
Strategiespiel-Klassiker: So sah "Age of Empires II" aus
"Age of Empires II" wiederentdeckt Eistee, Chips und fränkische Axtwerfer
Eigentlich lässt sich dieses Spiel nicht ohne einen Zwei-Liter-Pfirsich-Eistee, ohne Chips und Tiefkühlpizza spielen. Es fühlt sich grundfalsch an, "Age of Empires II" in einem Großraumbüro zu spielen, am hellichten Tage, während die Kollegen um einen herum Meldungen schreiben, recherchieren oder anderen Erwachsenendingen nachgehen. Ich mache es trotzdem, weil ich über ein Lieblingsspiel von früher schreiben soll.
"Age of Empires II", das muss in einem abgedunkelten Jugendzimmer gespielt werden. Auf einem Röhrenmonitor, der Schulhefte und schlechte Zeugnisse auf den Teppichboden verdrängt. Man muss nach der sechsten Stunde (Erdkunde oder Bio) anfangen, am frühen Nachmittag. Später noch die Eltern abwimmeln, die gemeinsam abendessen wollen. Keine Zeit dafür!
Denn es müssen Felder bestellt, Holz gehackt, Stein und Gold eingesammelt werden. Dazu wollen Attacken des Computergegners abgewehrt werden. Die Briten mit ihren Langbögen, die Chinesen mit ihren Chu Ko Nu und natürlich die fränkischen Axtwerfer.
Spät nachts, wenn alle Familienmitglieder im Haushalt schlafen, verteidigt man sein Weltwunder gegen imperialzeitalterliche Byzantiner, Wikinger oder Hunnen.
"Geil", immer noch
"Age of Empires", die Strategiespielereihe von Microsoft, hat einige Ableger, doch für viele Fans ist der zweite Teil "The Age of Kings" der wohl beste. 1999 wurde er erstmals veröffentlicht und wenn man heute im Kollegenkreis erzählt, dass man diesen Spieleklassiker noch einmal testet, dann gibt es immer Leute, die einen glänzenden Blick bekommen und sagen: "geil."

Strategiespiel-Klassiker: So sah "Age of Empires II" aus
Wer wie ich den Sprung von den Games der Kindheit in die Welt von "Mass Effect", "Battlefield" und Co. nicht geschafft hat und mittlerweile ohnehin nur noch selten zockt, den stört die pixelige Grafik gar nicht so sehr. Die vertrauten Sounds der Dorfbewohner, das "Sie werden angegriffen"-Signal und "Das Haus ist fertiggebaut"-Trommelgeräusch überlagern die Sinne.
Es ist erstaunlich, wie schnell "Age of Empires II" mich in seinen Bann zieht, auch nach vielen Jahren Pause. Die erste Stunde verfliegt, für die Kollegen bin ich kaum ansprechbar, immer wieder hören sie ein gemurmeltes "fantastisch", "Ach ja, so war das" oder nur "großartiges Spiel". Schon beim epischen Schachspiel-Intro der beiden Könige kommt der erste Flashback - und es hört nicht auf.
Schafe in der Schlacht
Der Hafen, die Burg, der Marktplatz, die Schmiede: Alles ist noch da. Leider auch die Warnungen, dass keine Einheiten mehr produziert werden können. Oder die nutzlosen Schafe, die man zusammen mit den angsteinflößenden Kriegern markiert, was natürlich erst in der Schlacht auffällt.
Nun ja: Nicht jeder ist ein Strategiespiel-Ass.
Mir fällt ein, was es früher alles auf dem Strategiespielemarkt gab: "Civilization" (nie gespielt), "Empire Earth" (kam erst später auf den Markt, auch sehr stark), die "Anno"-Reihe (zu wenig Action).
Jeder dieser Titel hatte seine Anhängerschaft, doch mit keinem konnten scheinbar alle so viel anfangen wie mit "Age of Empires II". Auf das Spiel konnten sich bei uns früher acht von acht LAN-Party-Besucher einigen, zumindest als Pause nach fünf Stunden "Counter-Strike".
Über die richtigen Strategien kann man sich streiten, ich war bei den Kämpfen mit menschlichen Gegnern nie vorne mit dabei. Okay, okay, ein Euphemismus: Ich war immer der schlechteste. Das lag aber daran, dass ich nie gern kämpfte.
Schwierigkeit: sehr leicht
"Age of Empires II" spielen lief bei mir normalerweise so ab: "Einzelspieler", "Auf Leben und Tod", und dann folgende Einstellungen: Schwierigkeit: sehr leicht, andere Spieler: 1, Kartentyp: Inseln, Kartengröße: riesig, Bevölkerung: 200.
Und dann: schnell einmauern, Bäume fällen, Steine klopfen, Gold schürfen. Die Upgrades in der Schmiede oder anderswo ausbauen, in den Zeiten aufsteigen, noch mehr Rohstoffe einfahren. Kriegerische Auseinandersetzungen? Nein, danke.
Diese Spielweise hat etwas Repetitives, Beruhigendes. Und man muss sich so auch nicht über die künstliche Intelligenz aufregen, wenn die Armee-Formationen an engen Gassen zwischen zwei Wäldern scheitern, oder wenn Fähren einmal um die ganze Insel fahren, um Einheiten aufzusammeln.
Der Nachteil: Ein Spiel dauert sehr lange. Der Computergegner nimmt im Grunde nicht am Spiel teil - dennoch dauert es Stunden, bis alle Rohstoffe der Karte eingesammelt sind.
Die Zeit verfliegt
Völlig erschöpft, manchmal auch genervt, beendete ich meine Partien irgendwann, die Statistiken waren natürlich überragend (außer bei den Reliquien, wer sammelt denn bitte schön Reliquien?). Die Schulsachen wurden zusammengesammelt, in den Ranzen gepackt und der Rechner ausgestellt.
Und auch heute, rund 17 Jahre später, verfliegt die Zeit. Als der Blick nach acht Stunden hochgeht, ist die Spätschicht schon da und ich frage mich, ob ich mich von der Frühschicht verabschiedet habe.
Vielleicht war das heute mein letztes Mal "Age of Empires II". Aber es hat sich gelohnt.