Action-Game »Deathloop« Und täglich grüßt die Todesinsel

Screenshot einer Spielszene: Manchmal trifft man in diesem Game auch sich selbst
Foto: ArkaneAlso noch mal von vorn. Colt Vahn wacht an einem einsamen Strand auf, eine leere Flasche neben sich. Er richtet sich seufzend auf und wankt in einen neuen Tag. Oder besser gesagt: in denselben Tag wie gestern. Wieder wird er neue Fähigkeiten und Waffen suchen. Wieder wird er Rätsel lösen, wieder wird er versuchen, Visionäre zu töten und so eine Zeitschleife zu durchbrechen. Und sehr wahrscheinlich wird er bald wieder an diesem Strand liegen, mit einer leeren Flasche neben sich. Er hat es wieder nicht geschafft. Aber dann heute!
»Deathloop« ist das neueste Spiel von Arkane, einem Studio im französischen Lyon. Das hat mit den beiden »Dishonored«-Spielen schon gezeigt, wie man fantastische Welten mit spannendem Gameplay verbindet. »Deathloop« perfektioniert diesen Ansatz, der in einer Tradition von Spielen wie »Thief«, »Deus Ex«, »Bioshock« und »Half Life 2« steht. Actionspiele, die mehr sein wollen als nur Geballer, die komplex sind – sowohl im Gameplay als auch in der Geschichte.

»Deathloop<<<
Blackreef heißt die Insel, die im Zeitloop gefangen ist. Die Insel ist voller schroffer Felsen, umgeben von einem kalten – und sehr tödlichen – Meer. Auf ihr finden sich Siedlungen, Bunkeranlagen, eine Forschungsstation. Architektur, die wirkt, als wäre irgendwann einmal ein Schiff mit Kulissen für einen James-Bond-Film aus den Sechzigerjahren gestrandet und als wären daraus Orte wie Updall oder Karlsbucht entstanden. Alte Gemäuer sind es, die teilweise eine bunte Sixties-Optik übergezogen bekommen haben, ein quietschbunter Kaugummiladen in einem düsteren Geschäftshaus, Live-Action-Spiele auf einer Felsnadel am Meer. Und dann ist da noch der Loop, ein riesiges rostiges Auge, das über der Insel thront. In »Deathloop« kollidieren Welten.
Das gilt auch für die wenigen Menschen, die dort wohnen. Sie sind unterteilt in Eternalisten und Visionäre. Die acht Visionäre sind reiche Individualisten, die Eternalisten das Fußvolk, maskentragend und unauffällig. Lediglich dafür da, den extravaganten Wünschen der obersten Acht ein Publikum zu geben. Die wiederum tun alles dafür, die Welt so zu erhalten, wie sie ist. Als ihren Spielplatz gefangen in der Zeit, Veränderungen ablehnend. Es liegt nahe, darin Seitenhiebe auf raumfahrende Superreiche und ihre Zufriedenheit mit dem jetzigen Zustand zu erkennen.
Blackreef ist in vier Gebiete unterteilt, der Tag in vier Zeiteinheiten. Jedes Gebiet sieht zu jeder Tageszeit anders aus. Vom sonnigen Morgen zu einem frostigen und schneebringenden Abend verändert sich nicht nur das Wetter, sondern auch die Umgebung. Einsetzende Ebbe legt Gebiete frei, manche Häuser sind nur zu bestimmten Zeiten zu betreten. Nach und nach entschlüsselt sich eine Welt, die miteinander verzahnt ist, aufeinander aufbaut. Die Insel ist keine Kulisse, sondern ein extrem wichtiges Spielelement.
Anders als in den früheren Spielen von Arkane, also »Dishonored« oder auch »Prey«, lässt das Studio Spielern viel mehr Freiheiten. Während man sich in den anderen Titeln leicht auf eine Spielweise festlegt, kann man hier jeden Durchlauf, jeden Besuch anders gestalten und versuchen, andere Fähigkeiten einzusetzen. Die sind essenziell in einem Spiel, bei dem man in direkten Schießereien immer wieder an seine Grenzen kommt.
Teleport beispielsweise versetzt Colt Vahn um ein paar Meter, Nexus koppelt Gegner aneinander, sodass ein tödlicher Angriff auf eine Figur die mit ihr verbundenen Figuren ebenfalls trifft. Colt Vahn kann sich unsichtbar machen oder Geräte hacken. Je mehr die Fähigkeiten entwickelt werden, desto vielfältiger sind die Möglichkeiten. Das ist nicht überfrachtet, im Gegenteil: »Deathloop« ist großartig darin, genau so viel Werkzeuge zu geben wie nötig und den Rest der Fantasie zu überlassen.
So erlebt Vahn jeden Tag wieder von vorn und gestaltet ihn doch immer wieder anders. Geht zu anderen Zeiten an dieselben Orte, wählt neue Waffen und Fähigkeiten. Und erlebt ein Spiel, das wunderbar dynamisch ist, das in kurzer Zeit von einem Schleichspiel zu einem Action-Fest werden kann. Wunderschöne Welten erzeugen hier eigene Geschichten, und immer wieder werden die Tiefen des menschlichen Seins ausgelotet. Und trotzdem schafft es das Spiel, all das mit einem wunderbar leichten Ton zu erzählen.
»Deathloop« von Arkane, für PC und Playstation 5 ab ca. 60 Euro; USK: ab 18 Jahren