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"Metro: Last Night": Die U-Bahn wird zum Fischerdorf

Foto: Deep Silver

"Metro: Last Light" Der Wahnsinn unter den Straßen Moskaus

Nach einem Atomkrieg ist Moskau eine verseuchte Ödnis, eine Schreckenslandschaft mit Monstern und Leichen. In "Metro: Last Night" sind die Menschen deshalb ins düstere Tunnelgeflecht der Metro geflüchtet. Dort muss der Spieler zum Held werden.

Als zum Schluss ein zärtlicher Moment auf ein Inferno folgt, bin ich wieder versöhnt mit "Metro: Last Light". Einem Spiel, dass mich immer wieder in seinen Bann zieht, eine Atmosphäre schafft, die unvergleichbar ist und mich doch immer wieder in den Wahnsinn treibt. So auch kurz vor Schluss, wo noch einmal kurz eine neue Spielmechanik eingeführt wird, die nicht unbedingt sofort erkennbar ist und ich einen Abschnitt wieder und wieder starten muss.

Doch von vorn: Das von dem ukrainischen Studio 4A Games entwickelte "Metro: Last Light" ist die Fortsetzung des 2010 erschienenen "Metro 2033". Beide Spiele basieren auf dem Roman "Metro 2033", einer Endzeitvision des russischen Autors Dmitri Glukhovskys. Nach einem Atomkrieg ist die Oberfläche Moskaus ein verseuchtes Ödland, die überlebenden Menschen haben sich in die Tunnel der Metro zurückgezogen. Sie haben die Bahnhöfe besiedelt und sich in verschiedene Fraktionen aufgespaltet. Sind Faschisten, Kommunisten, Kapitalisten oder gehören den Rangern an, die sich zwischen den Fronten bewegen. Protagonist Artjom ist ein Ranger, ausgeschickt, um einen so genannten "Schwarzen" zu fangen. Eine mutierte Kreatur, die auf der Oberfläche lebt und der besondere Kräfte zugeschrieben werden.

Was folgt, ist eine Reise durch das zerstörte Moskau, unter- und oberirdisch. Sümpfe und Ruinen muss Artjom durchqueren, Visionen von der Realität trennen. Am Wegesrand werden Geschichten ohne Worte erzählt: Tote liegen auf einer Treppe und halten sich noch im Arm, zurückgelassenes Spielzeug wartet auf seine Besitzer, ein abgestürztes Flugzeug voller Leichen erinnert an das Grauen nach dem Einschlag. Überall lauern Monster, mutierte Wesen, Artjom kann hier nur mit Gasmaske sein.

Das Spiel kann in den Wahnsinn treiben

Unter der Erde muss er sich zurechtfinden und immer neue Metrostationen erkunden. Das Bolshoi-Theater hat hier überlebt und ist zum Varieté geworden, ein ärmliches Bordell empfängt seine Kunden, kleine Restaurants sind voller Menschen. Immer wieder trifft Artjom auf Bekannte, die Geschichten erzählen, setzt sich zum Essen, hört Liedern zu, die am Feuer gesungen werden. Und kämpft sich danach wieder durch von Monstern besiedelte Tunnel, überquert überschwemmte Gleise oder fährt auf improvisierten Draisinen. In jedem Abschnitt von "Metro: Last Light" steckt mehr Detailreichtum, mehr Liebe und mehr Melancholie als in zehn Weltkriegs-Shootern.

Und doch treibt mich das Spiel immer wieder in den Wahnsinn. Nicht, weil es manche Dinge kompliziert macht. Dass ich zum Beispiel an der Oberfläche regelmäßig den Filter der Gasmaske wechseln muss, gehört zur Atmosphäre. Das krächzende Atmen, das kratzende Schrauben und dann die Erleichterung über lange, ruhige Atemzüge. Was aber ärgert: Dass ich immer wieder in Ecken hängen bleibe, ich nur noch einen Neustart des Abschnittes machen kann. Dass immer wieder zu einem der ältesten Tricks der Ego-Shooter gegriffen wird: Auf den Aufzug warten und dabei Gegnerwelle um Gegnerwelle zu erledigen. Und das unter Zeitdruck und Munitionsmangel. Es nervt, weil es die Atmosphäre stört.

In manchen Szenen hält man als Spieler den Atem an

Gerade dann, wenn ich diese Abschnitte immer wieder beginnen muss. Dagegen sind andere Mechaniken sehr gut gelöst: Ganze Abschnitte können schleichend gelöst werden, Gegner dabei lautlos getötet oder ausgeschaltet werden. Artjom kann Lichter löschen, im Dunkeln lauern oder sich vorbeischleichen. Und ich als Spieler halte mit ihm die Luft an.

Zum Schluss bin ich 4A Games aber dankbar: Gerade dafür, dass "Metro: Last Light" ein störrisches Spiel geworden ist, kein glatt gebügeltes. Ein Spiel, in das ich mich einarbeiten musste, obwohl es im Grunde ein ganz normaler Ego-Shooter ist. Ein Spiel, das nicht nur versucht, eine melancholische Geschichte zu erzählen - und dem das auch gut gelingt - sondern auch die Welt entsprechend zu gestalten. So, dass ich versucht bin, gleich noch einmal in den Untergrund zu gehen. Mir mehr Zeit zu lassen und alle Geheimnisse zu entdecken. Länger den Geschichten der Menschen zuzuhören, mehr Gegner zu verschonen. Und mich öfter an ein Feuer zu setzen und einfach nur den Liedern der Metro-Bewohnern zu lauschen.


"Metro: Last Light" von Deep Silver, für Xbox 360, Playstation 3 und PC, ab 45 Euro; USK: Ab 18 Jahren

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