Hype um neue Spielkonsole Eine Playstation 5 zu Weihnachten? Viel Glück!

Die neue Playstation ist angesagt wie kaum ein anderes Techprodukt – und überall ausverkauft. Viele wären bereit, Preise weit über dem Listenpreis zu zahlen. Was ist da los?
Playstation 5: Kauflust und Enttäuschung

Playstation 5: Kauflust und Enttäuschung

Foto: Future Publishing / Future Publishing via Getty Images via Getty Images

»Jede einzelne Person, die ich kenne, möchte eine«, schreibt jemand im Onlineforum »ResetEra« . »Alles ist ausverkauft. Hobby-Spekulanten verkaufen sie für mehr als einen Tausender. Es scheint ein globales Phänomen zu sein.« Die Rede ist nicht von einer neuen Wundermedizin oder einer lebenswichtigen Ressource, sondern von einer Spielkonsole. »Ist die Playstation 5 das beliebteste Techprodukt aller Zeiten?«, fragt der Verfasser des Foreneintrags.

Ob dieser Bekanntenkreis, in dem »jeder« Sonys neueste Spielkonsole will, wirklich existiert, sei dahingestellt. Der Rest der wilden These jedoch lässt sich nicht wegdiskutieren. Die Playstation 5 ist derzeit in Deutschland und auch anderen Ländern de facto nirgends mehr erhältlich. Zwei Wochen nach dem offiziellen Release am 19. November kann sich daher besonders fühlen, wer das Gerät schon sein Eigen nennt, zumal selbst viele Vorbesteller noch auf ihre Lieferung warten – teils Wochen, nachdem sie bezahlt haben.

Jetzt noch eine Playstation 5 zu Weihnachten besorgen, ohne auf Portalen wie Ebay Kleinanzeigen das Doppelte des üblichen Preises von entweder 400 oder 500 Euro auszugeben? Das braucht starke Nerven und vor allem Glück. Sony hat für dieses Jahr zwar noch einmal weiteren Konsolen-Nachschub angekündigt . Aber wann, wo und wie es so weit ist, bleibt vorerst eines der großen Rätsel dieser Adventszeit.

Liveblogs zum Playstation-Verkauf

Streifzüge durch Kaufhäuser jedenfalls helfen wenig. Die Playstation 5 wurde und wird nahezu ausschließlich übers Netz verkauft, auch um während der Coronakrise Menschenaufläufe in der Games-Abteilung zu vermeiden. Bislang ließ sich das Gerät nur an wenigen Tagen – praktisch ging es eher um Minuten oder Sekunden – online bei Techhändlern erwerben. Es brauchte entschiedene Klicks zur rechten Zeit am rechten Ort, ein Albtraum für Berufstätige. Zum Teil brachen sogar ganze Onlineshops unter dem Ansturm auf die Konsole zusammen . Bei Fachmedien gibt es mittlerweile kleine Liveblogs zur Liefersituation .

Die Playstation 5 ist damit ein Marketingselbstläufer. Noch jedoch dreht sich die Diskussion mehr um bloßen Besitz, weniger um das Spielerlebnis: Haben oder nicht haben, warten oder nicht warten, dabei sein oder die Schnauze voll haben.

126.000 Kommentare zu einem Deal

Fabian Spielberger, 37, hat schon viele Konsolen-Starts miterlebt, aber diesen hält er für den aufsehenerregendsten. Er ist Chef von »mydealz«, einer Plattform für die Jagd nach Schnäppchen. Auf »mydealz«, das Spielberger 2007 gründete, stellen Nutzer entdeckte Angebote ein, andere bewerten sie. Jeder eingestellte »Deal« erreicht so eine bestimmte Temperatur, nach dem Motto: Je mehr ein Deal brennt, desto bemerkenswerter. Zum Black Friday etwa landete ein Beitrag zu rabattiertem Sexspielzeug bei über 4000 Grad, am Mittwoch knackte ein Staubsaugroboter-Set die 3000 Grad.

Beide Angebote gelten damit als sehr gut, doch der »mydealz«-Beitrag zur Playstation 5 toppt das locker. Er ist auf 28.928 Grad geklettert , die bisher zweithöchste Temperatur überhaupt. Dabei bot sich beim Konsolenkauf keine Sparchance. Der Beitrag zählt im Wesentlichen auf, wo wann eventuell noch eine Konsole zum Normalpreis auftaucht. Trotzdem hat der Beitrag einen Rekord aufgestellt: Unter ihm versammeln sich bis heute über 126.000 Nutzerkommentare, viel mehr als je bei einem Thema zuvor.

Es ist eine Diskussion voller Kauflust und Frust , voller Witze und Selbstoffenbarungen. Ein Thread, in dem wohl überwiegend jüngere bis mittelalte Männer eine Zweitfamilie gefunden zu haben scheinen: die der verzweifelten Playstation-5-Jäger, zusammengeschweißt durch das Begehren, trotz widriger Umstände eine Konsole zu ergattern. Motto: The chase is better than the catch.

»Das Ungewöhnliche ist, dass man die Playstation gerade nicht einmal mehr vorbestellen kann«, sagt Fabian Spielberger. »Wir reden nicht wie bei anderen Konsolen-Launches davon, ob man direkt an Tag eins spielen kann oder nicht, sondern davon, ob man in einigen Wochen oder Monaten überhaupt eine Playstation bekommt.«

Die Nachfrage ist groß, trotz fehlender Exklusivspiele

Wie konnte es so weit kommen? Viel wird über Liefer- oder Produktionsschwierigkeiten gemutmaßt, wegen Corona. Sony äußert sich dazu nicht im Detail. Und ja, wahrscheinlich spielt die Pandemie eine große Rolle, aber stärker in einer anderen Facette. Denn dieses Jahr wollen offenbar einfach sehr viele Menschen eine neue Konsole kaufen.

Sonys Angaben zufolge waren trotz Coronakrise zum Launch mehr Geräte als zum Start der Playstation 4  verfügbar. Doch allein in den USA soll es binnen zwölf Stunden  so viele Vorbestellungen gegeben haben wie bei der Vorgängerkonsole in zwölf Wochen.

Die Playstation 5 ist für viele offenbar weniger ein Luxusobjekt, als vielmehr der passende Kauf für die Krisenzeit. Da kann die Konsole noch so weiß, riesig und inkompatibel zu vielen Wohnzimmer-Einrichtungen sein. Da ist es egal, dass es zum Start kaum exklusive Blockbusterspiele gibt, abgesehen vom düsteren »Demon's Souls«.

Dafür immerhin lockt die Konsole damit, dass man seine Playstation-4-Titel weiterspielen kann, auf einem Gerät, das aber deutlich leistungsfähiger ist als sein mittlerweile doch altbackener Vorgänger. 4K-Auflösungen, kürzere Ladezeiten, ein besserer Controller: In einem Jahr, in dem freizeitmäßig sonst nicht viel geht, ist zumindest beim Gaming daheim ein merklicher Sprung nach vorn möglich.

Die Coronakrise mit ihren Shutdowns hat manche Menschen auch erst zum Spielen hin- oder erneut dorthin zurückgebracht. »Viele haben vielleicht auch Geld gespart, weil sie zum Beispiel nicht im Urlaub waren, und sich dann gesagt: Jetzt gönne ich mir mal wieder eine Playstation«, meint Fabian Spielberger. Außerdem gelten die Tage um und nach Weihnachten traditionell als gute Gelegenheit zu spielen – am besten auf einer neuen Konsole.

Verknappung als Marketing-Turbo

Den Schnäppchenexperten Spielberger erinnert der Playstation-5-Start mit viel mehr Nachfrage als Angebot an Produkteinführungen in der Modewelt, wo etwa manche Sneaker bewusst in geringer Stückzahl produziert werden, was sie umso begehrter macht. Künstliche Verknappung als Marketing-Turbo. Sony würde zwar sicher lieber mehr Konsolen in den Handel bringen als zu wenige. In jedem Fall habe das Unternehmen aber einen »FOMO-Moment « kreiert, sagt Spielberger, einen Moment, der Leute denken lasse: »Oh Mist, wenn ich sie jetzt nicht kriege, dann kriege ich sie lange nicht«.

Stärker als bei vorherigen Konsolen-Starts scheinen beim Wettklicken um die ersten Geräte diesmal auch Menschen mitgemischt zu haben, die die Geräte im Stil von Ticket-Schwarzmarkthändlern mit Profit an echte Fans weiterverkaufen wollen. Das Geschäft lohnt sich, ob im kleinen oder großen Stil. Ebay Kleinanzeigen schlägt derzeit automatisiert einen Preis von 600 bis 900 Euro vor, wenn jemand eine Verkaufsanzeige für eine Playstation 5 aufsetzt. Diese Preisspanne scheint realistisch. Mehrere Privathändler und -händlerinnen berichten auf Nachfrage, dass die Schmerzgrenze ernsthafter Kaufinteressenten bei etwa 800 Euro pro Konsole liege.

Der Großteil der Nachrichten, die sie auf der Plattform erhalten, seien aber Beleidigungen, so die Händler: Wie sie es wagen könnten, die Konsole für 900 oder auch mal 1000 oder 1100 Euro feilzubieten. Chancen, vierstellige Beträge zu erzielen, rechnet sich manch einer aber aus, gerade mit Blick auf Weihnachten. Weil einige Leute wohl viel dafür geben würden, den sehnlichsten Geschenkewunsch von Partner oder Kind zu erfüllen. Diese Wette könnte aufgehen.

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