Surface Duo im Test Microsofts Doppel-Display-Ding

Microsoft Surface Duo: Klappen statt falten
Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGELDas Surface Duo sieht einfach gut aus. Es ist ungefähr so breit wie ein Reisepass, aber ein wenig höher und ausgesprochen dünn. Nach außen präsentiert sich das Gerät mit zwei weißen Glas-Panelen.
Vorn trägt es dezent Microsofts Windows-Logo aus vier Quadraten, auf der Rückseite kaum sichtbar die vorgeschriebenen Kennzeichnungen. Das 360-Grad-Scharnier sowie die dazwischenliegenden Schutzleisten sind aus Edelstahl, der übrige Rahmen ist in Weiß gehalten.

Microsofts Logo lässt an Windows denken, doch im Surface Duo steckt ein Android
Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGELDas Scharnier funktioniert perfekt und hält die beiden Gehäusehälften in jedem beliebigen Öffnungswinkel stabil, ohne jemals schwergängig zu wirken. Die beiden fünf Zoll messenden Bildschirme haben oben und unten recht breite Ränder.
Im Rand der rechten Gehäusehälfte sind die Lautstärkewippe, der Ausschalter, der Fingerabdrucksensor, und die Schublade für eine SIM-Karte nebeneinander angeordnet. Der USB-C-Anschluss liegt am unteren Rand, eine Kopfhörerbuchse gibt es nicht. Lautsprecher, Kamera und Blitz-LED sind oberhalb des rechten Displays eingebaut.
Klappt man die linke Hälfte hinter die rechte, erhält man ein einfaches Smartphone mit einem zweiten Display auf der Rückseite. Das hat sich bei mir als die meistgenutzte Konfiguration erwiesen.
Seine besonderen Möglichkeiten zeigt das Duo aber, wenn man es zum Tablet aufklappt. Nun lassen sich zwei Apps nebeneinander nutzen: Links eine E-Mail-App, rechts eine To-do-Liste, oder links eine Sportübertragung und rechts die Statistiken dazu. Häufig genutzte Kombinationen lassen sich zum schnellen Wiederaufruf als Icon auf dem Startbildschirm ablegen.
Microsoft-Apps können das
Mit einer Wischgeste von unten kann man ein laufendes Programm auf den anderen Bildschirm verschieben. Das funktioniert ähnlich gut wie zwei Bildschirme an einem Desktop-Computer. Erst wenn man eine laufende App auf den Steg zwischen den beiden Bildschirmen schiebt, nimmt sie beide gleichzeitig ein.
Bei angepassten Apps, etwa Microsoft Outlook funktioniert das prächtig: Links die Order und eine Liste von Nachrichten, rechts die aktuell ausgewählte Mail. Bei Googles Gmail-App hingegen gelingt die Trennung nicht. Der Steg liegt dann mitten im Nachrichtentext. Videos will man erst gar nicht über beide Displays schauen. Für zwei angepasste Apps von Drittanbietern hat Microsoft die Icons vorinstalliert: TikTok und Kindle.
Zudem kann man Microsofts Edge-Browser auf dem Surface Duo zweimal starten und auf beiden Bildschirmen unterschiedliche Seiten anzeigen lassen. Die To-do-App kann mit Listen vom Browser durch Ziehen und Ablegen gefüllt werden. Aber Netflix oder YouTube beispielsweise kann man nur auf einem der beiden Bildschirme – und damit mit kleinem Bild – sinnvoll nutzen. Zieht man das Bild auf beide Displays, sieht man stets das breite Scharnier in der Mitte.


Schaut man Videos auf nur einem Bildschirm (links), ist das Bild entsprechend klein, zieht man es auf volle Größe auf, versperrt das Scharnier den Blick auf die Bildmitte
Was es alles nicht kann
Man braucht ein paar Tage, um sich an die beiden Bildschirme zu gewöhnen und sie sinnvoll zu nutzen. In dieser Zeit offenbaren sich dann auch die Schwächen des schönen Gerätes: In das schlanke Gehäuse passen keine großen Akkus und keine Induktionsschleife für drahtloses Laden. Ohne NFC taugt das Duo nicht für kontaktloses Zahlen. Der einzige Lautsprecher hat einen sehr dünnen Klang.
Und dann wäre da noch die Kamera, die Fotos zwar mit 11 Megapixel auflöst, aber sehr schlechte Bilder liefert. Für Webkonferenzen und Schnappschüsse bei ausreichender Beleuchtung taugt sie, muss sich ansonsten aber manchem Billighandy geschlagen geben. Vor allem ist die Bedienung sehr hakelig: Die Kamera startet stets im Selfie-Modus. Um sie in den normalen Fotomodus umzuschalten, muss man das Gehäuse schnell hin und her drehen, wobei der Sucher auf den anderen Bildschirm rüberspringt.
Microsoft verspricht Updates
Das Surface Duo ist sehr gut in das Microsoft-Ökosystem integriert. Apps wie Outlook, OneNote und Powerpoint nutzen die Möglichkeiten der zwei Bildschirmen gut aus. Googles Android-Betriebssystem wurde dafür nur sehr behutsam modifiziert.

Optional kann man auf dem Surface Duo auch mit einem Surface Pen (ab 110 Euro) zeichnen und schreiben
Foto: Volker WeberNoch läuft das Duo mit Android 10 und einem Sicherheitsupdate vom Januar. Bis zum Sommer will Microsoft den Entwicklungsprozess beschleunigen und auf Android 11 aktualisieren – Google wird dann schon Android 12 präsentiert haben. Vier größere Updates und Erweiterungen wurden seit der Markteinführung in den USA im Oktober 2020 geliefert. Microsoft verspricht, das Duo mindestens drei Jahre lang mit Updates zu versorgen.
Fazit
Es ist damit zu rechnen, dass Microsoft hier einen langen Atem beweist und dem Duo weitere Geräte hinterherschickt. Das Surface Pro hat sich auch erst in der dritten Generation etabliert. Der Prozessor im aktuellen Gerät ist ein Snapdragon 855, der 2019 in High-End-Smartphones debütierte. Trotz des hohen Preises muss man sich in der Standardausführung mit 128 Gigabyte (GB) Speicherplatz begnügen, der gegen 100 Euro Aufpreis verdoppelt wird. Den Mobilfunkstandard 5G bekommt man beim Duo aber auch gegen Zuzahlung nicht.
In den USA hat Microsoft den Nettopreis bereits um 400 auf knapp 1000 Dollar reduziert, während die Preise hier bei 1550 Euro für die kleinere Variante beginnen. Das ist zu viel Geld für ein wegweisendes Produkt mit eklatanten Schwächen.