TV mit Internet Google guckt erst später aus der Röhre

Google TV: "Das Fernsehen bekommt eine Homepage"
Fernseher mit Google im System hätten das Highlight der CES werden sollen, das galt als ausgemachte Sache. Die riesige Messe für Unterhaltungselektronik, die Anfang Januar in Las Vegas das Hightech-Jahr einläutet, wäre genau der richtige Rahmen gewesen, um kräftig die Werbetrommel für das Fernsehen à la Google zu rühren. Etliche Gerätehersteller wollten ihre Interpretation eines Google-Fernsehers vorstellen. Doch nun, berichtet die " New York Times ", bittet der Internetkonzern um Zurückhaltung und fordert seine Hardware-Partner auf, ihre Neuvorstellungen vorläufig zurückzustellen.
Dabei war Google das Thema Fernsehen mit einigen guten Ideen und noch besseren Vorsätzen angegangen. Nicht weniger als die Verschmelzung von Internet und TV hatte sich der Konzern vorgenommen, als Google-Chef Eric Schmidt die TV-Pläne seiner Firma im Mai offiziell verkündete. TV-Programme und Web-Dienste sollten nahtlos zusammen genutzt werden können. Vom TV aus sollte man über die Sendung, die man gerade sieht, live Twittern, nahtlos zu YouTube wechseln oder sich mit Filmen aus Online-Videotheken versorgen können.
Im Mai hörte sich das noch großartig an. Schmidt versprach damals, die ersten Google-Fernseher würden im Herbst auf den Markt kommen. Natürlich - genau wie Google-Handys - nicht von Google selbst produziert, sondern von etablierten Geräteherstellern. Bald war von Sony die Rede und davon, dass Googles Web und TV verschmelzende Software nicht nur in TV-Geräten, sondern auch in Blu-ray-Playern und Settop-Boxen implementiert werden sollte.
Viel war davon bisher allerdings nicht zu sehen. Sony hatte seine Google-Fernseher gerade noch rechtzeitig für das lukrative Weihnachtsgeschäft in den US-Handel geschoben. Als einziger Zubehörhersteller brachte Logitech seine Google-TV-Box Revue rechtzeitig an den Start.
Viele US-Sender blockieren Google TV
Genützt hat das Google wenig. Kaum waren die Geräte verfügbar, hagelte es negative - oder zumindest wenig beeindruckte - Kritiken. Die Software sei offenbar noch nicht ausgereift, urteilte beispielsweise Cnet. Auch die Rezensenten von "New York Times" und "Wall Street Journal" waren alles andere als begeistert, was zwar kein Todesurteil ist, in den USA aber deutliche Auswirkungen auf das Kaufverhalten vieler potentieller Interessenten gehabt haben dürfte.
Und auch die Inhalteanbieter machen es Google nicht leicht. Ein Argument, mit dem Google sein System bewirbt, ist dessen integrierte Suchfunktion nach TV-Serien. Direkt von den Webseiten der jeweiligen TV-Studios sollen sich Serien-Junkies aktuelle Folgen ihrer Lieblings-Soap-Operas anschauen können, unabhängig von Sendezeiten und ohne Werbepause. Die Sender selbst bieten diesen Service längst auf ihren Webseiten an.
Trotzdem blockieren die großen US-Networks ABC, NBC, CBS und Fox den Zugang zu ihren Webangeboten für Google-TV-Nutzer. Sie befürchten, Googles Angebot werde TV-Nutzer dazu bringen, sich TV-Serien lieber online anzuschauen statt im regulären Fernsehen. Das Resultat wären sinkende Werbeumsätze, für die Google offenbar noch keine Kompensation, kein alternatives Geschäftsmodell anbieten kann. Verhandlungen mit TV-Sendern sind es auch, die als Argument dafür genannt wurden, dass Google TV außerhalb der USA erst später starten kann.
Wer macht mit, wer nicht?
Dass Google aufgrund der anhaltend schlechten Bewertungen und des Widerstands der Sender nun die Notbremse zieht, dürfte etliche Schwergewichte der TV-Branche vor den Kopf stoßen. Toshiba, Sharp, LG Electronics und vermutlich etliche andere hatten sich darauf vorbereitet, ihre Google-versorgten Fernseher groß in Las Vegas zu präsentieren - und stehen jetzt möglicherweise ohne echte Highlights da.
Für Google allerdings sei ein solches Verhalten, eine derart schnelle Planänderung nicht ungewöhnlich, erklärt der Forrester-Analyst James L. McQuivey der "New York Times". Google sei als Firma nicht sonderlich freundlich zu seinen Partnern, sagt McQuivey.
Deren Reaktionen auf Googles Bremse fallen unterschiedlich aus. Toshiba etwa erklärte bereits, zumindest auf der CES noch keine Google-TV-Produkte zeigen zu wollen. Man werde "das richtige Produkt zur richtigen Zeit bringen", sagte Toshiba-Manager Jeff Barney. Samsung hingegen scheint der "New York Times" zufolge der einzige große Konzern zu sein, der an seinen Plänen für Google-TV-Geräte auf der CES festhält.
Wo ist der Mehrwert?
Offiziell allerdings haben sich bisher weder Google noch Samsung zu dem Zeitungsbericht geäußert. Man äußere sich nicht zu Spekulationen und Gerüchten über nicht angekündigte Produkte, so eine Google-Sprecherin gegenüber der "New York Times". Sollten die Meldungen allerdings bestätigt werden, wäre dies bereits der zweite große Rückschlag für Google in diesem Jahr. Auch das für 2010 angekündigte PC-Betriebssystem Chrome OS hat der Konzern bereits auf kommendes Jahr verschoben. Sollte das nun tatsächlich auch auf Google TV zutreffen, so Analyst McQuivey, könnte sich dessen breite Einführung in den Markt um bis zu ein Jahr verzögern.
Deutsche Google-Fans würden dann sogar noch länger warten müssen. Ob sich diese Geduld lohnen würde, ist eine andere Frage. Schließlich müsste Google hierzulande Partner finden, die ähnlich attraktive Leihfilmangebote führen wie Netflix und Hulu in den USA. Ohne einen solchen Zusatznutzen böten teure, weil auf PC-Technik basierende Google-Fernseher kaum einen Zusatznutzen gegenüber herkömmlichen vernetzten Multimediaplayern - von denen Interessenten schon jetzt etliche günstige Modelle zur Auswahl stehen.