Patentstreit
Samsung erringt in den USA Erfolg gegen Apple
Etappensieg gegen Apple: Der koreanische Samsung-Konzern darf in den USA weiter seine Tablet-PC und Smartphones verkaufen. Das US-Unternehmen hatte versucht, Verkauf und Einfuhr der Geräte untersagen zu lassen. In anderen Ländern ist der iPhone-Hersteller damit erfolgreich.
San Francisco/Hamburg - Im Ideenklau-Streit mit Samsung hat Apple in den USA einen Rückschlag erlitten. Dem iPhone- und iPad-Hersteller gelang es nicht, den Verkauf mehrerer Samsung-Geräte per einstweiliger Verfügung zu stoppen. Die kalifornische Richterin Lucy Koh sah keine ausreichende Grundlage für eine vorläufige Entscheidung, wie aus dem in der Nacht zum Samstag veröffentlichten Urteil hervorgeht.
Apple wirft Samsung vor, mit seinen Geräten Design und Technik von iPhone und iPad kopiert zu haben. Samsung wehrt sich in einem in vielen Ländern ausgetragenen Streit gegen diese Vorwürfe und wirft Apple seinerseits Verletzung technischer Patente vor.
Apple hatte bei seiner Forderung nach einer einstweiligen Verfügung im Sommer vier US-Patente geltend gemacht:
Drei davon sind sogenannte Design-Patente. Zwei davon schützen die äußere Gestaltung des iPhone, das dritte das Design des erfolgreichen Tablets iPad. Im Visier von Apple stehen Samsungs Tablet-Computer Galaxy Tab 10.1 sowie die Smartphones Galaxy S 4G und Infuse 4G.
Bei einem vierten Patent geht es um eine Funktion bei der Anzeige von Inhalten auf einem Touchscreen. Wegen ihm will Apple in den USA auch Einfuhr und Verkauf des Samsung-Handys Droid Charge verbieten lassen.
Samsung versucht dem Streit durch Modifikationen zu entgehen
Richterin Lucy Koh sah für eine einstweilige Verfügung unter anderem die wichtige Voraussetzung nicht erfüllt, dass Apple großer Schaden durch den weiteren Vertrieb der Samsung-Telefone entstehen würde. Im Fall der Tablet-Computer ließ die Richterin in der mehr als 60 Seiten starken Entscheidung Zweifel an der Gültigkeit des Apple-Designmusters erkennen, unter anderem angesichts einer Studie des US-Verlags Knight Ridder von 1994. Samsung hatte die Knight-Ridder-Studie unter anderem auch im Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf ins Feld geführt, die Richter dort damit aber nicht von einer einstweiligen Verfügung gegen das Galaxy Tab abhalten können.
Der deutsche Patentexperte Florian Müller, der die Streitigkeiten in der Branche beobachtet, betonte, die Entscheidung zeige, dass die Designmuster sich für Apple immer mehr als eine schwache Waffe erwiesen. "Das Grundproblem für Apple ist, dass der gültige Schutzbereich seiner Rechte nicht breit genug ist, um kriegsentscheidend zu sein." Selbst bei negativen Urteilen könne Samsung seine Geräte relativ schnell so anpassen, dass sie nicht mehr gegen die Apple-Designpatente verstießen.
Entscheidung in Australien steht aus
Mit einem angepassten Tablet versucht Samsung es gerade in Deutschland. Statt des durch Apple gestoppten Tablets Galaxy Tab 10.1 verkauft Samsung eine modifizierte Version mit der Bezeichnung 10.1N. Apple geht auch dagegen vor. Auch in Australien musste Samsung ein Verkaufsverbot hinnehmen, dass weiter Bestand hat, bis der High Court - die höchste Berufungsinstanz des Landes - diese Woche erneut darüber entscheidet.
Im Gegenzug will Samsung mit seinen technischen Patenten den Verkauf von Apple-Geräten - darunter auch das neue iPhone 4S - unter anderem in Deutschland, Italien und Frankreich, stoppen. Außerdem laufen Verfahren vor der US-Handelsbehörde ITC, die bei Patentverletzungen die Einfuhr von Geräten in die Vereinigten Staaten verbieten kann.
Weit reichende Patent-Konflikte
Der Konflikt von Apple und Samsung ist Teil eines großen Patentkrieges in der Mobilfunk-Branche, bei dem besonders oft Hersteller von Geräten mit dem Google-Betriebssystem Android im Visier stehen. Apple attackiert dabei neben dem südkoreanischen Samsung-Konzern, der auch ein wichtiger Apple-Zulieferer ist, auch Motorola und HTC.
Samsung ist im dritten Quartal 2011 nach Berechnungen der Marktforschungsfirma IDC zum weltgrößten Smartphone-Hersteller aufgestiegen. Der südkoreanische Konzern lieferte IDC zufolge zwischen Juli und September weltweit 23,6 Millionen Smartphones aus - Apple setzte im selben Zeitraum laut IDC 17,1 Millionen Smartphones ab.
Absatz und Weltmarktanteile der fünf größten Smartphone-Hersteller
7 BilderNeustart gegen Apple: Samsung Galaxy Tab 10.1N
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Samsung Galaxy Tab 10.1N (vorne) und Galaxy Tab 10.1 (hinten): Das neue Modell fällt nach Samsungs Ansicht nicht mehr unter das für Deutschland verhängte Vertriebsverbot. Die äußerlichen Änderungen gegenüber dem von Apple kritisierten Modell 10.1 (ohne "N") halten sich in engen Grenzen. So liegen...
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...der Ein-/Ausschalter und die Lautstärkewippe an denselben Positionen. Ebenso...
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...ist die Rückseite vollkommen identisch (das Muster auf der Rückseite haben nur Sondermodelle des Samsung-Tablets, die Google an Entwickler verteilte). Die Digitalkameras sind sowohl hinten...
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...als auch vorne bei beiden Galaxy-Tab-Versionen identisch. Dasselbe gilt für die Lage des...
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...Docking-Anschlusses. Der einzige sichtbare Unterschied ist...
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...die unterschiedliche Lage der Lautsprecher. Beim Modell 10.1N strahlen sie nach vorne ab, beim Modell 10.1 zur Seite. Damit einher geht, dass der...
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...Aluminiumrahmen des Gehäuses beim Galaxy Tab 10.1N etwas weiter nach vorne gezogen wurde.