Oculus-Gründer Luckey "Kinect passt nicht zu virtueller Realität"

Oculus-Rift-Brille: Zu schnell für Kinect?
Foto: TMNPalmer Luckey ist erst 22 Jahre alt, aber schon Multimillionär. Schließlich hat Facebook seine Firma Oculus VR für zwei Milliarden Dollar gekauft. Entsprechend selbstbewusst tritt der Virtual-Reality-Unternehmer auf, manchmal ohne dabei Rücksicht auf Kooperationspartner zu nehmen.
Mit Microsoft beispielsweise arbeitet Oculus eng zusammen, schließlich soll die Virtual-Reality-Brille des Unternehmens an leistungsstarke PC angeschlossen werden, wenn sie Anfang 2016 auf den Markt kommt. Im Vorfeld der Markteinführung von Windows 10 wurde werbewirksam eine Allianz verkündet. Was für Luckey aber augenscheinlich nicht bedeutet, dass er mit dem Partner allzu zartfühlend umgehen muss.
Im Gespräch auf der Kölner Gamescom stellt Luckey Microsofts aktueller Spielkonsole Xbox One und der 3D-Kamera Kinect ein schlechtes Zeugnis aus, was sein Spezialgebiet Virtuelle Realität (VR) angeht: "VR auf Konsolen überhaupt zum Laufen zu bringen, ist sehr schwierig. Zum einen ist die Leistung viel geringer als auf einem PC."
Zu schwach, zu träge
Zum anderen schreite die Entwicklung so schnell voran, dass Konsolen schnell abgehängt würden: "PC-VR wird jedes Jahr besser werden, während man für Virtual Reality auf Konsolen auch in vier oder fünf Jahren noch mit der gleichen Hardware wird arbeiten müssen." Natürlich ist all das auch ein Seitenhieb auf Sonys Playstation-4-Brille Morpheus, die sich in Köln ebenfalls ausprobieren lässt.

Oculus Rift: Die Mehrpersonenbrille
Auf die Rückfrage nach Microsofts Kinect-System, das mancherorts schon für Holodeck-Gehversuche in Kombination mit Oculus-Brillen genutzt wird , antwortet Luckey: "Diese Art von Technologie ist an sich interessant, aber Kinect passt nicht zu VR, weil es dafür nicht entwickelt wurde."
Luckey erklärt, warum: "Die Latenz, also die Verzögerung zwischen Input und Output, ist einfach zu hoch. Sie reicht, um auf einem Fernsehgerät zu spielen, aber für VR sind weder die Latenz noch die Präzision von Kinect ausgelegt." Tatsächlich sei die Verzögerung der Konsolenkamera allein größer als der gesamte Regelkreis vom Tracking der Kopfbewegungen bis zur vollständigen Grafikausgabe in einer Oculus Rift.
Microsoft hält sich bedeckt
Microsoft selbst beschäftigt sich Shannon Loftis zufolge hinter den Kulissen mit VR-Technik, will sich dazu aber noch nicht konkret äußern. Loftis ist für die hausinterne Spielentwicklung bei Microsoft verantwortlich, dürfte also hervorragend informiert sein. An der Kombination Kinect-Oculus werde hausintern nicht gearbeitet, sagt sie. Loftis spricht nur von "aufregenden Möglichkeiten" und verweist auf Experimente, die andere, externe Entwickler und Forscher mit der Kombination unternehmen.

Die Gamescom in Bildern: Mein Spiel, mein Trikot, mein Tie-Fighter
Tatsächlich gebe es neben dem Thema Latenz weitere Probleme, sagt Palmer Luckey: Zwar habe Microsoft bei der Einführung der neuen Kinect-Generation vorgeführt, dass die Kamera sogar einzelne Finger erfassen kann, aber: "Das sieht auf einem Fernseher gut aus, aber in Wahrheit ist das etwas irreführend. In VR sieht man, dass die Finger immer noch nicht ganz korrekt dargestellt werden, man sieht Verzögerungen, und die Finger werden nur aus einem einzigen Blickwinkel erfasst." Auf einem Bildschirm falle das nicht auf, aber "in VR fehlt dann die andere Seite der Hand". Tatsächlich nutzen diejenigen, die mit der Kombination experimentieren, in der Regel mehrere Kinect-Kameras gleichzeitig .
"Künftige Generationen"
Oculus-Mitgründer Brendan Iribe wirft ein, dass man sich durchaus vorstellen könnte, dass "künftige Generationen solcher Technik" die genannten Probleme überwinden könnten.
Luckey fügt hinzu: "Langfristig ist das Ziel ja, nicht nur die Hände, sondern den ganzen Körper zu erfassen, bis hin zur Mimik und Körpersprache."
Oculus selbst hat zur Markteinführung seiner VR-Brille ein Controllersystem entwickelt, das Bewegungen beider Hände erfassen kann. Luckey verspricht, dass sein Unternehmen sich dauerhaft für alle Aspekte der Technologie interessieren werde: "VR ist nicht nur ein Eingabegerät oder eine Anzeige. Es ist eine sehr enge Kombination von Input und Output, die gemeinsam diese Illusion erzeugen."