Neue Technologie Google meldet Durchbruch mit Quantencomputer

Google-Chef Sundar Pichai posiert vor dem Quantencomputer, den seine Wissenschaftler entwickelt haben
Foto: GoogleDass Google ganz besonders schlecht darin ist, Geheimnisse für sich zu behalten, merkte man gerade erst wieder, als der Konzern sein neues Smartphone vorstellte. Über das Pixel 4 war längst so ziemlich alles bekannt, als es die Konzernmanager zum ersten Mal offiziell präsentierten.
Ganz ähnlich ist es mit dem technologischen Durchbruch, den das Unternehmen heute stolz verkündet: Zum ersten Mal habe man mit einem Quantencomputer eine Aufgabe gelöst, an der herkömmliche Rechner scheitern würden - zumindest im Rahmen menschlicher Zeiträume.
Dummerweise war das Forschungspapier, in dem Googles Wissenschaftler jenen fulminanten Durchbruch verkünden und erklären, von der Nasa schon vor Wochen ins Netz gestellt worden. Erst jetzt aber ist es offiziell erschienen, in der Fachzeitschrift "Nature " und unter dem unbescheidenen Titel "Quantenüberlegenheit mithilfe eines supraleitenden Prozessors".
Die Überlegenheit des neuartigen Superrechners belegt der Internetkonzern mit einer beeindruckenden Zahl: Der neue Sycamore-Prozessor, den Googles Forscher entwickelt haben, kann eine Aufgabe, an deren Lösung "der schnellste Supercomputer der Welt 10.000 Jahre arbeiten würde", in lässigen 200 Sekunden lösen.
Möglich ist der gewaltige Unterschied, weil Quantencomputer gänzlich anders arbeiten als alle bis heute üblichen Computer. Denn während die Bits im Handy oder Notebook nur zwei Zustände kennen, 0 und 1, arbeiten Quantenprozessoren wie Googles Sycamore mit sogenannten Qubits , die - vereinfacht gesagt - viele verschiedene Werte annehmen können.
Die goldene Quantenzukunft
Die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, schildert Google in einem Blogeintrag in rosigen Tönen, die eine wunderbare Zukunft versprechen, in der die großen Probleme der Menschheit von Quantencomputern gelöst werden. So sollen die Maschinen künftig herausfinden, welche Moleküle ein Medikament wirksamer machen, wie man Dünger ohne giftige Emissionen herstellen und vor allem wie man leistungsfähigere Batterien produzieren kann.
Noch sei es aber längst nicht so weit. Zwar sei der jetzt verkündete Durchbruch das Ergebnis jahrelanger Forschung und der Hingabe der beteiligten Wissenschaftler. Aber er sei eben auch der "Beginn einer neuen Reise". Jetzt gehe es darum herauszufinden, wie man diese Technologie tatsächlich sinnvoll einsetzen kann.
Nach Jahrzehnten der Erfahrung mit binären Computern steht die IT-Industrie bei der Quantentechnik vor der Herausforderung, noch einmal komplett umzudenken und neue Denkweisen für den Umgang mit Computern zu erarbeiten. Man hoffe, dabei mit anderen Wissenschaftlern zusammenarbeiten zu können, heißt es im Google-Blog. Deshalb habe man Open-Source-Softwarewerkzeuge bereitgestellt, die anderen helfen sollen, Anwendungen für die Technologie zu finden und zu entwickeln.
Kritik von IBM
Der Computerhersteller IBM wird dabei womöglich nicht mitmachen. Der nämlich zweifelt Googles Behauptung, eine Quantenüberlegenheit erreicht zu haben, in einem Blogpost vom Montag an . Darin schreiben drei IBM-Forscher, die von Google beschriebene Aufgabe könne ein klassischer Supercomputer durchaus schneller erledigen als in 10.000 Jahren. Sie prognostizieren stattdessen eine Rechendauer von zweieinhalb Tagen. Mit ein paar Verfeinerungen am System könnte es aber auch noch etwas schneller gehen.
So oder so seien die Bedingungen, um den Begriff Quantenüberlegenheit in diesem Fall zu verwenden, nicht erfüllt. Es dürfte also nicht nur lange dauern, bis man die Möglichkeiten eines Quantencomputers wirklich wird ausnutzen können, es wird wohl auch noch einige Zeit dauern, bis sich die Lager der Traditionalisten und der Quanten-Befürworter geeinigt haben, ob Google denn nun wirklich ein Durchbruch gelungen ist.