Elektronisches Thermostat, Schloss, Licht Wie ich versuchte, aus einer Altbauwohnung von 1918 ein Smarthome zu machen

Smartes Türschloss an nicht-smarter Haustür: kein Bund fürs Leben
Leise fährt das Rollo im Schlafzimmer hoch. Licht trifft mein Gesicht, weckt mich auf. Guten Morgen, Sonnenschein. Nie war Aufwachen schöner. Wobei das an maximal drei Tagen im Jahr so funktionieren dürfte – ich lebe in Hamburg. Die eine Hälfte des Jahres ist es morgens noch dunkel, in der anderen Hälfte regnet es.
Was mein neues Ikea-Rollo besonders macht: Es hat keinen Seitenzug, sondern einen Motor, einen Akku, ein Funkmodul und ein Gateway. Letzteres dient dazu, das Rollo mit WLAN und Internet zu verbinden. So kann ich es von meinem Handy aus steuern oder zum Smartspeaker in der Küche »Hey Google, Rollo hoch« sagen, damit der Fensterschutz im Schlafzimmer hochfährt.

Smarthome
Wie neue Technologien das Leben daheim leichter machen, erklärt die neue Ausgabe der Beilage SPIEGEL LEBEN: alles über Smartspeaker, clevere Lampen oder Streaming-Sticks fürs TV.
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In diese Küche schlurfe ich jetzt. Ein Google-Display strahlt mich an und teilt mit, heute sei tolles Wetter zu erwarten. Es fragt, ob ich die News hören möchte. Der Smartspeaker mit Display war meine Einstiegsdroge. Der und LED-Lampen, die sich fernsteuern lassen. »Hey Google, Licht an.« Und es ward Licht! Zumindest wenn nicht die Freundin oder Gäste die alten, echten Lichtschalter betätigt und die vernetzten Lampen damit vom Strom getrennt hatten.
Dann kam noch ein Amazon-Echo-Lautsprecher mit Alexa hinzu. Der kann dasselbe wie das Google-Display, erzählt allerdings die besseren Witze. Aber: Zwei Smartspeaker, über die ich mit dem Licht spiele und Spotify durchsuche, machen meine Wohnung noch nicht zum Smarthome. Deswegen das Rollo. Ich wollte herausfinden, wie schlau mein kleines Heim werden kann. Wie mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland wohne ich zur Miete. Eine weitere Herausforderung: Das Haus ist von 1918.
Die Technik versagt, wenn die Tür klemmt
Das merke ich, als ich Nuki installieren will, ein vernetztes Türschloss. Das Smartlock soll meine Wohnungstür insofern schlau machen, als es mich beim Heimkommen schon aus der Ferne erkennt. »Sesam, öffne dich«, so stelle ich mir das vor. Also ab zur Installation in den Flur. Dort registriert mich ein Bewegungssensor, der nur Millisekunden braucht, um den Lampen von Philips meine Anwesenheit zu signalisieren und so das Licht einzuschalten.
Zur Montage des smarten Türöffners stecke ich den Schlüssel von innen ins Schloss und stülpe einen batteriebetriebenen Kasten mit Motor drüber. Eigentlich ist ein Türschloss, in das sich von beiden Seiten gleichzeitig ein Schlüssel einführen lässt, Voraussetzung. So soll sichergestellt werden, dass man die Tür von außen mit dem Schlüssel öffnen kann, sollte dem Nuki drinnen die Batterie versagen. Ich kann nur von einer Seite aus schließen und sehe geflissentlich über die Warnung hinweg.
Der Nuki-Kasten blinkt und dreht geräusch- und kraftvoll am Schlüssel, bekommt die Tür aber nicht auf. Ich starte die Kalibrierung mehrmals neu. Doch nicht nur das Haus ist alt, auch die Tür, die immer einen kleinen Schubs extra braucht, bevor sie aufgeht. Das Holz, der Rahmen, es ist ein Altbau. Daran scheitert das Smartlock.

Die Smartwatch warnt: Da steht noch ein Fenster offen
Dabei hätte es so praktisch sein können. Das Nuki kann man per App und Fernbedienung öffnen, Letztere hatte ich schon außen an meine Tür geklebt. Hätte ich mich mal verspätet, hätten Gäste damit in meine Wohnung kommen können, indem sie einen Zahlencode eintippen. Für mich wäre es noch einfacher: Die Nuki-App auf meinem Handy gäbe meinen Standort durch. Verließe ich die Wohnung, würde Nuki die Tür automatisch verriegeln – und wieder öffnen, wenn ich heimkäme. Dafür müsste ich das Handy nicht mal aus der Tasche ziehen.
Doch vorerst muss ich das Projekt Smartlock aufgeben. Ich bin nicht völlig unglücklich darüber, denn zur Realität meiner kleinen Wohnung gehört auch: So schick die Smarthome-Geräte sein mögen, ihre Gateways nerven. Smarthome ist nichts für Menschen, die Internetmodem, WLAN-Router und Mehrfachsteckdosen als ästhetische Zumutung empfinden.
Darf es ein Gateway mehr sein?
Das Hue-Gateway, das Lampen, Sensoren und Funkschalter zusammenhält, belegt nicht nur eine Steckdose, es ist auch per Netzwerkkabel mit meinem Router verbunden. Genau wie mein Computer, meine Back-up-Festplatte und mein Apple-TV. Für das Ikea-Gateway, das sich nur mit einem Netzwerkkabel nutzen lässt, war am Router keine Buchse mehr frei. Das Nuki-Gateway hätte sich immerhin kabellos per WLAN verbunden. So brauchte ich also eine Mehrfachsteckdose für Netzwerkkabel, einen Netzwerk-Hub, der wiederum Strom braucht – und ich damit eine weitere Mehrfachsteckdose. Hinter der Smarthome-Magie steckt eine Ecke voller blinkender Kästen, verknoteter Kabel und Wollmäuse.
Zu meiner Realität gehört außerdem eine zuweilen wacklige Internetverbindung. Wenn die zusammenbricht, erreichen die Apps auf meinem Telefon die smarten Geräte nicht. Aber auch wenn das Internet läuft, gibt es manchmal merkwürdige Fehler. Vor einiger Zeit fiel die Lichtsteuerung alle paar Stunden aus. Wo sonst Sensoren das Licht anknipsten: Dunkelheit. Statt stimmungsvoller Lichtszenen aktivierten die Funkschalter: Frust. Irgendwann ging es wieder. Warum, das weiß ich nicht.

Wirken wie Fremdkörper: Tado-Temperatursteuerung und Hue-Lichtschalter im Altbau
Mein Handy vibriert. Tado hat ein offenes Fenster erkannt. Tado ist ein smartes Thermostat, das mir helfen soll, »bis zu 31 Prozent Heizenergie« zu sparen. Was ich tatsächlich spare, kann ich nicht sagen. Aber einen kleinen Effekt verspreche ich mir schon. Mit dem alten Thermostat ließen sich genau zwei Temperaturen und zwei Zeitpunkte einstellen, für den Tag und für die Nacht. Wenn ich die Wohnung tagsüber verließ, um ins Büro zu gehen, drehte ich die Heizung runter und kam abends in eine kalte Wohnung zurück, nur um die Heizung maximal aufzudrehen. Nicht besonders smart.
Natürlich braucht auch Tado ein Gateway, das an den Router angeschlossen und mit Strom versorgt werden muss. Ist das erledigt, messen Sensoren die Temperatur in Schlaf- und Wohnzimmer sowie in der Küche. Per App kann ich deshalb immer die aktuelle Temperatur in meinem Zuhause abfragen. Außerdem wird mir die Qualität der Raumluft angezeigt: Ist es zu kalt, zu feucht? Tado drosselt die Heizung nicht nur, wenn ein Fenster offen steht, sondern auch, wenn die Sonne brennt. Außerdem kann ich einstellen, zu welchen Zeiten die Wohnung auf welche Temperatur geheizt werden soll. Und wenn ich die Wohnung verlasse, merkt das System auch das und dreht die Heizung runter.
Und jetzt auch noch ein Abo?
Neulich war ich unterwegs und bekam eine WhatsApp-Nachricht: »Äh, muss ich dich jetzt eigentlich fragen, ob du mir die Heizung anmachen kannst?« Was soll ich sagen? Die Freundin hatte sich geweigert, die App zu installieren. Tado hatte gedacht, die Wohnung sei verlassen. Es wurde kühl.
Wie Licht und Rollo lässt sich Tado mit Google Home verbinden und dann per Sprache steuern. Damit Tado berücksichtigt, wie das Wetter ist und wo ich bin, muss ich aber für rund 25 Euro pro Jahr ein Abo abschließen. Abgesehen davon, dass mein Zuhause jetzt ein funktionsfähiges Internet voraussetzt, diversen Apps ausgeliefert ist, meinen Standort überwacht und hin und wieder Schluckauf hat, soll ich manche Features also auch noch mieten.
Der Tag geht zu Ende. Das Licht im Flur hat sich auf 50 Prozent gedimmt. Während ich mich frage, ob mein Leben nun an Komfort gewonnen hat, surrt es im Schlafzimmer. Das Rollo verdunkelt den Raum und lenkt die Aufmerksamkeit auf die Statusleuchten der Gateways und Netzgeräte, die Flur und Wohnzimmer illuminieren.