mir im Raum. Man darf nur nicht zu nah an die virtuellen Objekte herangehen. Dann zerfällt die Täuschung, weil man nur noch Teile der Objekte sehen kann. Ein wenig Abstand hilft.
Und dann kam der Kolibri
Die Steuerung mit Fingergesten ist schnell erlernt. Nach ein paar Minuten rotiere ich mühelos eine dreidimensional vor mir schwebende Pumpe, lasse bunte Kristalle durch den Raum schweben und einen virtuellen Kolibri auf meiner Hand landen. Am meisten aber beeindruckt mich die Augensteuerung. Als ich einen Text vor mir im Raum erscheinen lasse, kann ich durch Blicke nach oben und unten scrollen. Wie schnell ich scrolle, kontrolliere ich, indem ich weiter oder weniger weit nach unten schaue. Das System ist total intuitiv.
Für mich ist es vorläufig trotzdem nichts. 3500 Dollar sind viel Geld und Apps müsste ich für die HoloLens 2 auch noch selber programmieren. Klar könne er sich vorstellen, dass es ähnliche Brillen in Zukunft auch für normale Endanwender geben wird, sagt der Microsoft-Manager. Bis es soweit ist, müsse man die Technik aber verfeinern - und billiger produzieren können.
Auf einen konkreten Zeitraum, wie lange das dauern wird, legt er sich nicht fest. Ein paar Jahre werden es wohl sein, wenn nicht gar Jahrzehnte. Ein bloßes Versprechen ist die HoloLens in ihrer zweiten Version aber nicht mehr. Eher ein guter Anfang.