
Fotostrecke: Wie eine geölte Maschine
Actionspiel "Battlefield V" Ist Krieg gleich Krieg?
Das neue "Battlefield V" macht sich - wie schon ältere Serienteile - den Zweiten Weltkrieg zur Kulisse. Ging es in "Battlefield 1" von 2016 zuletzt noch um den Ersten Weltkrieg, verlässt der Spieler nun wieder die Schützengräben und betritt eine Spielwelt, die - ja, was eigentlich?
Ein neues "Battlefield" zu bewerten, ist keine leichte Aufgabe. Wo liegt der Fokus? Auf dem Setting? Auf dem Versuch, historische Schlachten spielbar zu machen - womöglich sogar Geschichte zu vermitteln? Auf der Atmosphäre, die durch Grafik, Sound und abwechslungsreiche Karten hergestellt wird? Oder auf den Mechaniken, die unter all dem liegen? Wie wichtig ist die Balance der verschiedenen Waffen oder das Gefühl, wenn man den Abzug betätigt?
Bekannt gut
Die meisten "Battlefield"-Spieler dürfte vornehmlich eine Frage interessieren: Was hat sich verändert? Die Antwort darauf lautet: nicht viel. Und das ist auch nicht notwendig. Denn die Mechaniken des Spiels funktionieren wie eine geölte Maschine. "Battlefield V" ist eine stringente Fortführung dessen, was der Spieler aus dem Vorgänger kennt.
Stringent deshalb, weil der Zweite Weltkrieg selbstverständlich andere Waffen, Panzer, Flugzeuge oder Geschütze mit sich bringt, die sich auch alle anders spielen. Dadurch ist der aktuelle Teil etwas weniger behäbig als "Battlefield 1" - die Waffen sind schneller. Wieder stehen sich im Multiplayer 64 Spieler gegenüber - aufgeteilt in zwei Teams - die sich in Modi wie "Conquest" messen müssen. In "Conquest" gilt es etwa, Stützpunkte auf einem ausladenden Spielfeld einzunehmen und dann zu halten.
Dieses geringe Maß an Veränderung könnte ein Kritikpunkt sein. Doch Fans der Reihe bekommen eben genau das, was sie gern spielen. Wobei die größte Neuerung, ein sogenannter "Battle Royale"-Modus, noch aussteht. Dieser soll im März nachgeliefert werden. Eine weitere Neuerung, die durchaus von "Fortnite" abgeschaut sein könnte, ist die Möglichkeit des Spielers zu bauen. So kann er etwa auf Knopfdruck Sandsäcke stapeln, um sich und den Mitspielern Schutz zu bieten.

Vor allem Action: Weltkrieg in Videospielen
Wummernde Atmosphäre
Kaum etwas ist in "Battlefield V" so beeindruckend wie der Klang. Besonders wenn man Kopfhörer trägt, kann dieser einen geradezu erschüttern. Diese Mischung aus donnernden Einschlägen, pfeifenden Kugeln, knatternden Motoren und den Schreien von Verletzten - diese Klangkulisse ist es wohl, die ein Annähern an den Zweiten Weltkrieg ansatzweise ermöglichen könnte. Denn zu dieser Atmosphäre gehört das "Weiter, weiter!", das einen antreibt. Diese unmenschliche Hetze des Krieges. Der Sound hinterlässt mehr Eindruck als jede seiner Geschichten, als jeder Sieg oder Verlust.
Die Grafik trägt zu diesem Erleben bei, mit Lichtstimmungen oder Partikel-Effekten, die die Karten ausschmücken, die freilich verschiedene Schlachten des Zweiten Weltkriegs nachstellen sollen. Atmosphärisch bietet "Battlefield V" unglaublich viel. Doch es bleibt die Frage, ob es für dieses Erlebnis wirklich den Zweiten Weltkrieg, diesen besonders unmenschlichen Vernichtungskrieg, als Kulisse gebraucht hätte.
Geschichte der großen Momente
Im Singleplayer, in den sogenannten Kriegsgeschichten, werden Schicksale von Menschen erzählt, die selten Erwähnung finden. Dabei geht es etwa um eine norwegische Widerstandskämpferin, was im Vorfeld der Veröffentlichung ob der weiblichen Protagonistin für Aufruhr sorgte. Oder um Kolonialtruppen aus Afrika, die für die französische Armee kämpfen müssen.
Es sind löbliche Versuche, die große Erzählung vom Krieg aufzubrechen, die Entwickler versuchen, marginalisierten Menschen eine Stimme zu geben. Bisher beschränkt sich der Singeplayer-Modus allerdings auf einen kurzen Prolog und drei solcher Geschichten. Zum Ende des Jahres soll noch eine vierte hinzukommen, in der der Spieler die Besatzung eines deutschen Panzers kurz vor Kriegsende steuert.

Fotostrecke: Wie eine geölte Maschine
Geschichte als nacherzählte Vergangenheit kann nicht objektiv sein. Sie besteht immer aus unendlich vielen Perspektiven, Erlebnissen und auch Nutzbarmachungen. "Battlefield V" aber hat eine Vorannahme: So ein Krieg bringt große Momente hervor. Genau dieser Satz fällt im Intro. Es ist eine Annahme, ohne die vor allem der Singleplayer-Modus nicht funktionierten kann: Bei allem, was grausam am Krieg ist, er bringt auch gute Seiten des Menschen hervor. Und so lässt das Spiel den Spieler vor allem diese großen, die guten Momente nachspielen.
Der Holocaust wird ausgespart
Kleine, eindrückliche Erlebnisse finden sich eher in den Multiplayer-Partien: Wenn der Spieler von einem Teammitglied wiederbelebt wird. Wenn er in den Panzer steigt, der von einem anderen Spieler gesteuert wird, aus dem Guckloch schaut und darauf vertraut, dass dieser Fremde, den Panzer richtig steuern wird.
Es sind diese Momente, die einen Fragen ausblenden lassen wie die, ob es wirklich richtig ist, hier im Multiplayer auch auf Seiten der Deutschen zu kämpfen (wobei keine Hakenkreuze gezeigt werden). An Mechanik und Narration des Spiels ändert die Kulisse des Zweiten Weltkriegs fast nichts. Ob nun dieser Krieg oder ein anderer - es spielt sich gleich.
Der Holocaust übrigens wird in "Battlefield V" wie in vielen anderen Weltkriegs-Games vollkommen ausgespart - jegliche Schrecken der simulierten Zeit will das Spiel dann doch nicht abbilden.
"Battlefield V" von Electronic Arts, für PC, Xbox One und Playstation 4; ab 20. November 2018