Tablet-PC Deutsche Firma will dem iPad Konkurrenz machen
Kennen Sie neofonie? Nein? Kein Wunder, denn bisher ist das Berliner Unternehmen außerhalb der IT-Branche kaum bekannt. Doch das ändert sich jetzt dramatisch. Nachdem die Firma via Facebook auf einen geplanten Touchscreen-PC namens WePad auf sich aufmerksam gemacht hat, schaut plötzlich alle Welt auf das mittelständische Unternehmen mit seinen 170 Mitarbeitern.
Merkwürdig dabei: Auf der neofonie-Homepage ist vom WePad nichts zu sehen. Das liege daran, so zitiert das Handymagazin areamobile Firmensprecherin Valerie Grund, "dass die Seite gerade vollständig überarbeitet wird". Einen schlechteren Zeitpunkt für ein solches Homepage-Update hätte man sich wohl kaum aussuchen können. Denn so ist die einzige verbleibende Nachrichtenquelle über das WePad derzeit die Facebook-Seite von neofonie. Versuche von SPIEGEL ONLINE, am Nachmittag Kontakt mit dem Unternehmen aufzunehmen, liefen bis zum frühen Abend ins Leere. Was PR angeht, hätte das Unternehmen also noch einiges von Apple zu lernen.
Was die Technik angeht, wollen sich die Berliner dagegen offenbar nichts vormachen lassen. Mit 11,6 Zoll Diagonale soll der WePad-Bildschirm nicht nur ein wenig größer als der des iPad werden, er soll mit 1366 x 768 Bildpunkten auch eine höhere Auflösung als das Apple-Gerät liefern, das nur 1024 x 768 Pixel anzeigt. Schon die Wahl dieser Eckdaten lässt vermuten, dass das WePad aus Standardkomponenten aus dem PC-Bereich aufgebaut werden soll. Solche Displays etwa werden vielfach in Netbooks eingesetzt. Ähnlich verhält es sich mit dem 1,6 Gigahertz schnellen Intel-Prozessor, der das Gerät antreiben soll. Auch er ist ein Standardbauteil aus dem Sortiment der PC-Hersteller.
Netbook-Komponenten und Google-Software
In dieser Weise liest sich auch die weitere Ausstattungsliste, soweit sie bisher bekanntgeworden ist: USB-Anschluss, Speicherkartenleser und eine integrierte Webcam gehören ebenso zur Standardausstattung aktueller Mini-Notebooks. Davon abweichend soll das WePad allerdings mit einem kapazitiven Touchscreen ausgestattet sein. So wie auch das iPad soll es in Versionen mit 32 oder 64 GB Flash-Speicher verfügbar werden und sich auch per UMTS mit Mobilfunknetzen verbinden können.
Etwas verworren sind bislang noch die Angaben zu dem Betriebssystem, das neofonie auf dem WePad verwenden will. Laut areamobile handelt es sich dabei um ein Linux-Derivat, "auf das Android und eine eigene Nutzeroberfläche aufgesetzt sind". Ein solches System würde dem WePad-Nutzer zumindest Zugriff auf Googles Online-App-Store Marketplace geben, um sich mit Zusatzprogrammen auszustatten. Unklar ist dabei nur, inwieweit bestehende Android-Software kompatibel zu dem neuen Gerät mit seiner hohen Bildschirmauflösung ist.
Machen die Verlage mit?
Ein klarer Vorteil gegenüber dem iPad ist, dass das WePad Adobes Flash-Technik beherrschen soll, also all jene Multimedia-Inhalte anzeigen kann, die iPad-Usern verborgen bleiben werden, weil Apple sich weigert, Flash auf seinen Touchscreen-Rechner zu lassen. Die Rechnung dafür bekommen WePad-Nutzer allerdings in Form einer deutlich geringeren Akkulaufzeit zu spüren: Nur sechs Stunden soll das Gerät ohne Steckdose durchhalten, Apple verspricht für das iPad zehn.
Trotzdem hat sich neofonie offenbar zum Ziel gesetzt, dem iPad auf seinem Endspurt zur deutschen Markteinführung Ende April noch die Schau zu stehlen. Angeblich sollen die ersten Geräte noch vor den ersten iPads ausgeliefert werden. Und auch Verhandlungen mit Content-Partnern, die Inhalte für die Geräte produzieren sollen, seien schon in Vorbereitung, heißt es. Ein Programm namens WeMagazine soll Zeitungen und Magazine für den Bildschirm des WePad aufbereiten. Angeblich sind Verhandlungen mit mehreren Verlagen bereits im Gange. Denkbar ist das, da neofonie nach eigenem Bekunden bereits für verschiedene Verlage aktiv war.
Es dürfte spannend werden
Ob ein so unbekanntes Produkt mit so unsicheren Marktaussichten große Verlage dazu verführen kann, Geld in die Entwicklung angepasster Angebote zu investieren, ist allerdings fraglich. Und das umso mehr, als derzeit die ganze Medienbranche versucht, Angebote für Apples iPad aus dem Boden zu stampfen. Zudem hat neofonie bisher vollkommen im Unklaren gelassen, über welche Kanäle und zu welchem Preis das WePad angeboten werden soll. Billiger als das iPad soll es werden und auch über "untypische Vertriebspartner" verkauft werden, so neofonie-Geschäftsführer Helmut Höffer von Ankershoffen gegenüber areamobile.
Was das genau zu bedeuten hat, ist noch vollkommen unklar. Klar ist allerdings, dass mit neofonie und dem WePad vollkommen unerwartet ein neuer Player in den Ring steigt, sich anschickt, sich mit Apple einen Kampf David-gegen-Goliath zu liefern. Das dürfte spannend werden - wenn sich die Informationen bestätigen, die zum WePad bisher bekannt sind.