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Das alte und das neue »HeroQuest«

Foto: Hasbro

Comeback eines Brettspiel-Klassikers Das taugt das neue »HeroQuest«

Auch bei Brettspielen gibt es einen Retrotrend: Opulent ausgestattet und jetzt samt App kehrt »HeroQuest« zurück. Hier erfahren Sie, was die Neuauflage taugt – und welche Alternativen es gibt.

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Es gibt Brettspiele, die bleiben auch nach über 30 Jahren in guter Erinnerung. Das legendäre »HeroQuest« von 1989 fällt in diese Kategorie, der vielleicht ultimative Dungeon Crawler, der dieser Tage auch in Deutschland eine Neuauflage bekommt. Kann das gut gehen?

Das Spielprinzip von »HeroQuest« war schon immer simpel, und dabei bleibt es auch in der überarbeiteten Fassung: Eine Gruppe von Helden – Barbar, Zwerg, Magier und, das ist neu, Elfe – steigt hinab ins Verlies, erkundet Raum um Raum und versucht, einen Auftrag (Quest) zu erfüllen. Dabei stoßen die Helden auf Orks, Goblins, Zombies und noch gefährlichere Monster, welche im einfachen Würfelkampf besiegt werden müssen.

Sind die Räume von Feinden befreit, darf in diesem unterirdischen Labyrinth nach Schätzen, verborgenen Türen und Fallen gesucht werden. Wurde eine Quest erfolgreich gemeistert, geht es in der nächsten Partie weiter mit einem etwas schwierigeren Auftrag. Zwischen den Partien dürfen sich die Helden neue Ausrüstung und bessere Waffen kaufen, vorausgesetzt, sie haben genügend Gold im Verlies gefunden.

Insgesamt umfasst die Kampagne des neuen »HeroQuest« 14 Szenarien. Sind die gemeistert, können die Spielerinnen und Spieler eigene Szenarien entwerfen oder Erweiterungspakete mit neuen Kampagnen kaufen.

Würfeln, ziehen, kämpfen

Das Regelwerk des Spiels ist holzschnittartig, aber sehr eingängig: würfeln, ziehen, kämpfen, mal einen leeren Raum durchsuchen. Auch wenn es kleinere Regellücken gibt, hakt »HeroQuest« nie so sehr, dass man frustriert nicht mehr weiterwüsste. Diese hohe Zugänglichkeit und auch die Tatsache, dass »HeroQuest« schnell aufgebaut und losgespielt werden kann, dürfte dafür verantwortlich sein, dass das Originalspiel bis heute Kultstatus genießt. Gut erhaltene alte Exemplare werden längst zu Mondpreisen verkauft.

Foto: Avalon Hill / Hasbro

Das alte »HeroQuest« trumpfte von Anfang an auch durch seine opulente, um nicht zu sagen übertriebene Ausstattung auf. Über 70 Plastikminiaturen, die »HeroQuest« irgendwo zwischen taktischem Brettspiel und Spielzeug-Dungeon ansiedelten, verliehen dem Spiel eine trashige Wertigkeit. Kein Wunder also, dass viele der größten »HeroQuest«-Fans das Spiel entdeckt haben, als sie zehn, zwölf Jahre alt waren.

Heute sind diese Spielerinnen und Spieler kaufkräftige Mittvierziger und vermutlich die Hauptzielgruppe für die Neuauflage. Denn mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von rund 130 Euro ist »HeroQuest« nicht unbedingt ein Impulskauf in der Kinderabteilung.

Für das Geld bekommt man ein Spiel, welches sich stark am Original orientiert. Die Schachtel sieht der Vorlage zum Verwechseln ähnlich und auch das Spielbrett ist nahezu identisch. Die Miniaturen, vor allem die Möbel und Türen, sind sogar noch massiver als in der alten Auflage.

Jetzt gibt es auch eine Heldin

Die Helden und Monster sind optisch nur behutsam verändert worden, wirken aber durchweg wertiger. Wer das alte Spiel nicht in- und auswendig kennt, dürfte andere kleine Unterschiede, etwa in der Stärke bestimmter Monster, kaum bemerken. Am auffälligsten ist vielleicht noch, dass der Alb zu einer Elfe wurde, somit ist zumindest eine Heldin im Spiel. Außerdem gibt es jetzt einige weibliche Orks, Zombies und andere Monster. Das Spielgefühl des Originals bleibt davon völlig unangetastet.

Die wichtigste Neuerung, von der auch Besitzerinnen und Besitzer der alten Ausgabe profitieren, ist eine kostenlose Begleit-App. Diese kann nun die Rolle des sogenannten Dungeon Masters übernehmen. Somit können alle Spielerinnen und Spieler gemeinsam den Dungeon erkunden. Die gut funktionierende App bewegt die Monster, aktiviert Fallen und unterstützt das Suchen.

Moderne Dungeon Crawler wie »Gloomhaven« oder die neueren »Descent«-Ausgaben haben sich schon vor Jahren vom Spielleiter-Prinzip verabschiedet: Es macht einfach mehr Spaß, gemeinsam gegen die Bösewichte zu kämpfen. Auch bei »HeroQuest« ergibt die Änderung Sinn: So können Eltern, die ihrem Nachwuchs diesen Klassiker näherbringen wollen, auch zusammen mit den Kindern spielen statt gegen sie.

Allerdings muss man, wenn die App eingesetzt wird, »doppelt« spielen, auf dem Brett und dem Gerät, was das Handling etwas umständlich macht. Auch, dass einige Aspekte der App, insbesondere sämtliche Audiokomponenten, nur auf Englisch verfügbar sind, dürfte nicht jedem gefallen.

Für wen ist die Neuauflage etwas?

Was bleibt vom neuen »HeroQuest«, wenn man den Retrofaktor weglässt? Eine riesige Spieleschachtel, in die locker zwei bis drei »Catan«-Spiele passen würden, viel Plastik und ein einfacher, aber nicht unbedingt moderner Dungeon Crawler zu einem Preis jenseits der hundert Euro. Das ist schon happig, vor allem, weil es für Abenteurer und Dungeon-Entdeckerinnen mittlerweile viele Alternativen gibt.

Andererseits ist so eine Plastik- und Würfelproben-Orgie mit tollem Material weiter reizvoll. Einen weitverzweigten Dungeon zu erkunden, bei dem hinter jeder verschlossenen Tür Monster und Reichtümer auf einen warten können, macht Spaß, auch weil man fast nie in irgendwelchen Quest-Büchern oder Regelheften blättern muss. »HeroQuest« läuft einfach schnell, trashig und blutig vor sich hin. Und wenn die Spielerinnen und Spieler gut zusammenarbeiten, haben sie eine realistische Chance, den Dungeon lebend zu verlassen, insbesondere wenn drei oder vier Heldinnen und Helden gemeinsam unterwegs sind. Sind es weniger, wird das Spiel schwieriger, da »HeroQuest« nicht abhängig von der Teilnehmeranzahl skaliert.

Am besten stehen Besitzerinnen und Besitzer des Originalspiels da. Für sie lohnt sich ein Kauf der Neuauflage nicht. Die kostenlose App aber können sie auch fürs alte Spiel verwenden: So benötigen sie keine Spielleiter mehr.

»HeroQuest« von Stephen Baker, Avalon Hill/Hasbro, für 1-5 Personen ab 14 Jahren (offizielle Angabe). Aufgeweckte Acht- und Zehnjährige können unter Anleitung aber schon locker mitspielen. Erhältlich ist das Spiel ab dem 1. März.

Diese Alternativen gibt es

Im Folgenden möchte ich Ihnen noch drei Alternativen zu »HeroQuest« vorstellen:

Gloomhaven: Die Pranken des Löwen

Foto: Cephalofair Games

»Gloomhaven: Die Pranken des Löwen« gilt weithin als Nonplusultra, was moderne Dungeon Crawler angeht. Ein viel gelobtes Tutorial erleichtert den Einstieg, der Spielaufbau ist modular, die Heldinnen und Helden sind sehr unterschiedlich und werden im Laufe der Partien immer stärker. Dazu ersetzt das clevere kartengesteuerte Bewegungs- und Kampfsystem die Beliebigkeit der Würfel. Zudem werden die Monster über eine »KI« gesteuert, wodurch weder ein Spielleiter noch eine App benötigt wird.

Für wen ist das etwas?

»Gloomhaven: Die Pranken des Löwen« ist eine abgespeckte Version des legendär dicken Original-»Gloomhaven«. Spielerinnen und Spieler benötigen dafür aber trotzdem entweder Erfahrung in diesem Spielgenre oder die Geduld, sich in das noch immer komplexe Regelwerk einzulesen. Auch der Aufbau des Spiels dauert immer eine Weile und der Verwaltungsaufwand zwischen den Runden ist nicht ohne.

Wer sich darauf einlässt und Lust auf ein episches Abenteuer hat, wird tatsächlich mit dem momentan besten Dungeon-Crawler-Erlebnis belohnt. Die Altersangabe ab 14 Jahren erscheint hier passender als bei »HeroQuest«.

»Gloomhaven: Die Pranken des Löwen« von Isaac Childres, Feuerland Spiele, für 1-4 Personen ab 14 Jahren.

Dungeons, Dice & Danger

Foto: alea

Schenkt man den Erzählungen vieler »HeroQuest«-Fans der ersten Stunde Glauben, haben nicht wenige von ihnen Mitte der Neunzigerjahre einen neuen Liebling gefunden: »Magic: The Gathering«, das ultraerfolgreiche Sammelkartenspiel von Richard Garfield. Passenderweise hat Garfield vor ein paar Wochen ein brandneues Spiel mit einem Titel veröffentlicht, der aufhorchen lässt: »Dungeons, Dice & Danger«.

Es handelt sich bei dem Werk um ein sogenanntes Roll'n'Write-Spiel. Die Spielerinnen und Spieler werfen fünf normale Würfel, addieren jeweils zwei zusammen und kreuzen auf ihrem Dungeon-Block Zahlen an. Dabei arbeiten sie sich immer tiefer in das Verlies vor, bekämpfen Monster und bergen Schätze, alles durch geschicktes Addieren von Zahlen und cleveres Ankreuzen.

Für wen ist das etwas?

»Dungeons, Dice & Danger« spaltet. Einige Rezensenten halten es für die ultimative Graupe, andere schätzen die knifflige Herausforderung, Einigkeit besteht nur darin, dass es niemand für ein lockeres Würfelspiel wie Kniffel oder Qwixx hält. Dies liegt daran, dass man »Dungeons, Dice & Danger« hoch konzentriert spielen muss, eine Dreiviertelstunde Kopfrechnen und angestrengt auf den kleinteiligen Block starren inklusive. Man muss den Überblick über ein weitverzweigtes Zahlenreich halten und ständig Wahrscheinlichkeiten kalkulieren. Das hat nun wirklich nichts von »HeroQuest« und ist wohl eher ein Dungeon Crawler für Mathematikerinnen und Rechenmeister.

»Dungeons, Dice & Danger« von Richard Garfield, alea/Ravensburger, für 1-4 Personen ab 12 Jahren.

Klong!

Foto: CARSTEN REUTER / Schwerkraft Verlag

»HeroQuest« ist zu teuer, »Gloomhaven: Die Pranken des Löwen« zu aufwendig, »Dungeons, Dice & Danger« zu verkopft, aber in den Untergrund soll es trotzdem gehen? Dann ist vielleicht »Klong!« passend, ein Deckbuilding-Spiel, bei dem die Spielfiguren kartengesteuert in unterirdische Höhlen vordringen. Dort sammeln sie Artefakte, erforschen Geheimnisse und schnappen sich Gold, immer darum bemüht, möglichst leise zu sein. Denn Geräusche (also ganz lautmalerisch »Klongs«) wecken einen Drachen auf, der zum Ende des Spiels hin alle aus der Höhle vertreibt.

Für wen ist das etwas?

»Klong!« kombiniert Elemente von Sammelkartenspielen mit einem Dungeon Crawler, das Spieldesign ist moderner als das von »HeroQuest« und eine Partie geht einfacher von der Hand als bei »Gloomhaven: Die Pranken des Löwen«. Das Spiel ist allerdings weniger modular. Es geht immer in denselben Dungeon, nur halt mit anderen Kartenkombinationen, was »Klong!« weniger zu einem epischen Erlebnis als zu einem normalen Brettspiel für den Spieleabend macht.

Mittlerweile gibt es einige Erweiterungen mit neuen Spielbrettern, was dafür spricht, dass es eine eingefleischte Klong!-Fanszene geben dürfte.

»Klong!« von Paul Dennen, Schwerkraft-Verlag, für 2-4 Personen ab 12 Jahren.

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