
Strategiespiel-Klassiker: So sah "Die Siedler III" aus
"Die Siedler III" wiederentdeckt Erobern wie im Jahr 1998
Wenn man sich nach vielen Jahren wiedersieht, muss man sich neu aneinander gewöhnen. Auch wenn man früher ganze Nachmittage, Nächte, ja Wochenenden miteinander verbracht hat: Nach so vielen Jahren ist der Neuanfang mühsam.
Diese Erfahrung musste ich machen, als ich einen alten Freund meiner frühen Jugend wiedergetroffen habe. Keinen Menschen, ein Computerspiel. Und richtig getroffen haben wir uns auch nicht, ich habe die alte CD-Rom in einer Schublade gefunden. Die Rede ist von "Siedler III", einem Aufbau- und Strategiespiel, das 1998 auf den Markt kam und das für mich und meine Freunde jahrelang eines der Computerspiele war, die man auf jeden Fall haben musste, wenn man auf eine LAN-Party wollte.
Zunächst ist es vor allem das Spiel, das Probleme hat, sich an mich beziehungsweise an meinen Computer zu gewöhnen. Windows 10? Ein HD-Bildschirm? Das kennt es nicht. Als "Die Siedler III" entwickelt wurde, kam gerade erst Windows 98 auf den Markt.
Hilfe aus der "Siedler III"-Community
Mithilfe der nach wie vor beachtlichen "Siedler III"-Community und einigem Herumklicken in Blogs und Foren schaffe ich es aber, das Spiel zu starten. Richtig rund läuft es aber nicht: Die Musik setzt nach dem ersten Lied aus und ich habe einen kleinen Grafikfehler am oberen Bildrand. Irgendwie uncool. Anderseits habe ich keine Zeit, mich mit Kleinigkeiten aufzuhalten: Das Spiel beginnt, ich muss jetzt einen Steinbruch bauen.
"Siedler III" war seinerzeit der Nachfolger von "Siedler II" und für mich damals eine echte Offenbarung. Ich war begeistert von dem einfachen Multiplayermodus, den Gestaltungsmöglichkeiten und der Grafik (damals dachte ich, das sei echtes 3D). Hinzu kam, dass es drei verschiedene Kampagnen vergab, je eine pro Siedler-Volk. Man konnte wählen zwischen Asiaten, Ägyptern und Römern.

Strategiespiel-Klassiker: So sah "Die Siedler III" aus
Wie detailliert die jeweiligen Figuren und Gebäude trotz geringer grafischer Mittel gestaltet wurden, ist auch aus heutiger Sicht beeindruckend. Jeder meiner Freunde hatte ein Spezialvolk und wusste genau, wie er sein Land besiedeln musste, um den unterschiedlichen Anforderungen möglichst schnell gerecht zu werden.
Wie war noch mal die Aufbaustrategie?
Mein Spezialvolk waren die Römer und meine Wiederentdeckung beginne ich natürlich mit ihnen. Nur die Aufbaustrategie, die ich einmal im Schlaf beherrschte, will mir nun partout nicht mehr einfallen. Wie viele Holzfäller braucht man pro Sägewerk? Was ist der richtige Zeitpunkt, um eine Getreidefarm zu bauen? Der Warenkreislauf bei "Siedler III" ist ganz schön kompliziert, will aber genau eingehalten werden.
Irgendwann habe ich alle wichtigen Gebäude in Auftrag gegeben und kann verschnaufen. Fasziniert schaue ich den kleinen Männchen beim Wuseln zu und verfolge den Weg einzelner Waren an ihren Bestimmungsort. Die Liebe zum Detail fasziniert.
Dieses liebevolle Design ist es, was die "Siedler"-Spiele noch heute von vielen Aufbau- und Strategiespielen unterscheidet. Dieses einstige Alleinstellungsmerkmal ist nach der Ansicht mancher Fans mit dem Verkauf von BlueByte 2001 an Ubisoft aber verlorengegangen. Welchen Einfluss der Verkauf tatsächlich hatte, ist schwer zu beurteilen, doch in meinem Freundeskreis fanden die Versionen ab "Siedler IV" wenig Anklang.
Mittlerweile wurde aus der "Siedler"-Reihe übrigens ein kostenloses Browserspiel. Das mag kommerziell erfolgreich sein - eine Alternative zu den wuseligen kleinen Männchen in der Uralt-Grafik ist es, zumindest für mich, aber nicht.
Trotz alter Grafik: Das Spiel fesselt
Denn trotz der überholten Optik kann "Siedler III" noch immer fesseln. Ich habe inzwischen Gold, Eisen und Kohle gefunden und arbeite fleißig daran, mir eine Armee aufzubauen. Aber das dauert. Als es endlich so weit ist, greife ich an. Der Gegner hat keine Chance: Reihenweise verabschieden sich seine Soldaten mit dem typischen "Aaaa-ha" in farbige Wölkchen.
Es gibt ein kurzes Gefecht mit der Armee des Gegners und anschließend dauert es ewig, alle Türme zu erobern, bis endlich das Dunkel hinter den Grenzen meines Landes verschwindet. Die komplette Karte wird sichtbar - ich habe gewonnen.

Fotostrecke: Diese Spielestädte bleiben in Erinnerung
Sofort ist es wieder da, das typische "Siedler"-Sieg-Gefühl: Der kurzen Freude über den Erfolg, der ohnehin seit 20 Minuten absehbar war, folgt die Wehmut, die Welt, die man seit Stunden aufgebaut hat, nun zu verlassen. Theoretisch kann man zwar weiterspielen, aber ohne Gegner fehlt doch etwas der Reiz.
Als ich mich von meinen Siedlern verabschiede, bemerke ich, dass ich seit Stunden am Schreibtisch sitze. Draußen ist es dunkel, ich habe nichts gegessen und müsste dringend mal auf die Toilette. Nicht die schönste Situation der Welt - aber diese Jugendmomente habe ich doch mehr vermisst, als ich dachte.