
Oculus Rift Durch diese Brille blickt man ins Weltall
- • "Doom" durch die Datenbrille: Guck mal, wer da ballert
- • Weltraumspiel "Eve Online": Warum Island im Weltall Millionen verdient
Der Countdown endet, mein Raumgleiter fliegt aus dem Dock des Mutterschiffs, und auf einmal bin ich draußen, im Weltall. Ich drehe den Kopf nach links, sehe durchs Cockpitfenster mein Begleitschiff, lasse den Blick schweifen: endlose Weiten, Sterne leuchten im Hintergrund. Ich neige den Kopf nach hinten, über mir sehe ich das Mutterschiff. Ein Blick nach unten: Zwei reglose Arme im grauen Pilotenanzug an den Instrumenten. Moment, sind das meine Arme?
Kurze Verwirrung. Ich sitze mit einer überdimensionalen Brille namens Oculus Rift vor den Augen in einem Konferenzraum. In meinen Händen halte ich einen Xbox-Controller, der mein Raumschiff steuert, im Virtual-Reality-Spiel "Eve VR". Mit der Datenbrille kann ich mich im Cockpit umschauen, während ich das Schiff hochziehe oder zur Seite drehe. Die Blickrichtung ändert der Spieler mit der VR-Brille ganz natürlich. Man wendet den Kopf, anstatt Joysticks zu bewegen.
16 Millionen Dollar Kapital für die Oculus-Entwickler
Die Datenbrille war in diesem Jahr die größte Hardware-Innovation auf der Spielemesse E3. Entwickelt hat sie ein kleines Team um den Kalifornier Palmer Luckey. Die Firma hat per Kickstarter Geld für die Produktion von Entwicklergeräten eingesammelt, nun investieren mehrere Risikokapitalgeber 16 Millionen Dollar. Spieleentwickler sind begeistert von der Technik, "Doom"-Erfinder John Carmack war von Anfang an dabei. Programmierer der isländischen Firma CCP (sie betreibt die Weltraumsimulation "Eve Online") haben ihr Kampfspiel "Eve VR" binnen weniger Wochen für die Oculus Rift entwickelt.
Die technische Demonstration ist eindrucksvoll: Mit der Brille funktioniert die Steuerung sehr gut. Das Sichtfeld ist mit 110 Grad (diagonal) sehr groß. Man kann sich im Spiel wirklich umschauen und neue Ausschnitte entdecken. Die Konstruktion aus Soft- und Hardware mit speziellen Linsen liefert jedem Auge ein eigenes Bild, um so einen 3-D-Effekt herbeizuführen. Die räumliche Wirkung überzeugt. Und, sehr wichtig für Actionspiele: Die Darstellung verändert sich ohne spürbare Verzögerung. Drehe ich den Kopf nach links, schaue ich nach links.
Zielerfassung per Kopfbewegung
Die Simulation reagiert so schnell, dass man im Spiel per Kopfbewegung zielen kann. Um einen Torpedo auf ein gegnerisches Schiff zu feuern, wende ich den Kopf in seine Richtung, bis es in der Zielerfassung positioniert ist. Halte ich das Ziel für einen Augenblick erfasst, kann ich einen Torpedo losschicken.
Die Steuerung ist schnell verstanden, nach einer halben Minute kämpfe ich mit meinen zwei Teammitgliedern gegen drei Schiffe der Gegenseite. Jedes wird von einem Messebesucher mit VR-Brille gesteuert, wir sitzen zu sechst nebeneinander. Keiner hat Probleme mit der Steuerung, keiner steigt vorzeitig aus dem Spiel aus. Aber von außen betrachtet sehen wir vermutlich etwas seltsam aus.
Das Entwicklermodell des Oculus Rift ist groß genug, um es über einer normalen Brille zu tragen. Die VR-Brille schnallt man sich mit Gummiriemen am Kopf fest, sie fühlt sich leichter an als sie aussieht. Beim Spielen fällt das Gewicht nicht auf. Übel wird mir nicht, auch meine Mitspieler haben keine Probleme. Das kann daran liegen, dass wir nur wenige Minuten spielen. Es kann auch sein, dass die Wahrnehmung bei einer Weltraumsimulation nicht sonderlich durcheinander kommt: Im Weltall war ich noch nie, ich habe keine Erfahrung, wie es sich wirklich anfühlt, da herumzufliegen. Einigen Kollegen der Computerzeitschrift "c't" wurde bei längeren Tests der VR-Brille jedenfalls schlecht.
Wenn ein reguläres Modell der Oculus Rift in den Handel kommt (angeblich Ende 2014, angeblich für 300 Dollar), könnte das die Spielerfahrung revolutionieren - wenn es denn mehr Entwickler wie John Carmack und den "Eve Online"-Mitgründer Hilmar Petursson gibt, die die Technik unterstützen. Petursson hat große Ideen für die Oculus Rift:
"Zwei Leute mit Oculus-Brillen können in einem Raum stehen, sie sehen sich in der Simulation, sie haben Schwerter in den Händen, sie stehen in einer Taverne, sie kämpfen. Das ist heute technisch möglich, alles dafür Notwendige gibt es schon. Wir sind ganz nah an einer Erfahrung wie auf dem Holodeck."
Während Petursson mir das erzählt, halte ich das für etwas übertrieben. Dann spiele ich sechs Minuten Weltraumschlacht. Und ich bin überzeugt: Das ist eine völlig andere Erfahrung als Spiele vorm Bildschirm. Es kommt mir vor, als hätte ich eine halbe Stunde gespielt. Ich gehe aus dem Konferenzraum einen Korridor entlang, das Neonlicht, der graue Teppich - alles kommt mir unwirklich vor. Ganz ähnlich habe ich mich gefühlt, als ich mit neun Jahren nach einer Nachmittagsvorstellung von "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" aus dem Kino in die Abendsonne kam. Das hier ist die Wirklichkeit?
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"Eve VR": Sechs Spieler treten am Rand der Spielemesse E3 in der Weltraumschlacht der isländischen Firma CCP gegeneinander an. Zwei Fraktionen, jede mit drei Schiffen, die Schlacht sieht man nur auf den Bildschirmen der VR-Brille Oculus Rift.
Oculus Rift: Das Entwicklermodell der Brille hat eine Auflösung von 640 x 800 Pixeln je Auge. Da jedes Auge einen anderen Schirm sieht, entsteht ein räumlicher Eindruck.
"Eve VR": Mit dem roten Fadenkreuz visiert man Ziele für Torpedoangriffe an. Die Steuerung kombiniert Kopfbewegung und Controller.
Zielerfassung: Wenn man den linken Abzug am Controller zieht, zielt man für einen Torpedoangriff. Das Ziele erfasst man per Kopfbewegung. Hat man ein Schiff so einen Augenblick lang erfolgreich anvisiert, lässt man den linken Abzug los und der Torpedo sucht sein Ziel.
Laserwaffen: Mit dem rechten Abzug am Controller feuert man ganz klassisch die Laser ab - in die Richtung, in die das Schiff gerade fliegt.
Weltraumschlacht in "Eve VR": Sechs Minuten Spielzeit kommen einem viel länger vor - als habe man eine halbe Stunde hier im All verbracht.
Hilmar Pétursson: Der isländische "Eve Online"-Mitgründer sieht eine große Zukunft für die VR-Brille Oculus Rift. "Wir sind ganz nah an einer Erfahrung wie auf dem Holodeck", sagt er.
"Eve Online": Die Weltraumsimulation der isländischen Firma hat 500.000 Abonnenten weltweit. Das Spiel läuft seit gut zehn Jahren. Ein vorgegebenes Spielziel gibt es nicht. Manche Spieler bauen gerne Ressourcen ab, andere handeln mit diesen Rohstoffen. Wer nicht selbst arbeiten will, kann sich aber auch als Pirat verdingen und von anderen klauen.
Grafik von "Eve Online": Das Spiel wird in regelmäßigen Abständen auf den neuesten Stand gebracht. Die Abonnenten zahlen jeden Monat eine Gebühr, um spielen zu können. Diese liegt je nach Monatspaket zwischen rund 11 und 15 Euro.
Cyber-Brille: 20 Prozent ihrer Arbeitszeit dürfen CCP-Mitarbeiter in eigene Ideen investieren. Innerhalb nur weniger Wochen ist aus einem dieser Projekte ein Weltraum-Shooter für die Virtual-Reality-Brille Oculus Rift entstanden. Spieler erleben eine Raumschlacht aus der Egoperspektive und gucken sich im Cockpit um, indem sie ihren Kopf bewegen.
Virtual-Reality-Brille: Der "Doom"-Erfinder John Carmack zeigte 2012 einen gut funktionierenden Prototypen einer VR-Brille. Er prognostizierte damals: "Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten zwölf Monaten großartige Dinge sehen werden. Ich stelle mir zum Beispiel eine Halle voller Menschen vor, die sich alle in einer anderen Welt befinden und mit- oder gegeneinander spielen." Carmack hatte recht: "Eve VR" ist derzeit zwar nur für sechs Spieler geeignet, aber es ist großartig.
"Tom Clancy's: The Division"
Darum geht's: Ein Virus rafft binnen weniger Tage große Teile der US-Bevölkerung hin, Panik breitet sich aus, Menschen suchen Waffen, kämpfen um Nahrung, die staatliche Ordnung bricht zusammen, Polizeiwachen werden geplündert, Gangs übernehmen die Kontrolle über Stadtteile. Die Spieler sind Schläfer der Regierung, die bei einem solchen Zusammenbruch die staatliche Ordnung wiederherstellen sollen. Man hat spezielle Ausrüstung, aber nur Vorräte für wenige Tage. Man muss sich mit anderen Spielern zusammenschließen und kämpfen.
Das ist besonders: Die Grafik ist die detaillierteste, schönste, die auf dieser E3 zu sehen ist. Die Welt ist offen, man muss keinem vorgegebenen Pfad folgen. Auf den ersten Blick ist "The Division" ein Taktik-Shooter, aber es gibt Rollenspiel-Elemente (offene Welt, Entwicklung der Fähigkeiten einer Figur), eine starke Geschichte. Die Online-Mechanik ist interessant: Man spielt, wenn man will, mit anderen zusammen, nicht nur mit Konsolenspielern, sondern auch mit solchen an iOS- und Android-Tablets. Die können Hubschrauber im Spiel steuern, sie sehen auf dem Tablet das Spielgeschehen aus der Luft, können Gegner markieren und Kollegen heilen. Die Spielmechanik macht "The Division" zu einem der interessantesten Spiele dieser E3. Es lässt sich keinem Genre zuordnen und sticht aus der Masse neuer Titel hervor.
Erscheint: 2014 für Xbox One und die Playstation 4
Murdered: Sole Suspect
Darum geht's: Der Held stirbt, so beginnt das Spiel. Polizist Ronan O'Connor wird erschossen, doch seine Seele bleibt auf der Erde in einem Zwischenreich. Er kann seine Kollegen beobachten, wie sie sich über seine Leiche beugen, er hört einen Beamten lästern, aber er kann nichts tun. Als Geist kann er nichts in der physischen Welt greifen, niemanden schlagen und auch nicht sprechen. So eingeschränkt muss er den eigenen Mord aufklären, um aus der Zwischenwelt zu entkommen. Die Grundidee ist übrigens geklaut: Die Story erinnert an die des Rätselspiels "Ghost Trick". Die Mechanik aber ist eine völlig andere.
Das ist besonders: Endlich wieder ein Action-Adventure! Und dann noch eins, das mit vielen Konventionen des Genres geschickt spielt: Ronan kann die lebenden Zeugen nicht ausfragen, aber er kann in ihren Erinnerungen wühlen, sich aus Bildern und Stichworten Spuren zusammensuchen. Für fast alle Probleme muss man indirekte Lösungen finden: Geister können zum Beispiel elektrische Geräte beeinflussen - so kann man Lebende in die richtige Richtung locken.
Erscheint: Anfang 2014 für Playstation 3, Xbox 360 und PC
Destiny
Darum geht's: In einer fernen Zukunft haben Aliens die Welt erobert. Eine Stadt ist noch sicher, hier lebt der Rest der Menschheit. Die Spieler verteidigen diese letzte Stadt und erkunden die Ruinen der untergegangenen Zivilisationen.
Das ist besonders: "Destiny" ist ein Multiplayerspiel, bei dem man sich nicht selbst Gruppen suchen muss. Andere Spieler tauchen in öffentlichen Zonen im eigenen Spiel einfach so auf, die Spieler werden von einer Software zusammengewürftelt. Viele Details verraten die Entwickler noch nicht, aber es sieht danach aus, dass "Destiny" Multiplayer-Spiele einsteigerfreundlich machen soll. Es wird möglich sein, dass sehr starke und ganz neue Figuren zusammenspielen, außerdem soll die Mechanik ein kooperatives, freundliches Miteinander der Spieler begünstigen. Und wer gar nicht mit anderen spielen will, kann auch ganz allein die Welt retten. Das dauert allerdings länger: Das Studio Bungie verspricht eine fortlaufende Geschichte über mehrere Jahre.
Erscheint: 2014 für Playstation 3, Playstation 4, Xbox 360, Xbox One
Beyond: Two Souls
Darum geht's: Der Spieler steuert die Heldin Jodie Holmes durch ihr Leben, vom achten bis zum 23. Jahr. Und er steuert das übernatürliche Wesen Aiden, das mit Jodie verbunden ist. Die beiden kommen nicht voneinander los, sie müssen sich irgendwie miteinander arrangieren. Aiden beschützt Jodie, kann aber auch eifersüchtig sein, wenn sie sich zu gut mit Menschen versteht, das heißt: besser als mit Aiden. Das Geistwesen kann durch Mauern schweben, Schutzschilde aufbauen, andere Menschen in Besitz nehmen und schreckliche Dinge tun lassen: Sie stechen sich ein Messer in den eigenen Hals, sie richten ihre Kameraden hin.
Das ist besonders: Jede Spielphase von "Beyond" ist anders, man reagiert auf die Umstände: Die obdachlose Jodie hilft einer Frau bei der Geburt, die später als Agentin rekrutierte ältere Jodie tritt, schleicht und schießt sich durch eine Stadt in Somalia. Entwickler David Cage sagt: "Das Leben ist keine Abfolge von Missionen mit den immer gleichen Handlungsmustern. Deshalb ist es dieses Spiel auch nicht, denn wir leben Jodie und Aiden, darum geht es." Es gibt kein "Game Over" im Spiel, man kann nicht verlieren, aber man "muss die Konsequenzen seines Versagens tragen", wie Cage es beschreibt. Die Grafik ist enorm detailreich - schwer zu glauben ist, dass "Beyond: Two Souls" ein Spiel für die "Playstation 3" ist. Vor allem, da man jederzeit im Spiel zu Aiden wechseln und durch Wände gehen kann.
Erscheint: Oktober 2013 für Playstation 3
The Evil Within
Darum geht's: Der Schöpfer von "Resident Evil", Shinji Mikami, entwickelt ein neues Survival-Horrorspiel. Mit den gerade in Fernsehen und Kino so beliebten Zombies hat das wenig zu tun: Die Ungeheuer in Mikamis Spiel sind einzigartig abstoßend. Das Ziel: ihnen entkommen.
Das ist besonders: So blutig die Grafik ist, die Angst entsteht in Mikamis Spiel nicht so sehr durch die drastische Darstellung, Mikami ist subtiler. Die Geräusche sind wichtig, die schleppenden Schritte des Helden, irgendwo im Hintergrund der Wutschrei des Schlächters, dem man entkommen ist, Türen schlagen, es kommt näher, und der Held humpelt den Gang entlang, man sieht in der Third-Person-Perspektive sehr gut, wie langsam und wie verletzt er ist.
Erscheint: 2014 für Playstation 3, Playstation 4, Xbox 360, Xbox One und PC
Metal Gear Solid V: The Phantom Pain
Darum geht's: Schleichen statt Schießen. Mit diesem Spielprinzip hat Snake, der Held der "Metal Gear"-Reihe seit den Achtzigern ein eigenes Genre geprägt. Das Schleich-Antikriegsspiel. Das wird auch "The Phantom Pain" sein und doch wird alles anders als in den bisherigen Teilen.
Das ist besonders: Bislang war in allen "Metal Gear"-Teilen die Levelabfolge streng vorgegeben, man konnte von dem für die Spielfigur vorbestimmten Pfad kaum abweichen. Doch "The Phantom Pain" wird ein Open-World-Spiel. Der Spieler entscheidet, was er wie angeht und welche Aufgaben er wann erledigt. Er kann sich weitgehend frei in der Spielwelt bewegen, verspricht Schöpfer Hideo Kojima. Neu sein wird auch die Stimme von Snake: Erstmals seit 1998 kommt die nicht von David Hayter sondern von "24"-Star Kiefer Sutherland ("Jack Bauer").
Erscheint: 2014 für Playstation 3, Playstation 4, Xbox 360, Xbox One
Pikmin 3
Darum geht's: Drei Raumfahrer landen auf dem Planeten der Pikmins, um Lebensmittel für ihre hungernde Heimatwelt zu sammeln. Auf dem Pikmin-Planeten liegen überall Früchte herum, und freundliche Pikmins laufen umher, die beim Tragen helfen - man muss die chaotischen Massen nur koordinieren. "Pikmin 3" ist ein Strategiespiel wie die Vorgänger.
Das ist besonders: Allein die hochauflösende Grafik steigert den Spielspaß im Vergleich zu den Vorgängern enorm. Es ist eine Freude, den bunten, niedlichen und lustig animierten Pikmins beim Arbeiten zuzusehen. Das Wii-U-Gamepad zeigt eine Übersichtskarte der Levels und hilft so erheblich bei der Orientierung.
Erscheint: Ende Juli für Wii u
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