"Internationale Computerspielesammlung" Der Traum von 60.000 Games unter einem Dach

Softwaresammlung des Computerspielemuseums Berlin
Foto: Jörg Metzner/ ComputerspielemusSimulationen, die aussehen wie Excel-Tabellen? So etwas mag er nicht, sagt Winfried Bergmeyer. Es müsse schon bunter sein. "Skyrim", "Fallout: New Vegas" - diese Rollenspiele gefallen ihm. Und auch "Anno" und "Civilization" findet Bergmeyer spannend: In beiden Spieleserien geht es ums Aufbauen, um Städte beziehungsweise gleich um ganze Zivilisationen.
Etwas aufbauen will Winfried Bergmeyer auch jenseits virtueller Welten. Der 56-Jährige erstellt als Projektleiter im Auftrag der Stiftung Digitale Spielekultur eine Videospiele-Datenbank auf Basis mehrerer großer Games-Sammlungen. Das auch vom Branchenverband game vorangetriebene Projekt ist unter dem Namen "Internationale Computerspielesammlung" (ICS) bekannt, für den Aufbau der Datenbank sagte der Bundestag rund 140.000 Euro zu.
Spätestens Ende März 2019 soll die Datenbank einen Überblick über die Games-Archive von mehreren Orten und Organisationen geben:

Hits, Klassiker, Kurioses: Games, made in Germany
Wohl die größte öffentliche Games-Sammlung der Welt
Am Förderantrag für die nächste, teurere Phase des Projekts wird in Berlin momentan gearbeitet. Ziel ist es, die genannten Sammlungen nicht nur virtuell, sondern auch physisch zusammenzuführen. Çidem Uzunoglu, die Leiterin der Stiftung Digitale Spielekultur, hofft, dass die gesamte Sammlung unter einem Dach untergebracht wird - und nicht nur das: "Unsere Vision ist ein House of Games."
In diesem "House of Games" könnten Uzunoglus Vorstellung nach die Sammlung, je nach Location aber vielleicht auch gleich noch mehrere für die Branche wichtige Organisationen unterkommen - etwa das Computerspielemuseum, die Stiftung Digitale Spielekultur, der game-Verband und die USK, die sich bislang noch nicht alle am selben Ort befinden.
"Ich bin mir sehr sicher, dass wir dann die größte öffentliche Games-Sammlung der Welt hätten", sagt Winfried Bergmeyer. Er spricht von insgesamt circa 60.000 Spielen.

Ältere Spiele
Foto: Jörg Metzner/ ComputerspielemusSehr unterschiedliche Sammlungen
Die Sammlungen, durch die sich Winfried Bergmeyer arbeitet, sind sehr unterschiedlich: Das Archiv der USK etwa beherbergt lückenlos alle Spiele, die seit 1994 auf einem physischen Datenträger in Deutschland auf den Markt kamen. Die USK ist für Altersfreigaben zuständig, die Spielefirmen haben ihr die Titel deshalb zugeschickt. Mehr Lücken, aber mehr Exoten bietet die Sammlung des Computerspielemuseums: "Die besteht zu 99 Prozent aus Spenden", sagt Bergmeyer.
Bei seiner Arbeit geht es Bergmeyer darum, sich und Interessierten einen Überblick über die Masse an alten Spielen zu verschaffen, aber auch darum, die Games zu erhalten - idealerweise auch dann, wenn Datenträger den Geist aufgeben. "Im Computerspielemuseum gab es mal einen Wasserschaden", sagt Bergmeyer. Was dabei auf jeden Fall kaputt ging, waren die CD-Roms."
Wie genau die Spielinhalte mit Blick auf die Zukunft gesichert werden, dazu will Bergmeyer öffentlich noch nichts sagen. Das Thema müsse man "rechtlich nochmal abklopfen." Grundsätzlich sei es schwierig, einzuschätzen, wie lang Spiele auf ihrem Ursprungsmedium funktionieren, sagt Bergmeyer: "Die Information 'Gestern hat's funktioniert' heißt nicht, dass ein Spiel morgen noch geht."
Briefe ins Nirgendwo
Neben dem möglichen Verfall der Spiele beschäftigt Bergmeyer die Frage, wie detailliert er sie präsentieren darf. In der Deutschen Digitalen Bibliothek etwa würde er gern die Spiele-Cover zeigen, dafür bräuchte er aber eine Erlaubnis der Rechteinhaber.
"Bei vielen Spielen lässt sich kaum feststellen, wer die Rechte hält", sagt Bergmeyer. Viele Gamesfirmen von früher seien pleite, manche Rechte hätten mehrfach den Besitzer gewechselt. Teilweise wüssten Firmen, die andere übernommen haben, selbst nicht, welche Rechte sie dadurch halten und welche nicht.
"Bei einigen Spielen haben wir das testweise versucht, eine Erlaubnis zu bekommen", sagt Bergmeyer. "Von den Firmen, die wir als Rechteinhaber ausgemacht haben, erhielten wir aber oft keine Antwort - oder unser Brief kam zurück."
Mögliches Vorbild für andere Archive
Winfried Bergmeyer ärgert das, weil er glaubt, dass viele Firmen nichts gegen eine Abbildung einzuwenden hätten - und weil seinen Datenbank-Einträgen so im Zweifel ein Foto fehlt, das sich per Google-Suche dutzendfach finden lässt. "Warum wir kein Foto haben, wäre Außenstehenden schwer zu vermitteln", vermutet er.
Grundsätzlich glaubt Bergmeyer, dass die Erfahrungen, die er derzeit macht, langfristig vielen Museen oder Forschungseinrichtungen helfen. "Bald wird es um die Frage gehen, wie man zum Beispiel Apps oder YouTube-Clips für die Nachwelt erhalten kann", sagt er: "Im Vergleich dazu sind wir in Sachen Spiele vergleichsweise weit."

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