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Launch: Starcraft 2 - das Spiel des Jahres?

Starcraft 2 Der Weltraum, unendliche Gewinne?

300 Euro haben Fans für die Testversion geboten, obwohl das Original später nur 40 Euro kostet. Starcraft 2 verspricht, zum Spiele-Megaseller des Jahres zu werden. Der Hersteller rechnet mit bis zu einer Milliarde Dollar Gewinn. Doch kann das Werk die hohen Erwartungen einlösen?
Von Mathias Hamann

Sie warten wie Teenie-Mädels einst auf Boyband-Konzerte, doch die Jungs am Alexanderplatz sehnen nicht Super- oder Castingstars herbei, sondern ein Computerspiel. "Naja, wir kreischen nicht, aber die Sehnsucht ist vielleicht die gleiche", sagt Fan Bastian Angerstein schmunzelnd.

Es ist Montagabend in Berlin, 19 Uhr, in fünf Stunden beginnt der Verkauf von Starcraft 2. Der Vorgänger verkaufte sich in zwölf Jahren elf Millionen Mal, gilt als erfolgreichstes Echtzeit-Strategiespiel überhaupt - und löste den Boom des E-Sport aus. Es begründete mit Diablo und Warcraft auch den Erfolg von Blizzard, das auch für den kommerziellen Welterfolg World of Warcraft verantwortlich zeichnet. Verglichen mit dieser von Millionen zahlenden Zockern bevölkerten virtuellen Welt erscheint Starcraft, ein Spiel für einen bis acht Spieler, geradezu hausbacken: Was ist so besonders an diesem Spiel, dass es die Fanboys selbst bei miesem Wetter in eine nächtliche Warteschlange lockt?

In dem Echtzeit-Strategiespiel agiert der Gamer als General in einer Science-Fiction-Welt, er dirigiert mit seiner Maus Pixel-Arbeiter zum Gebäudebau, sammelt Rohstoffe, schafft Militäreinheiten und erfüllt damit Missionsziele. Aber nicht nur die Personalfusion fasziniert die Spieler: "Starcraft hat eine tolle Geschichte", schwärmt Fan Bastian Angerstein, seit 25 Jahren begeisterter Gamer. Drei Rassen ringen miteinander, es gibt kernige Soldaten, größenwahnsinnige Führer, Aliens, Lovestorys, Verrat und Verzweiflung in diesem Krieg der Sterne: "Der Vorgänger hörte an der spannendsten Stelle auf", sagt Angerstein. Um weiterzumachen, will sich Bastian zwei Tage freinehmen.

Alles rechnet mit einem Erfolg

In Asien gilt das Spiel als Kult, dort faszinierte nicht nur die Story, sondern auch der Multiplayer-Modus und löste den Boom des E-Sport aus. In Deutschland hat die Computerspiele-Liga ESL schon jetzt das Ende anderer Strategietitel in ihrer Profisektion angekündigt und setzt in der nächsten Saison auf Starcraft 2. Schon in der Testphase, noch vor Veröffentlichung, hat sie zahlreiche Turniere veranstaltet.

Rob McNaughton steht über dem Ganzen, heute sogar physisch in 120 Metern Höhe, in der 37. Etage des Park Inn Hotels am Alexanderplatz. Der Lead Technical Artist von Blizzard kennt die Erwartungen, sein Boss Robert Kotik bezeichnete Starcraft im "Wall Street Journal" neben World of Warcraft als eine der sieben Säulen der Firma. Jede dieser Säulen kann - über eine Verkaufszeit mehrerer Jahre - 500 Millionen bis eine Milliarde Dollar an Gewinn einbringen. Im vorigen Jahr lag der Umsatz von Activision Blizzard bei 4,3 Milliarden Dollar. Der Erfolg fußt vor allem auf drei erfolgreichen Spielserien, die in zeitlichen Abständen mit Add-ons gepflegt und belebt werden - ein Rezept, das die Spiele länger frisch hält und den Umsatz maximiert.

Wurde deshalb Starcraft 2 aufgeteilt? Waren im Vorgänger direkt alle drei Rassen spielbar, ist es im Nachfolger erstmal nur eine, die anderen folgen später. Rob McNaughton erklärt, die Entwickler hätten die Geschichte länger erzählen wollen. Daher "gibt es in der ersten Version mehr Missionen als in jedem anderen Blizzard-Spiel". Zudem könne jeder im Multiplayer-Modus alle Rassen spielen.

Single-Play-Modus auch offline, Multiplay nur via Internet

McNaughton beruhigt auch Fans, die im Vorfeld befürchtet hatten, nur noch online spielen zu können: "Man braucht nur zum Registrieren eine Internetverbindung." Wer sich aber mit Blizzards-Online-Plattform Battle.Net verbinde, bekomme Belohnungen. Während die Firma bei Einzelspielern aufs Zuckerbrot setzt, holt es bei Multiplayern die Peitsche heraus.

Matches gegeneinander sind nur noch via Battle.Net möglich. Einfach zwei PCs mit Kabel verknüpfen und dann Zocken - das geht nicht mehr. Lan-Party-Fans könnte das missfallen. Aus Blizzards Perspektive ist das eine Umsatzversicherung: Damit kann die Firma die Verbreitung illegaler Kopien eindämmen.

Ärger hat Blizzard mit der koreanischen E-Sport-Liga Kespa. Die Kespa braucht Blizzards Erlaubnis, um ihre Turniere zu veranstalten oder die Fernsehrechte dafür zu verkaufen. Die bringen in Südkorea Millionen ein und Blizzard will auch da ein Wörtchen mitreden, was der Kespa nicht passt. Blizzard verweigerte daher die Nutzungserlaubnis für Starcraft 2 - das erhielt daraufhin keine Jugendfreigabe. Ein Zusammenhang?

Rob McNaughton sagt: "Starcraft 1 hatte rotes Blut auch in Süd-Korea." Zu weiteren Details will er sich nicht äußern. Beim Nachfolger musste das Blut sterbender Einheiten nun schwarz sein, jetzt können auch Zwölfjährige mitdaddeln.

Der Programmierer, ein Popstar

Inzwischen ist es 22 Uhr, hinter Bastian Angerstein reihen sich auf 60 Metern 130 Leute. Er steht an der Spitze und unterhält sich mit seinem Nachbarn über die Testversion von Starcraft 2: Allein für den Zugang gab es bei Ebay Gebote von bis zu 300 Euro, obwohl das Spiel später weniger als 40 kostet wird. Die Schlange wächst auf 130 Meter.

Bastian Angerstein wundert sich auch ein wenig über sich selbst, weil er hier wartet, denn beim Elektromarkt um die Ecke hat er Starcraft 2 schon am Nachmittag gesehen. Er hofft wie viele hier auf eine Show. Außerdem signiert Rob McNaughton Spiele, einige wollen die dann bei Ebay versteigern. Die Schlange erreicht rund 150 Meter Länge.

Um Mitternacht öffnen die Kassen. Die ersten gehen gemütlich in den E-Discounter, niemand rennt, kein Gedränge. Wer sein Game gekauft hat, schlendert zur nächsten Schlange, Rob McNaughton schreibt Autogramme, er hat sogar eigene Autogrammkarten. Manchmal posiert er für Fotos, wie ein Teenie-Star, nur dass niemand kreischt.

Auch Bastian Angerstein lässt Blizzards Game-Designer unterschreiben: "Für mich hat sich der Abend dann doch gelohnt." Es ist halb eins, es warten immer noch über 100 Menschen. Bastian Angerstein eilt nach Hause und spielt sofort los.

Am nächsten Morgen ist sein Fazit: Besser für Einsteiger als der Vorgänger, aber sonst nicht auf dem neuesten Stand. Die Einheiten seien alle einheitlich, andere Games schafften mehr Individualität. "Es ist schon sehr auf Multiplayer ausgerichtet, wenig Firlefanz, damit gut für die Rechenleistung." Das werde die E-Sportler freuen.

Der Fan Bastian Angerstein sieht aber seine Sehnsucht ein wenig enttäuscht, er hätte sich mehr Atmosphäre gewünscht: "Vielleicht bessert sich die in den Erweiterungen."

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