Fotostrecke

"Inside"

Foto: Playdead

Computerspiel "Inside" Retten Sie diesen Jungen

Der Tod ist ein ständiger Begleiter in "Inside". Mal kommt er als Wachhund, mal als Schallwelle. Er ist Warnung und Wegweiser in diesem düsteren Spiel, das ohne Worte viele Geschichten erzählt.

Hinweis: In diesem Text sind Stellen, die als Spoiler aufgefasst werden können.

"Inside" ist das zweite Spiel des kleinen dänischen Studios Playdead. Das erste Spiel "Limbo" war ein Überraschungserfolg, überzeugte Spieler und Kritiker und wurde mit Preisen überhäuft.

"Limbo" war nicht nur spielerisch, sondern auch ästhetisch herausragend. Monochrom mit wenigen Details aber einer starken Stilisierung setzte es sich von anderen Spielen ab und war damit eine Art Blaupause für "Inside". Und der Nachfolger ist noch besser. Nicht nur, weil es bleiche Farbmomente in die Grafik bringt, die eine morbide Umgebung noch unheimlicher machen. Es ist das Werk eines Studios, das seine Werkzeuge meisterhaft beherrscht, ausgearbeitet, fehlerfrei, aus einem Guss.

Das Spielprinzip ist schnell erklärt: Ein kleiner Junge wird seitwärts durch die Level gesteuert, manchmal geht es darum, Fallen und Verfolgern auszuweichen, manchmal müssen Puzzles gelöst werden, manchmal wird beides kombiniert. Wer scheitert, sieht den Jungen sterben, oft grausam. Weiter geht es beim letzten Speicherpunkt, der nie weit zurück liegt. Das Sterben gibt Hinweise auf die Lösung der Rätsel, zeigt, wie man es schaffen kann. "Inside" verbindet Logik mit Reaktion und dem richtigen Timing. Immer perfekt abgestimmt, immer so, dass man es schaffen kann, gerade so, im letzten Moment.

Das Menschenbild von "Inside" ist niederschmetternd

Das Sterben bringt allerdings auch immer eine wichtige, eine drängende Note ins Spiel. Wenn Hunde den Jungen verfolgen, will man es schaffen. Wenn Verfolger mit Lieferwagen ankommen und mit Taschenlampen die Gegend absuchen, will man den Jungen an ihnen vorbei lotsen. Wie kaum ein anderes Spiel lässt "Inside" Spieler hoffen und zittern und schließlich tief durchatmen, wenn sie eine Hürde geschafft haben. Das Spiel nimmt viele Leben und macht dabei den Tod doch bedeutsam.

Von Beginn an wird das Spiel immer bizarrer, driftet in Albträume ab, die die Welt buchstäblich auf den Kopf stellen und nutzt das, um gleich noch neue Spielideen einzuführen, Puzzles sinnvoll-absurd weiterzudenken. "Inside" hat dabei keine Erzählung, die allgemeingültig ist, es arbeitet mit Bildern und Stimmungen, um im Kopf des Spielers zu wirken. Das Spiel verliert keine Worte, verrät keine Motive, nimmt keine Stellung zu Ideologien und Ideen. Eigentlich. Gleichzeitig aber ist es voller Andeutungen, voller Bilder, die man für sich deuten kann und die sich mit dem verbinden, was man über die Grausamkeiten der Welt gelernt hat.

Schon am Anfang schafft es "Inside" mit einem einfachen Lastwagen, in dessen offenen Container man noch Menschen sieht, Assoziationen zwischen Flucht, Deportation und Tod im Laster zu erwecken und vor allem mit Gefühlen zu füllen. Jeder Level, jedes Bild, jeder Ton, jede Stille in "Inside" ist aufgeladen mit Bedeutung. Das Spiel schafft es, Bilder von Krieg, Vernichtung, Unterdrückung zu erzeugen. Man meint, Spuren von "1984" zu finden, von Konzentrationslagern, toten Flüchtlingskindern am Strand, Menschenversuchen.

Das Menschenbild von "Inside" ist niederschmetternd, Grausamkeit siegt, die Flucht aus all dem Bösen scheint hoffnungslos. Bis das Spiel kurz vor Schluss in einem letzten Aufbäumen zur Groteske wird, es sich in einem bizarren Akt gegen die Unmenschlichkeit aufbäumt, um schließlich Ruhe zu finden.


"Inside" von Playdead , für Xbox One und PC, Download für 19,99 Euro

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten