Mobile World Congress Huaweis einsamer Auftritt auf der ausgefallenen Messe

Der Eingangsbereich zur Huawei-Pressekonferenz in Barcelona: In früheren Jahren drängten sich hier Menschenmassen
Foto: Matthias Kremp/ DER SPIEGELFür seine Pressekonferenz auf dem MWC bucht Huawei traditionell den sogenannten italienischen Pavillon auf dem alten Messegelände im Zentrum der Stadt. Der Betreiber dieser Eventlocation gibt deren Kapazität mit 2400 Personen an. Für gewöhnlich ist der an einen Flugzeughangar erinnernde Saal bei Huaweis Veranstaltungen komplett gefüllt. Dass es dieses Mal nicht so sein würde, zeigte sich schon beim Einlass.
Statt der üblicherweise mehrere Hundert Meter langen Schlange vor den Sicherheitskontrollen versammelten sich nur ein paar Dutzend Neugierige vor den Absperrungen, um gleich bei Einlassbeginn, eine Dreiviertelstunde vor dem Start der Huawei-Show, ins Gebäude zu kommen.
Der sonst an dieser Stelle übliche hektische Wettlauf um die besten Plätze im Saal fiel aus. Stattdessen gingen die Zuschauer ganz lässig in den Saal. Es war ja genug Platz. Innen schien der Raum nicht nur zur Hälfte geteilt, sondern auch noch sehr luftig bestuhlt. Als die Veranstaltung um 14 Uhr begann, saßen wohl 200, vielleicht 300 Menschen im Saal.

Der italienische Pavillon in Barcelona. Vergangenes Jahr drängelte man sich hier um die besten Plätze
Foto: Matthias Kremp/ DER SPIEGELSich einen Platz in der ersten Reihe zu sichern, um den besten Blick und vor allem freie Bahn für Fotos zu haben, erwies sich allerdings schon nach ein paar Minuten als völlig überflüssig. Denn nach einer kurzen Einleitung durch Huawei-Manager Andrew Garrihy betrat nicht, wie erwartet, der Chef der Konsumentensparte, Richard Yu, die Bühne. Stattdessen wurde den Zuschauern eine zuvor aufgezeichnete und bearbeitete Videoaufzeichnung seines Auftritts vorgeführt.

Ja, das ist Richard Yu, auf der Leinwand, aber nein, auf der Bühne war von ihm nichts zu sehen
Foto: Matthias Kremp/ DER SPIEGELIn ihrer Absurdität war diese Szene schwer zu fassen. Es wirkte alles so wie bei jedem anderen Auftritt des Huawei-CEOs: Auf einer Leinwand wurde Yu riesengroß in Nahaufnahme gezeigt, wie er über die Bühne geht, das Publikum anspricht, sogar die Fernsteuerung des Beamers benutzt, der seine Präsentationsfolien anzeigte. Auf einer anderen Leinwand wurden perfekt dazu synchronisiert die Folien gezeigt, über die Yu sprach. Nur von Yu selbst war nichts zu sehen, die Bühne lag vollkommen leer im Dunkel.
Und so ging es munter eine gute Stunde lang weiter: Der aufgezeichnete Yu präsentierte, so wie er es immer macht, in einem schwer verständlichen Englisch und ausgesprochen begeistert von den eigenen Produkten. Nur ein paarmal waren die Schnitte, mit denen das Video bearbeitet worden war, so ungeschickt gewählt, dass er durch die Zeit zu stolpern schien.
Seine Zuschauer saßen nicht nur im Saal selbst, sondern auch in ausgewählten Locations in aller Welt, in die Huawei Journalisten und Blogger eingeladen hatte, um sich die "Liveübertragung" des Events anzuschauen. Quasi als Belohnung dafür, die Mühen der Anreise, nach Barcelona oder Berlin, auf sich genommen zu haben, bekam man im Anschluss Gelegenheit, die zuvor präsentierten Geräte einmal selbst in Augenschein zu nehmen: Das mit einem Preis von 2500 Dollar irrsinnig teure Falthandy Mate Xs, das deutlich von Apples iPad Pro ispririerte Tablet MatePad Pro, ein paar neue Notebooks und WLAN-Router.

Huawei-CEO Richard Yu beim Gespräch mit Journalisten in Barcelona
Foto: Matthias Kremp/ DER SPIEGELEin im Anschluss geführtes Roundtable-Gespräch mit Journalisten begann Richard Yu allerdings ganz ohne Verweise auf die neuen Produkte. Stattdessen betonte er den Willen seiner Firma zur Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen. Allen anderen voran hatte er damit Google gemeint.
Seit die USA im vergangenen Mai einen Bann gegen das chinesische Unternehmen ausgesprochen haben, steht der Konzern ohnehin schon mit dem Rücken zur Wand. Der Bann verbietet es amerikanischen Unternehmen, mit Huawei zusammenzuarbeiten. Sie dürfen den Chinesen keine Chips und auch keine Software liefern.
Google beantragt eine Ausnahmegemehmigung für Huawei
Das betrifft auch Teile von Googles Ökosystem. Zwar kann Huawei weiterhin eine spezielle Variante des Android-Betriebssystems benutzen, aber keine der populären Google-Apps und auch nicht den Play Store installieren. Wer ein neues Huawei-Handy kauft, muss daher ohne Gmail, ohne Maps und ohne YouTube-App klarkommen.
Zwar gibt es die Möglichkeit eines sogenannten Sideloads, der manuellen Installation von Googles Software. Doch davor warnt nicht nur Google ausdrücklich, denn bei dieser Methode läuft man Gefahr, sich mit Schadsoftware manipulierte Apps einzuhandeln. Doch zeitgleich mit dieser Warnung hat Google erklärt, beim US-Handelsministerium eine Ausnahmegenehmigung beantragt zu haben. Die soll es dem Softwarekonzern ermöglichen, wieder mit den Chinesen zusammenarbeiten zu dürfen.
Seit drei Wochen in Europa
Für Huawei wäre das der langersehnte Befreiungsschlag. Zwar müht sich Richard Yu in Barcelona redlich, die App-Auswahl der mit einem Milliardenbetrag von Huawei gesponserten App Gallery zu preisen. Doch solange es in diesem Gegenstück zu Googles Play Store kein Spotify, kein Facebook und kein Google Maps gibt, wird das Fehlen von Google-Technik auf Huaweis neuen Handys auch Kunden vom Kauf abhalten.
Als wäre der Ärger mit den USA nicht schon Last genug, hat Huawei natürlich auch mit den Auswirkungen des Coronavirus zu kämpfen. Wenn Chinas Industrie lahmliegt, gilt das auch für Huawei. Das gibt auch Richard Yu offen zu und erklärt, dass es wohl noch ein, zwei Monate dauern könnte, bevor sich die Lieferketten wieder stabilisieren. Das Thema scheint ihn selbst zu bedrücken. Er selbst aber, betont der chinesische Topmanager, sei schon seit drei Wochen in Europa.