Datenschutzgrundverordnung Das bedeuten die neuen Regeln fürs Fotografieren

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) wirft bei Fotografen noch viele Fragen auf: Was darf man nicht mehr fotografieren? Darf man die Bilder auf Facebook veröffentlichen? Lesen Sie hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
Von Nicolas Maekeler
Fotograf (Symbolbild)

Fotograf (Symbolbild)

Foto: ct

Kann ich überhaupt noch fotografieren, ohne dass die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gilt? Wie verhält es sich zum Beispiel, wenn ich ausschließlich analog auf Film fotografiere?

Entworfen wurde die DSGVO, um die automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten zu regeln. Folglich könnte man auf die Idee kommen, zum Beispiel Porträts nicht digital - also nicht automatisiert - zu speichern, sondern wieder auf klassischen Film umzusteigen. Die Idee ist zwar pfiffig, hilft juristisch allerdings nur, wenn die analogen Personenaufnahmen und Negative nicht nach bestimmten Kriterien, wie etwa nach Aufnahmezeitpunkt, systematisch geordnet oder verschlagwortet sind. Konkret: Die ungeordnete Sammlung loser Polaroids in einem Karton unterliegt nicht der Datenschutzgrundverordnung, dieselben Bilder in einem nach Jahren sortierten Fotoalbum eingeklebt, aber sehr wohl.

Unterliegen private Fotos der DSGVO?

Fotografiert man ausschließlich zu persönlichen oder familiären Zwecken, darf man sich glücklich schätzen: Man muss die komplizierten, datenschutzrechtlichen Vorgaben nicht einhalten. Denn bei Urlaubsfotos, Aufnahmen von Familienfeiern et cetera greift das sogenannte Haushaltsprivileg. Aber Vorsicht! Diese Ausnahmevorschrift wird von den Behörden ziemlich restriktiv angewendet.

Welche datenschutzrechtlichen Besonderheiten müssen beim Fotografieren von Kindern berücksichtigt werden?

Personenbezogene Daten von Kindern werden durch die DSGVO in besonderer Weise geschützt. Erst ab einer Altersgrenze von 16 Jahren dürfen Minderjährige selbst in die Verarbeitung ihrer Daten einwilligen. Soweit ein unter 16-jähriges Kind fotografiert werden soll, benötigt man grundsätzlich die vorherige Zustimmung beider Elternteile. Die nachträgliche Genehmigung ist nicht ausreichend. Erscheint bei einem Kinder-Fotoshooting nur ein Sorgeberechtigter, sollte sich der Fotograf schriftlich bestätigen lassen, dass der erschienene Elternteil entweder mit Zustimmung des Partners handelt oder allein sorgeberechtigt ist.

Darf ich Personenfotos, die ich im privaten Umfeld geschossen habe, in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram veröffentlichen?

Die gute Nachricht zuerst: Auch Aktivitäten in sozialen Netzen können unter das Haushaltsprivileg fallen (siehe oben). Nach Ansicht der Datenschutzbehörden muss man aber sehr genau differenzieren: Macht man Personenfotos online einem unbeschränkten Personenkreis zugänglich, gilt dies - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs - nicht mehr als ausschließlich persönliche oder familiäre Nutzung. Für die Veröffentlichung der Bilder bedarf es einer Einwilligung der Betroffenen oder einer anderen Rechtsgrundlage der DSGVO. Wenn man aber innerhalb geschlossener Nutzergruppen oder in passwortgeschützten Bereichen einer Website private Fotos ins Netz stellt, muss das Datenschutzrecht nicht berücksichtigt werden. Als Faustformel gilt: Je mehr Menschen involviert sind, desto eher fehlt es an einer persönlichen Verbundenheit und die Anwendung des Haushaltsprivilegs scheidet aus. Darüber hinaus sind selbstverständlich die Persönlichkeitsrechte zu wahren.

Aber Achtung: Auch ein nicht öffentlich gepostetes Personenfoto kann Recht verletzen. Wenn zum Beispiel der höchstpersönliche Lebensbereich einer Person verletzt oder deren Hilflosigkeit zur Schau gestellt wird. In solchen Fällen macht man sich allein durch das Anfertigen entsprechender Fotos strafbar.

Gilt die DSGVO auch rückwirkend für Personenfotos, die vor dem 25. Mai 2018, also dem Tag des Wirksamwerdens der Verordnung, angefertigt wurden?

Foto: Sebastian Gollnow/ picture alliance/dpa

Soweit die Fotos nach wie vor irgendwo gespeichert sind, veröffentlicht wurden oder in sonstiger Weise genutzt werden, handelt es sich um eine Art der Datenverarbeitung im Sinne der DSGVO. Das neue europäische Datenschutzrecht ist daher auch bei "Altbeständen" anwendbar.

Hat aber etwa ein Fotomodell eine nach altem Recht wirksame Einwilligung zur Veröffentlichung eines Fotos erteilt, gilt diese grundsätzlich fort und braucht nicht erneut eingeholt werden. Fotografen müssen folglich im Hinblick auf den vorhandenen Fotobestand prüfen, ob sie in der Vergangenheit rechtlich sauber gearbeitet haben. Alte Einwilligungsformulare sollten notfalls anwaltlich auf bisherige Rechtskonformität hin überprüft werden, für die Zukunft sollten Sie sie zwingend der DSGVO anpassen.

Ist keine oder nur eine unzureichende Einwilligung vorhanden, muss man sicherstellen, dass die Abgelichteten mit der jeweiligen Nutzung, zum Beispiel der Abbildung auf einer Website, einverstanden sind.

Ich nutze einen Online-Dienstleister, um meinen Kunden per Download Bilder bereitstellen zu können. Muss ich mit ihm das Thema Datenschutz vertraglich regeln?

Sobald Personenfotos oder die Namen der Kunden an den Dienstleister übermittelt werden, muss man die DSGVO beachten. Als für die Einhaltung des Datenschutzes Verantwortlicher hat der Fotograf dafür Sorge zu tragen, dass die personenbezogenen Daten seiner Kunden oder Fotomodelle unter Einhaltung der einschlägigen DSGVO-Vorschriften verarbeitet werden.

Grundsätzlich ist eine Übermittlung personenbezogener Daten nur erlaubt, wenn eine Einwilligung des Betroffenen oder eine gesetzliche Erlaubnis vorliegt. Wenn Dritte mit der Datenverarbeitung beauftragt werden, ist Ersteres ein eher praxisuntaugliches Mittel. Man stelle sich vor, der Fotograf müsste von allen Kunden das Einverständnis dafür einholen, dass er ihre Personenfotos an einen Dienstleister weitergeben darf.

Zur Einbindung von Externen gibt es daher das Instrument der sogenannten Auftragsverarbeitung. Es zeichnet sich dadurch aus, dass der Dienstleister, der die personenbezogenen Daten im Auftrag verarbeitet, nicht mehr als Dritter angesehen wird. Denn er unterliegt den Weisungen des Auftraggebers, der als "Herr der Daten" die alleinige Verfügungsgewalt behält.

Grundlage für die Auftragsverarbeitung bildet ein Vertrag, dessen inhaltliche Mindestanforderungen sich aus Art. 28 Abs. 3 DSGVO ergeben. Entsprechende Vertragsmuster gibt es vielfach im Netz. Fündig wird man etwa bei der bayrischen Datenschutzaufsicht (Pdf) . Etliche Dienstleister haben aber auch eigene Vertragsvorlagen.

Ich habe von einem Gerichtsurteil gelesen, wonach das Kunsturhebergesetz weiterhin anwendbar sein soll. Was bedeutet das für die Veröffentlichung von Personenfotos?

Foto: imago/ Future Image

Mit dem Wirksamwerden der DSGVO wurde Ende Mai 2018 kontrovers darüber diskutiert, ob das Kunsturhebergesetz (KUG) neben der DSGVO anwendbar bleiben würde oder ob die Vorschriften vom neuen Datenschutzrecht verdrängt werden. Äußerst praxisrelevant ist nämlich § 23 KUG, wonach etwa Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte, Bilder von Versammlungen oder solchen, auf denen Personen nur als sogenanntes Beiwerk erscheinen auch ohne Einwilligung des Abgelichteten veröffentlicht werden können.

Letztlich entscheiden die Gerichte über diese Thematik. Jetzt hat als erstes deutsches Gericht das Oberlandesgericht Köln Stellung bezogen (OLG Köln, Beschl. v. 18.06.2018 - Az.: 15 W 27/18). Es kommt zu dem Ergebnis, dass die DSGVO zugunsten der Verarbeitung für journalistische Zwecke abweichende nationale Gesetze erlaubt. Da eine entsprechende Öffnungsklausel in der DSGVO nicht nur neue Gesetze, sondern auch bestehende Regelungen erfasst, könne das KUG fortgelten. Allerdings betrifft der Beschluss des Gerichts nur die Nutzung personenbezogener Daten zu journalistischen Zwecken. Dass in solchen Fällen aufgrund des Medienprivilegs das KUG weiterhin anwendbar sein soll, war im Grunde schon vorher weitgehend unstreitig. In Bezug auf nicht journalistisch tätige Fotografen bleibt die Rechtslage leider weiterhin unklar.

Dürfen Personenfotos uneingeschränkt aufbewahrt werden oder zwingt mich das neue europäische Datenschutzrecht, sie irgendwann zu löschen?

Es gilt der Grundsatz der Datenminimierung. Demnach müssen personenbezogene Daten auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein. Entfällt der Verarbeitungszweck, zum Beispiel nach Auftragserfüllung durch Aushändigung beziehungsweise Verkauf der Fotos, sind sie grundsätzlich zu löschen. Mit den Auftraggebern kann jedoch vertraglich vereinbart werden, dass die Bilder zum Zwecke der Nachbestellung für eine bestimmte Zeit aufbewahrt werden dürfen.

Je nach Einzelfall kommt neben der Einwilligung auch die Rechtsgrundlage der sogenannten berechtigten Interessen in Betracht, welche die Anfertigung und Speicherung von Fotos legitimiert. So kann sich etwa der professionelle Street-Fotograf zur Ausübung seiner Tätigkeit auf die Kunstfreiheit berufen. Im Regelfall stehen dem keine schutzwürdigen Interessen der fotografierten Personen entgegen, da diese im öffentlichen Raum nur in ihrer Sozialsphäre betroffen sind. Die dauerhafte Speicherung dieser Fotos wäre somit legitim. Abgelichtete Personen können dagegen widersprechen, was aber nicht zwangsläufig Erfolg haben wird. Auch bei journalistisch-redaktioneller Nutzung von Fotos gelten im Rahmen des sogenannten Medienprivilegs Ausnahmen von der Löschpflicht.

Unter Juristen wird zum Teil die Ansicht vertreten, dass Personenfotos, entsprechend der urheberrechtlichen Schutzfristen, grundsätzlich bis zu siebzig Jahre nach dem Tod des Fotografen gespeichert bleiben dürfen. Denn gemäß Art. 17 Abs. 3 DSGVO besteht kein Löschungsanspruch, wenn personenbezogene Daten zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen erforderlich sind.

Um nachweisen zu können, dass man der Urheber eines bestimmten Fotos ist, muss man zur Beweisführung vor Gericht idealerweise das Original im RAW-Format vorlegen können. Um dies gewährleisten zu können, soll folglich kein Löschungsanspruch seitens der abgebildeten Personen bestehen. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass die Berechtigung zur weiteren Speicherung nur besteht, wenn urheberrechtliche Auseinandersetzungen tatsächlich anstehen oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Die bloß theoretische Möglichkeit einer Auseinandersetzung reicht nicht aus.

Der Autor Nicolas Maekeler ist Syndikusrechtsanwalt bei Heise Medien und daneben als Rechtsanwalt in Hannover tätig.

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