Sony Xperia 1 IV im Test Zoom das mal ran

Wie bei einer Systemkamera werden bei Sonys neuestem Smartphone Linsen verschoben, um Motive optisch näher ranzuholen. Lohnt es sich, für so ein Gerät eine vierstellige Summe auszugeben?
Optisch ist das neue Xperia eher ein Understatement

Optisch ist das neue Xperia eher ein Understatement

Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGEL

Bei Smartphones gab es bisher zwei Möglichkeiten, beim Fotografieren näher an ein Objektiv heranzuzoomen. Da ist zum einen der Digital-Zoom, bei dem ein Bildausschnitt elektronisch vergrößert wird. Bei Googles Pixel-Phones etwa funktioniert das recht gut, solange man es nicht übertreibt. Früher oder später aber werden die Bilder bei dieser Methode pixelig, weil Software Bildpunkte dort errechnet, wo sie diese vermutet, nicht, wo die Kamera sie erfasst hat.

Seit einigen Jahren werden manche Smartphones deshalb zusätzlich mit einer Telekamera ausgerüstet. Die hat eine feste Brennweite, beim iPhone 13 Pro etwa 77 Millimeter. Dass die Hersteller dann von einem Zoom sprechen, lässt sich damit begründen, dass sie die Bilder der Hauptkamera so mit denen der Telekamera kombinieren, dass sie quasi ein Zoomobjektiv simulieren – mit echten Pixeln.

Sonys Foto-App: Jedes Objektiv einzeln auswählen

Sonys Foto-App: Jedes Objektiv einzeln auswählen

Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGEL

Sony geht beim Xperia 1 IV nun einen Schritt weiter und baut ein echtes Zoomobjektiv mit variabler Brennweite in sein Smartphone ein. Das ist technisch eine große Leistung, bringt fotografisch Vorteile, ist aber nicht immer leicht zu bedienen. Anders als bei vielen anderen Smartphones kann man in der Kamera-App nicht in einem Schwung vom Ultraweitwinkel bis zur höchsten Zoomstufe »durchzoomen«, sondern muss jede der drei Zwölf-Megapixel-Kameras – Ultraweitwinkel, Weitwinkel und Tele-Zoom – einzeln anwählen. Will man bei einer Videoaufnahme das Objektiv wechseln, muss man die Aufnahme stoppen, auf das gewünschte Objektiv tippen und kann erst dann weiter drehen.

Doch das ist Gejammer auf hohem Niveau, denn die Belohnung kann sich sehen lassen. Außer wenn ich Aufnahmen verwackelt oder falsch fokussiert habe, waren alle Fotos des Xperia 1 IV gut bis sehr gut, auch bei wenig Licht (siehe Fotostrecke). Dasselbe gilt für die Videos, wobei ich den Umgang mit Sonys Video-Apps »Cinema Pro« und »Video Pro« als etwas umständlich empfinde. Für schnelle Videoschnappschüsse sind die Programme eher zu umfangreich. Und weshalb die Funktionen der beiden Anwendungen nicht in einer App zusammengeführt werden, ist mir schleierhaft.

Fotostrecke

Testfotos mit dem Sony Xperia 1 IV

Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGEL

Überzeugender fand ich den wunderbaren, HDR-fähigen und 6,5 Zoll großen OLED-Bildschirm des Xperia 1 IV, der Farben angenehm realistisch darstellen kann und sich mit seinem 21:9-Format als Video-Display eignet. Schön auch, dass man hier einen manuellen Weißabgleich vornehmen kann, wenn man meint, das zu müssen, und weiß, was man tut. Merkwürdig ist allerdings, dass es hier die Option gibt, die Bildwiederholrate auf 120 Bilder pro Sekunde (Hertz, Hz) festzulegen und man darauf hingewiesen wird, dass das die Ausdauer des Akkus mindert. Einen Hinweis, wie die Bildwiederholfrequenz geregelt wird, wenn man diese Option deaktiviert, bekommt man nicht.

Bloß keine Benchmarks

Was mich ein wenig argwöhnisch werden lässt: Der Prototyp, den ich getestet habe, unterbindet Versuche, sogenannte Benchmark-Apps zu installieren, mit denen sich die Leistung von Prozessor und Grafikchip messen lässt. Versuche, das doch zu tun, quittiert das System, indem es die jeweilige App sofort wieder löscht und mit einer nichtssagenden Meldung darauf hinweist.

Warnmeldung beim Versuch, eine Benchmark-App zu installieren: »Paket gelöscht«

Warnmeldung beim Versuch, eine Benchmark-App zu installieren: »Paket gelöscht«

Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGEL

Sony ist nicht das erste Unternehmen, das Testgeräte für die Presse auf diese Weise beschränkt. Warum das geschieht, bleibt unklar. Angst vor schlechten Werten dürfte kaum die Motivation sein. Immerhin steckt in dem Gerät mit dem Snapdragon 8 Gen 1 derselbe Top-Prozessor wie etwa in Samsungs Galaxy S22 Ultra.

Wenig Begeisterung löst bei mir auch die Ausdauer des Akkus aus. Sony gibt für den Stromspeicher eine beachtliche Kapazität von 5000 Milliamperestunden an, und bei normaler Nutzung läuft das Gerät damit auch lässig bis in den Abend durch. Nutzt man die Kernfunktionen des Xperia 1 IV, filmt und fotografiert also, ändert sich das allerdings schnell, und man kann der Akkustandsanzeige fast beim Herunterzählen zuschauen.

Besser geht es nicht: Alles an und in der Verpackung ist aus Papier

Besser geht es nicht: Alles an und in der Verpackung ist aus Papier

Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGEL

Gut ist, dass sich das Gerät wahlweise kabellos oder per Kabel aufladen lässt. Mit einem 30 Watt starken Sony-Ladegerät soll der Akku binnen 30 Minuten zur Hälfte aufgeladen werden können. Dieses Ladegerät kostet allerdings 50 Euro . Vorbildern wie Apple und Samsung folgend, reduziert Sony die Beigaben und legt seinem Vorzeige-Smartphone weder Netzteil noch Kabel bei. Immerhin kommt die Verpackung ganz ohne Plastik aus und ist so klein, dass die »CO2-Emissionen beim Transport um bis zu 36 Prozent pro Gerät« geringer ausfallen als beim Vorgänger.

Fazit

👍 Sehr gute Kameras

👍 Guter Bildschirm

👍 Umweltschonende Verpackung

👎 Mäßige Akkulaufzeit

Das Xperia 1 IV ist die logische Fortsetzung dessen, was Sony seit Jahren macht: Smartphones für Menschen bauen, denen die Kamera über alles geht. Für die Möglichkeiten, die das Tele-Zoomobjektiv und seine beiden Assistenten bieten, muss man bei der Bedienung ein paar Abstriche machen. Dafür wird man mit exzellenten Fotos belohnt.

Nicht ganz so exzellent war im Test die Akkulaufzeit. Wer mit dem neuen Sony-Smartphone viel filmt und fotografiert, sollte eine Powerbank griffbereit haben. Von einem Smartphone, das mit 256 Gigabyte Speicher stolze 1399 Euro kostet, wünsche ich mir mehr Durchhaltevermögen.

Hintergrund: Produkttests im Netzwelt-Ressort

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