Steve Jobs stellt iPhone 4 vor Schärfer, schneller, ausdauernder

Der verlorene Prototyp war echt: Apple-Chef Jobs hat am Montagabend das neue iPhone 4 vorgestellt. Es ist dünner als sein Vorgänger, hat etliche Funktionen, die sich Apple-Fans erhofft hatten - und das bisher wohl am höchsten auflösende Smartphone-Display. Nur der Speicher ist immer noch nicht erweiterbar.
Steve Jobs stellt iPhone 4 vor: Schärfer, schneller, ausdauernder

Steve Jobs stellt iPhone 4 vor: Schärfer, schneller, ausdauernder

Foto: ROBERT GALBRAITH/ REUTERS

"Viele von Euch haben das schon gesehen", mit diesen Worten kündigte Steve Jobs am Montagabend das neue iPhone 4 an. Sekunden später zeigte er das erste offizielle Bild des neue Smartphones, über das seit langem orakelt wurde. Und tatsächlich, es sieht genauso aus wie jener Prototyp, den die Techblogger von Gizmodo im April einem jungen Mann abgekauft hatten, der es in einer Bar, nicht weit von Apples Firmensitz gefunden hatte.

Die schlachteten ihr Wissen reichlich aus, bevor sie das Gerät auf Anfrage Apples zurückgaben. Steve Jobs soll über den Vorfall sehr verärgert gewesen sein. Humorvoll jedenfalls kann man es nicht nennen, dass Gizmodo nun die Akkreditierung zur WWDC-Eröffnungsveranstaltung verwehrt wurde. Eine entsprechende Anfrage der Blogger ließ Apple unbeantwortet .

Drei herausragende Merkmale unterscheiden das neue Apple-Handy von seinem Vorgänger. Zum einen ist es Jobs zufolge das dünnste Smartphone der Welt. Nur 9,3 Millimeter soll es dick sein, das ist zweieinhalb Millimeter schlanker als das iPhone 3GS. Zudem verfügt es über einen neuen Bildschirm, den Apple als Retina Display bezeichnet. Dessen Pixeldichte wurde im Vergleich zum Vorgänger um das Vierfache erhöht. Damit habe es eine Pixeldichte von 326 Punkten pro Zoll, was hoch genug sei, damit das menschliche Auge keine Einzelpunkte mehr erkennen kann. Die Auflösung gibt Jobs mit 960 x 640 Bildpunkten an, der Kontrast liegt bei 800:1. Enorm hohe Werte für ein Handy.

40 Prozent längere Akku-Laufzeit

Die dritte Innovation ist eine Antenne, die als umlaufender Metallstreifen in den Gehäuserahmen integriert ist. Apple entledigt sich damit der bisherigen Notwendigkeit, Teile des Metallgehäuses durch Kunststoff zu ersetzen, damit die darunter liegenden Antennen guten Empfang bekommen. Ein in den Gehäuserahmen integriertes zweites Mikrofon soll der Elektronik helfen, während eines Telefonats Nebengeräusche herauszufiltern, um so die Sprachqualität zu verbessern.

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iPhone 4: Steve Jobs stellt das neue Apple-Handy vor

Foto: Paul Sakuma/ AP

Als Antrieb dient dem neuen Modell Apples hauseigener A4-Prozessor, derselbe Chip also, der auch im iPad arbeitet. Neben der zusätzlichen Leistung dürfte dessen Hauptverdienst in seiner Sparsamkeit zu suchen sein. Um 40 Prozent länger als beim iPhone 3GS soll der Akku nun laufen. Steve Jobs rechnet das in 300 Stunden Standby-Zeit, sieben Stunden Sprechzeit und zehn Stunden Video gucken um.

HD-Videokamera samt Schnittsoftware

Die interne Kamera wurde endlich auf den aktuellen Stand der Technik gebracht. Mit einer Auflösung von fünf Megapixeln schließt sie zum Smartphone-Standard auf, wird von einem LED-Blitz begleitet, der bei schlechtem Umgebungslicht helfen soll. Als gut nutzbares Gimmick kann man deren Fokus jetzt per Fingerzeig auf dem Display auf ein bestimmtes Motiv scharf stellen. Bemerkenswert ist allerdings, dass sie auch noch Videos in der HD-Auflösung 720p aufnehmen kann. Hier dürfte der A4-Prozessor die treibende Kraft sein. Passend dazu bietet Apple ab sofort eine an das Handy angepasste Version von Apples Videoschnittsoftware iMovie im App Store zum Preis von 4,99 Dollar an.

Darüber hinaus wird das iPhone 4 mit einer zusätzlichen Kamera für Videotelefonate ausgestattet sein. Auch dafür hat sich das Unternehmen einen griffigen Namen ausgedacht und bezeichnet die, bei anderen Smartphones längst gängige, Videotelefoniefunktion als FaceTime. Man werden noch in diesem Jahr zig Millionen FaceTime-Geräte ausliefern, sagte Jobs. Eine Ankündigung die darauf hindeutet, dass es neben dem iPhone weitere Geräte mit dieser Technik geben wird. Einen faden Beigeschmack bekommt Apples Videotelefonie allerdings durch die Bemerkung, dass sie nur im W-Lan funktioniert - zumindest 2010. Darüber, ob diese Funktion danach auch für die Nutzung in UMTS-Netzen freigeschaltet wird, sagt Jobs allerdings nichts.

Noch so ein i-Ding

Wie zu erwarten war, dient dem iPhone 4 das im April angekündigte iPhone-Betriebssystem in seiner vierten Version als Software-Grundlage. Gleichzeitig mit der Einführung dieses Updates, ändert Apple allerdings auch den Namen der Software die künftig nur noch iOS 4 heißen soll. Die wichtigsten neuen Funktionen: Eingeschränktes Multitasking, Apps können in Ordner sortiert werden, sowie eine vereinheitlichte Inbox, in der neue Nachrichten aller E-Mail-Accounts zusammengeführt werden, die das iPhone abfragt.

Insgesamt 1500 Neuerungen und Änderungen soll das Update bringen. Eine, über die viel spekuliert wurde, konnte Jobs allerdings bestätigen: Apples Webbrowser Safari wurde um Microsofts Bings als dritte Suchmaschinenoption ergänzt. Google bleibe aber weiterhin die Standardeinstellung, erklärte Jobs. Außerdem gibt es nun auch eine iPhone-Version der iPad-App iBooks. Ebenso wie am Apple Tablet soll man damit Bücher und PDF-Dateien lesen und mit Anmerkungen versehen können.

Deutschland ist ganz vorn dabei

Viel wichtiger als diese Neuheiten ist aber die Bemerkung zu verstehen, dass Apple erwartet, noch im Juni das 100-millionste Gerät mit iOS zu verkaufen. Diesen gewaltigen Markt will das Unternehmen jetzt mit seiner Anzeigenplattform iAd zu Geld machen, über die noch viel gerätselt wird. Jobs demonstrierte beispielhaft, wie eine solche interaktive Werbung auf dem iPhone aussehen kann und nannte die ersten Kunden der neuen Werbeform, die am 1. Juli ihr Debüt geben soll. Darunter Giganten wie Nissan, Unilever, AT&T, Chanel und natürlich Disney. Bisher sollen diese Unternehmen iAd-Werbung im Wert von 60 Millionen Euro gebucht haben. Über die Abrechnungsmodalitäten verlor der Apple-Chef allerdings kein Wort.

Ebenso wenig erwähnte Jobs eines jener Geräte oder Programme, von denen manche Gerüchteköche sich im Vorfeld so sicher waren, dass Jobs sie zeigen werde. Weder von einem neuen Apple TV, noch von jenem sagenumwobenen 27-Zoll-Display oder einer neuen Version des Webbrowsers Safari war etwas zu sehen oder zu hören.

Dafür gab Jobs bereits ein konkretes Datum für die Markteinführung des neuen iPhone bekannt. Ab dem 24. Juni soll es in fünf Ländern verfügbar sein. Dazu zählt neben den USA, Großbritannien, Frankreich und Japan auch Deutschland, was verdeutlich, wie wichtig der hiesige Markt für Apple mittlerweile ist. Das Update auf iOS 4 soll drei Tage früher als kostenloser Download erhältlich sein und auf iPhone 3G, 3GS und den iPod-touch-Modellen laufen. Ob oder wann ein entsprechendes Update für das iPad zu erwarten ist, ließ Jobs offen.

An den Preisen hat sich gegenüber den Vorläufer-Modell offenbar nichts geändert. In den USA kostet das iPhone 4 mit 16 GB Speicher 199 Dollar, das 32 GB-Modell wird 299 Dollar kosten. Exakt so viel wie das aktuelle iPhone 3 GS. Dieses wird künftig zudem als iPhone 3GS mit einem auf 8 GB beschnittenen Speicher für 99 Dollar weiter angeboten. Die Hoffnung vieler iPhone-Fans auf ein Modell mit 64 oder gar 80 GB Kapazität ist damit nicht erfüllt worden. Angaben über Preise für den deutschen Markt konnte Apple auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE noch nicht machen. Sicher ist jedoch bereits, dass T-Mobile das iPhone auch in seiner vierten Version exklusiv in Deutschland anbieten wird - zumindest vorerst. Informationen aus gut informierten Kreisen zufolge, könnte Apple diese Exklusivität zum Ende des Sommers aufheben.

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