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Angespielt: "Crysis 3"

Foto: Electronic Arts

"Crysis 3" Leere im Inneren des Anzugs

"Crysis 3" ist der vorläufig letzte große Hochglanz-Shooter des deutschen Studios Crytek, eine Multimillionen-Euro-Produktion. Technisch und grafisch ist das Spiel wie seine Vorgänger über jeden Verdacht erhaben. Das Problem liegt anderswo.

"Oh mein Gott, sie wollen New York zerstören. Totale. Orbitale. Vernichtung." Wollte man die Geschichte von "Crysis 3" zusammenfassen, so genügt dieses Zitat. Unterhalb von Weltuntergang und Außerirdischen geht's in diesem Ego-Shooter nicht. Mal wieder. Aber eigentlich ist das nebensächlich. In "Crysis 3" geht es, wie schon in den Vorgänger-Versionen, hauptsächlich um einen Anzug, einen Kampfanzug, vollgestopft mit Technik. Darin steckt ein Prophet genannter Mensch, der New York vor der - man ahnt es - totalen orbitalen Vernichtung bewahren soll. Dabei wird er ziemlich oft "Scheiße" rufen, dem Alienboss sagen, dass er, Prophet, viel stärker ist als das Tentakelwesen aus dem Wurmloch und ihn am Ende wohl besiegen. Ich habe kurz vor Schluss aufgegeben. Es hat mich nicht mehr interessiert, wie es weitergeht mit Prophet und seiner Welt.

Dabei lässt sich alles so schön an: Das Frankfurter Entwicklerstudio Crytek hat eine Vision eines zerstörten New Yorks geschaffen, die technisch und grafisch über alle Zweifel erhaben ist. Häuser, die fast organisch mit Bäumen verwachsen scheinen, zerstörte Gebiete, die zu Parks und Wiesen geworden sind und weite Wasserlandschaften, aus denen Ruinen ragen. Die Reste der Brooklyn Bridge oder des Columbus Circle erinnern an das New York von heute. Detailreich und fast lebendig wirkend. Weshalb man sich immer wieder fragt, warum sich bei Crytek eigentlich niemand gefunden hat, der sich bei der Geschichte die gleiche Mühe geben wollte wie bei der Technik.

Da gibt es einen unterdrückerischen Konzern, der mit Hilfe von Alienenergie New York gleichzeitig am Leben hält und unterdrückt. Es gibt eine Widerstandsbewegung und dann gibt es noch die Aliens. Und keine dieser Fraktionen ist auch nur andeutungsweise originell oder gar mit interessanten Charakteren ausgestattet.

Wie schön wäre es, hier wirklich etwas zu wollen

So laufe ich durch die Ruinen von New York, bleibe immer wieder stehen und bewundere die Aussicht. Schieße auf Aliens und Söldner, mache mich mit Hilfe des Kampfanzugs unverwundbar oder unsichtbar und meistere die Benutzung des Bogens immer besser. Schleiche mich an Feinde an und erlege sie aus dem Hinterhalt. Ich versuche mir vorzustellen, wie großartig es sein könnte, hier eine tatsächliche Aufgabe zu haben, hier wirklich etwas zu wollen. Und nicht nur die Leere im Inneren des Anzugs zu spielen.

Das heute in Frankfurt ansässige Unternehmen Crytek, das für "Crysis 3" und seine Vorgänger-Versionen verantwortlich ist, wird vorerst keine weiteren Hochglanz-Shooter dieser Art mehr produzieren - aber nicht aus Zweifel am Genre oder gar aus mangelndem Erfolg. Im Gegenteil - "Crysis 2" gewann sogar den Deutschen Computerspielpreis, die beiden ersten Titel der Reihe verkauften sich zusammengenommen viele Millionen Mal. Die drei Yerli-Brüder, die das Unternehmen gegründet haben und leiten, wollen künftig aber auf andere, eher am sozialen miteinander von Facebook orientierte Spielmechanismen setzen. Ihre Plattform Warface soll Spieler in einer Art Shooter-Netzwerk miteinander verbinden - und zunächst einmal völlig kostenfrei nutzbar sein.

Das sagen die anderen: Technisch und grafisch sind sich die meisten Kritiker einig: Es gibt wenige Spiele, die bei "Crysis 3" mithalten können. Bemängelt wird dabei aber von vielen ein einfallsloses Gameplay, die nicht immer gelungene künstliche Intelligenz der Gegner und eine langweilige Geschichte.

"Crysis 3" von Electronic Arts, für PC, Xbox 360 und Playstation 3, ab 50 Euro; USK: Ab 18 Jahren

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