Apple- und Android-Konkurrenz Microsoft bietet Windows 8 zum Kampfpreis

Dieser Schuss muss sitzen. Mit Präsentationen in aller Welt hat Microsoft seinen neuen Hoffnungsträger für den Handel freigegeben: Windows 8. Das Betriebssystem für die Touchscreen-Ära bricht nicht nur mit alten Prinzipien bei Optik und Bedienung, der Konzern ändert auch seine Preispolitik - drastisch.
Apple- und Android-Konkurrenz: Microsoft bietet Windows 8 zum Kampfpreis

Apple- und Android-Konkurrenz: Microsoft bietet Windows 8 zum Kampfpreis

Foto: TIMOTHY A. CLARY/ AFP

Dieses Angebot wird viele überzeugen: Zur Einführung bietet Microsoft das neue Windows 8 in der voll ausgestatteten Pro-Version zum Kampfpreis von 29,99 Euro an. Das kündigt der Konzern im Rahmen einer Veranstaltung in Berlin an. Der Konzern hat die Presse in eine alte Fabrikhalle eingeladen, in der auf einer Leinwand eine Live-Übertragung vom Windows-8-Launch in New York gezeigt wurde.

Zum Vergleich: Ein aktuelles Windows 7 Professional kostet im Onlinehandel rund 125 Euro. Das Angebot ist bis zum 31. Januar 2013 befristet. Wer lieber eine DVD mit der Software haben möchte, kann im Handel auch die bekommen, zahlt aber das Doppelte, nämlich 59,99 Euro. Anwender, die nach dem 2. Juni 2012 einen Windows-7-PC gekauft haben, bekommen das Update für 14,95 Euro. Nach Ablauf dieser Frist werden die Listenpreise kräftig angehoben. Windows 8 soll dann 120 Euro, Windows 8 Pro 280 Euro kosten.

Ganz klar, mit diesen Angeboten will Microsoft Masse machen, möglichst schnell möglichst viele Anwender zum Umstieg bewegen. Die niedrigen Einführungspreise dürften die Hemmschwelle, sich auf das neue, ungewohnte System einzulassen, deutlich senken. Wie erfolgreich man ein Betriebssystem zu solchen Preisen verbreiten kann, hat Apple vorgemacht, dessen jüngstes OS X 10.8 für 16 Euro verkauft wird und binnen weniger Monate millionenfach installiert wurde.

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Windows 8: Microsoft stellt sein neues Betriebssystem vor

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Begleitet wird die Einführung des neuen Betriebssystems von einer Marketing-Kampagne im Umfang von schätzungsweise einer Milliarde Dollar - ein weiterer Hinweis darauf, wie wichtig Windows 8 für die Zukunft des Konzerns ist. Firmenchef Steve Ballmer muss punkten, schließlich wurde er während seiner fast 13 Jahre als Vorstandschef ständig von Apple und Google ausgestochen. Während seiner Zeit an der Spitze von Microsoft verlor das Unternehmen fast die Hälfte seines Wertes, mehr als 200 Milliarden Dollar Aktienvermögen gingen verloren.

"Endlich sind wir angekommen"

Von Erfolg der neuen Software gibt sich Firmenchef Ballmer in New York überzeugt und jubelt über die mitgelieferten Programme: "Für sich genommen sind sie bemerkenswert, gemeinsam magisch." Auch die Hardware-Branche freut sich über den Launch, den Microsofts Deutschland-Chef Christian P. Illek in Berlin mit den Worten kommentiert: "Endlich, endlich sind wir angekommen."

Noch mehr versprach Ballmer für kommenden Montag, wenn das neue Windows 8 Phone vorgestellt werden soll. "Ich kann es gar nicht erwarten, Ihnen zu zeigen, wie wir das Smartphone wirklich neu erfunden haben", sagte er.

Die Verschiebung hin zu Mobilgeräten hat den weltweiten Anteil von Microsoft am Gerätemarkt von 67 Prozent im Jahr 2008 auf heute 30 Prozent sinken lassen, wie der Analyst Frank Gillett von Forrester Research erklärte. Dank seiner Android-Software ist Google heute Marktführer mit 40 Prozent. Apple steht bei 20 Prozent.

Nach Auskunft von Microsoft-Manager Grant George hat der Konzern bisher rund tausend Geräte für Windows 8 zertifiziert. Viele davon werden in der Berliner Fabrikhalle am Donnerstagabend zum ersten Mal öffentlich gezeigt.

Zur Erinnerung: Der Launch des ähnlich revolutionären Betriebssytems Windows XP im Oktober 2001 stand unter viel schlechteren Vorzeichen. Die Computerbranche taumelte durch die Turbulenzen der geplatzten Dotcom-Blase, die Wirtschaftsaussichten waren düster. Und nur einen Monat zuvor waren Terroristen mit gekaperten Passagierjets in die Twin-Towers und das Pentagon gerast und hatten die USA und die westliche Welt traumatisiert. In Tests wurde der Software damals ein zu großer Bedarf an Ressourcen attestiert, Kritik hagelte es auch für das System der Produkt-Aktivierung, die Microsoft mit der Software einführen wollte.

Und doch wurde Windows XP zum wohl erfolgreichsten und dauerhaftesten Windows. Bis heute wird es vor allem in Firmen eingesetzt, die seine durch Tausende Updates gefestigte Stabilität und die Kompatibilität zu bestehenden Anwendungen schätzen. Erst ein Jahrzehnt später gelang Microsoft mit Windows 7 ein ähnlich gut bewertetes Update, das überdies auch noch gut aussieht und sich ebenfalls durch seine Stabilität einen guten Ruf erarbeitete.

Der Desktop ist nur ein Beifahrer

Und doch fehlte Windows 7 der moderne Anstrich. Sicher, es hat gegenüber seinem Vorgänger Windows Vista eine aufpolierte Optik und lässt sich theoretisch auch per Touchscreen steuern, aber eben nur theoretisch. In der Praxis erweisen sich als Convertibles bezeichnete Touchscreen-Notebooks als Flop. Weil die Geräte auf herkömmlicher Notebook-Technik basieren und meist einen aufwendig auf den Rücken drehbaren Bildschirm haben, sind sie schwer und sperrig. Und kaum bedienbar - weil Microsoft es nicht für nötig hielt, Menüs und Symbole für die Bedienung per Finger anzupassen.

Bei Windows 8 ist das ganz anders. Es hat einen vollkommen neuen, eigenständigen Look und eine Bedienlogik bekommen, die für Touchscreens entwickelt wurde. Der per Fingertipp aufrufbare Desktop in bekannter Windows-7-Optik ist hier nur Beifahrer. Er ist eine Notwendigkeit, damit Windows-7-Software in dem neuen System bedienbar bleibt, auch mit Maus und Tastatur.

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Steuerung im Überblick: Acht neue Gesten für Windows 8

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Aber über all die Theorie will sich am Abend vor der Einführung von Windows 8 bei Microsoft niemand Gedanken machen. Heute will man feiern, zusammen mit der australischen Popsängerin Lenka, die den Soundtrack für Microsofts Windows-8-Werbung komponiert hat und in der alten Fabrik noch ein paar ihrer Songs zum Besten gibt.

Nachtrag: Mittlerweile hat Microsoft diese Web-Seite online gestellt , auf der man das günstige Windows-8-Upgrade bestellen kann. Als Systemvoraussetzungen werden ein 1-GHz-Prozessor, 2 GB RAM, 20 GB Festplattenplatz und eine Bildschirmauflösung von 1366 × 768 Punkten genannt. Das Upgrade ist von Windows XP, Windows Vista und Windows 7 aus möglich.

Mit Material von dapd
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