
Spieleplattform von Valve: Was ist eigentlich Steam?
Kritik an Spieleplattform von Valve Keine Lust auf Verantwortung
Valve ist eine der mächtigsten Gamesfirmen der Welt - und notorisch wortkarg: Mit Steam betreibt die Firma den wichtigsten Onlineshop für PC-Spiele, doch ihr weltweiter Pressekontakt besteht aus einer einzigen E-Mail-Adresse. Wenn ein Journalist beklagt, Facebook antworte nur ausweichend, soll er mal versuchen, von Valve eine Reaktion auf kritische Fragen zu bekommen.
Wir lassen unsere Produkte für uns sprechen, so wird dieses Nicht- oder Nur-im-Notfall-Kommunizieren im Zweifel erklärt. Oder damit, dass die Mitarbeiter bei Valve freier als in anderen Unternehmen entscheiden, womit sie ihre Zeit verbringen.

Spieleplattform von Valve: Was ist eigentlich Steam?
Dass Valve sich so selten erklärt, macht einen Blogpost umso bemerkenswerter, den das Unternehmen nun veröffentlicht hat. Darin geht es um die Frage, welche Inhalte bei Steam jetzt und künftig angeboten werden.
Valve reagiert damit auf Debatten der vergangenen Wochen, in denen es etwa um Spiele mit sexuellen Inhalten ging und um einen Schulamoklauf-Simulator, den Steam zunächst in seinen Katalog aufnahm, der nach Nutzer-Protesten noch vor Release aber doch wieder aus dem Angebot flog.
"Trolling" bringt Ärger
Auf solche konkreten Streitfälle geht Valve in seinem Post nicht ein, das Unternehmen stellt aber klar, dass es Steam mehr oder weniger als neutrale Plattform sieht. Erscheinen darf dort laut Valve "alles, außer Dinge, bei denen wir entscheiden, dass sie illegal sind, und ganz eindeutigem Trolling". Hinzu kommen noch Sonderregeln je nach Land: So fehlen im Steam-Katalog für Deutschland etwa Titel, die auf dem Index stehen. Was genau Valve für "illegal" hält und was für "Trolling", bleibt derweil offen, kürzlich hatte die Firma den Entwickler des Amoklauf-Spiels als "Troll" bezeichnet .
Der Post macht auch klar: Schrott-Spiele, oder solche, die mit falschen Versprechen locken, sowie Spiele, in denen es gar nichts zu tun gibt - all das wird und soll es weiter geben. Valves will Steam-Spiele auch künftig nicht vorab inhaltlich prüfen, niemanden bevormunden, wenn es um die Frage geht, was denn nun ein "Spiel" sei oder was der Mindestqualitätsstandard.
Eine interessante Position für eine Firma, die mit Spielen wie "Half-Life" und "Portal" selbst Spielemeilensteine entwickelt hat. Vielleicht geht es Valve aber auch nur darum, möglichst wenig Aufwand zu betreiben? Mit nur einigen Hundert Mitarbeitern und mehreren Milliarden Umsatz macht die Firma Jahr für Jahr ein vermutlich fantastisches Geschäft - sie verdient schließlich an allen auf Steam verkauften Spielen mit, unabhängig von Inhalt und Qualität. Warum sollte man daran freiwillig etwas ändern?

Bild aus Valves "Handbook for new Employees"
Foto: ValveKontrovers ist Vieles
Bedenklich wird so eine Position, sobald es nicht mehr um die spielerische Qualität von Games geht. Wenn es so scheint, als sehe Valve geschmacklose oder menschenverachtende Inhalte offenbar auf Augenhöhe mit solchen, die nur deshalb "kontrovers" sind, weil sich einige - mit der modernen Lebenswelt womöglich überforderte - Nutzer daran stören, dass sie Themen wie Homosexualität oder Feminismus behandeln.
Das Unternehmen jedenfalls schreibt in seinem Post, die Diskussion drehe sich nicht nur um Gewaltspiele und Spiele für Erwachsene, sondern darum "ob der Store Spiele zu einer ganzen Reihe von kontroversen Themen bietet - Politik, Sexualität, Rassismus, Gender, Gewalt, Identität und so weiter."
Nun könnte man natürlich sagen: Politische Spiele? Warum nicht? Spiele mit krasser Gewalt? Ja, für Erwachsene. Spiele, in denen es um Gender- oder um Identitätsfragen geht? Ja, wir haben 2018. Und Spiele, die Rassismus verharmlosen? Natürlich nicht!
Valve scheint zu solchen Differenzierungen nicht bereit.
Eine krude Logik
Stattdessen heißt es, die jetzige Erklärung, was auf Steam gehört und was nicht, habe zur Folge, "dass der Steam-Store Dinge enthalten wird, die du hassen wirst und von denen du denken wirst, dass sie nicht existieren sollten. [...] Aber du wirst auch Dinge im Store sehen, von denen du glaubst, dass sie dort sein sollten, während einige andere Leute sie hassen werden und wollen, dass sie nicht existieren."
Wie genau soll man das interpretieren? Etwa nach dem Motto 'Wenn ein Aufklärungsspiel über häusliche Gewalt auf Steam sein soll, muss auch der menschenverachtende Vergewaltigungssimulator verfügbar sein'?
Die krude Logik erspart Valve eine eigene Haltung. Eine, wie sie kürzlich Spotify erkennen ließ, als der Dienst ankündigte, gegen hasserfüllte Musikinhalte und mutmaßlich gewalttätige Künstler vorzugehen. Warum positioniert sich nicht auch Valve und sagt: 'Rassistische Spiele vertreiben wir nicht auf Steam, Punkt'?
Alle gleich vor den Kopf stoßen
Womöglich meint Valve, dass es sich weniger angreifbar macht, dass es sich weniger oft für sein Angebot rechtfertigen muss, wenn einfach für alles dieselben Regeln gelten. Valve will alle gleich stark vor den Kopf stoßen - zur Not könne sich jeder mit Filtern helfen und so nicht sehen müssen, was einen stört, argumentiert das Unternehmen.
Dreist ist nur, dass Valve trotzdem so tut, als hätte die Firma doch Werte, unabhängig davon, an welchen Geschmacklosigkeiten auf Steam sie mitverdient: "Es bedeutet auch, dass die Spiele, die wir im Shop zulassen, nicht die Werte von Valve widerspiegeln, von der simplen Überzeugung abgesehen, dass ihr alle das Recht habt, zu kreieren und zu konsumieren, was ihr wollt", schreibt Valve, und: "Wenn du ein Entwickler von problematischen Spielen bist, dann sind wir nicht auf deiner Seite gegen all die Leute, die du beleidigst."
Gerade macht auf Twitter übrigens der Hinweis auf ein auf Steam beworbenes, angeblich demnächst erscheinendes Spiel namens "AIDS Simulator" die Runde, mit dem Beschreibungstext "Willkommen in Afrika, du hast HIV! Jetzt bist du wütend und willst Rache und alle Afrikaner töten, die dir Aids gegeben haben". "Trolling", will man hoffen.
Update vom 8. Juni: Valve hat die Seite zum "AIDS Simulator" nun von Steam entfernt.