
Far Cry 3: Egoshooter voller Klischees
"Far Cry 3 - Blood Dragon" So macht Trash Spaß
Ich bin Sergeant Rex Power Colt, halb Mensch, halb Maschine und drücke den A-Knopf, um zu zeigen, dass ich lesen kann. Danach drücke ich ihn erneut, um zu springen. In den nächsten Minuten werde ich ihn noch viele Male drücken, um eine Einführung zu überstehen, deren einziges Ziel ist: Spielern so auf die Nerven zu gehen, dass sie lachen müssen. Es gelingt. Genauso wie es dem Rest von "Far Cry 3: Blood Dragon" gelingt. Es ist ein einziger Witz. Ein guter.
Auch wenn der Name ein "Far Cry 3" beinhaltet: Mit dem eigentlichen Spiel hat "Blood Dragon" nichts bis wenig gemein. Zuerst: Es ist kein Add-on, sondern ein eigenständiges Spiel zum Download. Und ja, es ist wieder eine Insel, wieder geht es darum, neben den eigentlichen Missionen Außenposten von Gegnern einzunehmen und wieder sind Knarren und Tiere sehr wichtig. Die grundlegende Mechanik ist gleich. Doch alles andere ignoriert "Blood Dragon": Die sonnigen Strände, den blauen Himmel und nicht zuletzt die Meta-Erzählung über Gewalt.
"Wir wollten zurückreisen in eine Zeit, in der nicht jedes Spiel eine intellektuelle Abhandlung über das Böse ist", sagt Dean Evans. Er hat "Far Cry 3" genommen und ihm eine 80-er-Jahre-Neonbehandlung verpasst. Und dazu die albernsten Dinge aus B-Movies, Fernsehserien und Musik zusammengesucht und in das Spiel geworfen. Wie bei alten Punk-Platten einfach Cover von anderen Bands beklebt, beschmiert und so zu eigenen gemacht wurden. Punk Rock soll "Blood Dragon" auch sein, sagt Dean Evans. Er selbst setzt aber eher auf das Arsenal zweitklassiger Heavy-Metal-Bands.
Deshalb gibt es diverse Explosionen pro Minute. Es gibt Cyborgs, Cybertiger und Gegner, die aussehen wie die debilsten Actionfiguren. Trash-Legende Michael Biehn darf den Protagonisten Rex "Power" Colt fluchen und natürlich gibt es Drachen. Neonfarbene Drachen, die Laserstrahlen schießen. Aus ihren Augen. Rex Power Colt kann eigentlich schon am Anfang alles - Schießen, Kämpfen, Springen, aus jeder Höhe fallen, ohne sich zu verletzen. Und doch kann er am Schluss noch mehr, natürlich. Besiegt jeden Drachen mit links und darf sogar einen kleinen Pixelsex-Einsatz haben. Sinnlos, aber deshalb umso passender.
Warum Fantasy Spaß machen kann
Baut man ein Spiel auf einen riesigen Witz auf, kann das funktionieren, aber auch gewaltig schief gehen. Bei "Blood Dragon" funktioniert es hervorragend.
Auch weil die unter dem Witz liegende Spielmechanik ausgereift ist und die Missionen motivieren - selbst wenn die eigentliche Story jegliche Kohärenz weiträumig umfährt. Zudem merkt man, dass hinter dem ganzen Schwachsinn mehr steckt. Man merkt dem Spiel die Handschrift des ehemaligen "GTA"-Entwicklers Dean Evans an, das Rockstar-Wissen um Popkultur. Die Meta-Ebenen, die immer wieder eingezogen werden, die Zitate, die um diverse Ecken gedacht sind. Dinge, die so weit überdreht werden, dass sie schon wieder normal und richtig wirken. Natürlich heilt sich ein Cyber-Marine mit einem Schweißbrenner selbst, Natürlich muss er Cyber-Herzen klauen, um damit Neondrachen zu füttern und natürlich zeigt er besiegten Gegnern den Mittelfinger.
"Blood Dragon" ist mehr als nur ein knalliger Trip in die 80-er, mehr als nur ein kleines Panoptikum der Scheußlichkeiten. Es zeigt, aus welcher Welt viele Spieleentwickler kommen und sagt durch die vielen Zitate mehr über die meisten Spiele heutzutage, als es den Entwicklern womöglich bewusst ist. Wer "Blood Dragon" spielt, versteht, warum Fantasy Spaß machen kann, warum Cyberkrieger so eine große Faszination ausüben können - und warum man auch auf Realismus verzichten kann, wenn es ordentlich knallt.
"Far Cry 3: Blood Dragon" von Ubisoft, Download für PC, Xbox 360 und Playstation 3, ca. 15 Euro