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Noch ist er nur ein Prototyp: Der neue 64

Retro-PC Commodore reaktiviert den C64

Da ist er wieder, der C64: Eigentlich längst ein Relikt der Technikgeschichte, soll der Kult-Heimcomputer erneut auf den Markt kommen - aufgepeppt mit aktueller Technik, auf der aber alle Spiele der Achtziger laufen. Jetzt gibt es erste Bilder des Prototypen.

Eigentlich komisch, dass es Commodore immer noch gibt. Die Firma selbst, 1954 von einem legendären Choleriker und chronischen Zigarrenraucher namens Jack Tramiel gegründet, musste 1994 Insolvenz anmelden. Die Marke Commodore aber lebte weiter. Ihre neueste Inkarnation erlebte die Kultmarke vor einem Jahr, als Commodore USA  gegründet wurde. Der einzige Zweck der jungen Firma: Neue Computer zu bauen, die aussehen wie 1984 - und auf denen auch die Software von damals noch läuft.

Da darf der C64 natürlich nicht fehlen, in einer aktualisierten Version. Vom Achtziger-Jahre-Original ist nur das Gehäuse geblieben, das die neuen Besitzer der Marke offenbar nach Originalplänen nachbauen. Auf den Fotos eines Prototypen, die jetzt auf der Website von Commodore USA veröffentlicht wurden, jedenfalls sieht der neue Heimcomputer ebenso aus wie sein Urahn - und lässt erkennen, weshalb der C64 seinerzeit liebevoll "Brotkasten" genannt wurde.

Von den Innereien des Computerklassiker ist dagegen nichts geblieben - und das ist gut so. Stattdessen haben die Entwickler die neue Technik exakt in das alte Gehäusedesign eingepasst, was vor allem bedeutet, dass sie eine an den Brotkasten angepasste Hauptplatine gebaut haben. Auf der sitzt künftig ein Intel Atom Dualcore-Prozessor mit 1,8 GHz - unterstützt von nVidias Ion-Grafikchips, damit er beispielsweise Blu-ray-Videos abspielen kann.

Kompatibel mit allen alten Spielen

Das entsprechende Laufwerk soll an der linken Seite in das von der Tastatur dominierte Gehäuse eingesetzt werden. Kunden sei es dabei freigestellt, zwischen einem DVD- und einem Blu-ray-Laufwerk zu wählen. Auf der gegenüberliegenden Seite ist der bei aktuellen PCs übliche Multiformat-Kartenleser untergebracht, mit dem man beispielsweise Speicherkarten von Digitalkameras auslesen kann. Den Arbeitsspeicher will der Hersteller ab Werk mit 2 Gigabyte RAM bestücken, die man auf das Doppelte aufrüsten kann. Die Kapazität der internen Festplatte kann zwischen 160 und 1000 GB gewählt werden.

Mindestens ebenso unklar ist die Frage, was für ein Betriebssystem letztlich auf dem neuen Rechner im Oldie-Gewand laufen wird. Geplant ist ein Commodore OS, für das die Entwickler ganz erstaunliche Fähigkeiten versprechen. Das wohl Wichtigste für den C64: der Klassikmodus. Per Software-Emulation sollen im Commodore OS Programme laufen, die für die klassischen Commodore-Rechner PET, VC20, C16, C64, C128 und Amiga geschrieben wurden. Die Frage, wie man derart alte Software, die einst auf Datasetten und 5,25-Zoll-Disketten verteilt wurde, in den neuen Rechner bekommen soll, beantwortet Commodore mit dem Hinweis, viele der alten Titel seien legal im Internet verfügbar.

Hobbyprojekt mit Profi-Ambitionen?

Als Basis für das neue Betriebssystem wollen die Entwickler ausschließlich Open-Source-Software nutzen, also einen Linux-Unterbau. Der Vorteil: Ohne Aufpreis könnten Büro-Software, Grafikprogramme und vieles mehr mitgeliefert werden. Der Nachteil: Wann das Commodore OS fertig sein wird, ist noch vollkommen unklar. Vorläufig werden alle Commodore-Rechner mit Ubuntu-Linux ausgeliefert.

Wobei man auf die Lieferung eines neuen C64 ohnehin noch eine Weile warten muss. Die Bilder, die jetzt auf der Commodore-Website veröffentlicht wurden, lassen jedenfalls vermuten, dass der neue C64 nicht wie sein Vorgänger von Ingenieuren entwickelt wird, sondern eher ein ambitioniertes Hobby-Projekt ist. Denn abgesehen von der mangelhaften Ausleuchtung der Fotos lassen die Untergründe tief blicken. Einige Bilder sind offenbar im Wohnzimmer, andere in einem Bad oder einer Küche entstanden.

Immerhin einen Preis gibt es schon: 595 bis 895 Euro soll der neue C64 kosten, je nach Ausstattung. Und auch eine Variante für Bastler soll es geben. Für Gehäuse und Tastatur - ohne Mainboard, Speicher und Laufwerke - muss man dann immer noch stattliche 250 Dollar berappen. Da ist es für Bastler günstiger, sich auf Flohmärkten oder bei Netz-Auktionshäusern nach alten Originalen umzusehen. Die bekommt man meist für ein paar Euro. Und echte Patina gibt es gratis dazu.

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