
20 Jahre "Tomb Raider" Happy Birthday, Ballerfrau

"Tomb Raider"
Foto: Square EnixVorsichtig am Abgrund balancieren, bis Lara Croft die Sprungposition erreicht hat. Jetzt keinen Fehler machen. Leertaste drücken, gleichzeitig die Pfeiltaste nach vorne. Mist. Das war klar: Lara stürzt ab und stirbt. Schon wieder. Am liebsten hätte ich in diesen Momenten die Tastatur an die Wand geklatscht.
Ich erinnere mich ziemlich genau, wie furchtbar frustrierend es manchmal war, Lara Croft durch den ersten Teil von "Tomb Raider" zu steuern. Dennoch: Ich konnte das Spiel einfach nicht beiseitelegen, damals im Jahr 1996. "Tomb Raider", am 25. Oktober erschienen, war zu dieser Zeit ein Videospiel, das einen stundenlang vor den Bildschirm gefesselt hat.
Flüssig animierte 3D-Grafik, eine weibliche Heldin und ein Mix aus Action und Rätseln: Das wirkte frisch und spielte sich gut. Zu Recht sahnte das Spiel etliche Preise ab, die Kritiker lobten die britischen Entwickler von Core Design für eine völlig neue Spielerfahrung. Spieler konnten elegant durch Katakomben springen, dabei mit zwei Pistolen auf Fledermäuse feuern und in Wasserbecken eintauchen.
Die Steuerung macht das Spiel schwer
Aus heutiger Sicht lässt sich allerdings nur schwer nachvollziehen, wie spektakulär "Tomb Raider" damals wirkte. Wer die geschmeidigen Bewegungen moderner Third-Person-Shooter gewohnt ist, wird keine große Freude an dem Klassiker haben.
Denn nicht etwa die blutsaugenden Fledermäuse oder beißwütigen Hunde machen das Spiel so schwierig. Es sind auch nicht die Rätsel, die meist daraus bestehen, einen Schalter zu finden, umzulegen und schnell zum geöffneten Steinportal zu hüpfen. Das Problem ist die Steuerung. Es fühlt sich an wie Arbeit, die Titelheldin durch die Katakomben des ersten "Tomb Raider"-Spiels zu lenken.
"Tomb Raider"
Foto: Square EnixAm Smartphone? Kaum spielbar
Noch schlimmer als mit Gamepad oder der Tastatur wird es, wenn man die Smartphone-Version des Klassikers ausprobiert, die Square Enix zum 20. Geburtstag von Lara Croft bei Google Play und im Apple App Store für einen Euro anbietet. Selbst mit Nostalgie-Bonus ist die Kletterei unglaublich nervtötend.
Das erste "Tomb Raider" ist gut gealtert, bleibt aber ein Meilenstein im Bereich der Action-Adventures. Wer weiß, wie viele grandiose Spiele im Stil von "Uncharted" oder "The Last of Us" erschienen wären, hätte Lara Croft nicht mit die ungefähre Richtung des Genres vorgegeben.
Mittlerweile spielt Lara Croft auch selbst wieder vorn mit. Nach ein paar Flops kämpfte sich die Heldin mit dem zehnten Teil der Reihe im Jahr 2013 wieder zurück an die Spitze, mit einem Spiel, das wieder schlicht "Tomb Raider" hieß. Der Erfolg hatte vor allem einen Grund: Die Entwickler legten mehr Wert auf den Charakter und die Handlung. Sie verzichteten weitgehend darauf, die Titelheldin als Sexsymbol zu vermarkten.
Der lange Weg bis zum glaubhaften Charakter
Das war nicht immer so. Im ersten Teil der Reihe hüpfte Lara Croft mit Hotpants und überdimensionalen Polygon-Brüsten durch die Unterwelt. Ein Erscheinungsbild, das die Figur über Jahre prägte. Das Marketing schien sich darauf zu beschränken, mit der knapp bekleideten Lara Croft pubertierende Jungs von den Spielen zu überzeugen - was oft genug auch funktionierte.
Doch selbst Lara-Croft-Schöpfer Toby Gard kritisierte die Vermarktung, die sich seiner Meinung nach zu sehr auf den Körper der Spielfigur fokussierte. Nachdem er das Entwicklerteam kurz nach der Veröffentlichung des ersten Teils verlassen hatte, sagte Gard in einem Interview: "Es war niemals der Plan, eine Art Seite-3-Girl als Star in 'Tomb Raider' zu erschaffen." Die Idee sei es eigentlich gewesen, einen "weiblichen Charakter zu erfinden, der heldenhaft, cool, gefasst und kontrolliert ist".
Bis es wirklich so weit gekommen ist, hat es lange gedauert. Lara Croft hat die Wandlung zum vergleichsweise glaubhaften Charakter vollzogen und über die Jahre das geschafft, was nur wenigen Computerspiel-Helden gelingt: Sie hat Kultstatus erreicht, weit über die Spielebranche hinaus. Selbst wer nichts mit Computerspielen anfangen kann, kennt die Abenteurerin mittlerweile als weibliches Pendant zu Indiana Jones. Alles Gute zum 20. Geburtstag, Lara Croft.
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Spieleheldin Lara Croft: Mittlerweile kennt man sie auch, wenn man keine Videospiele spielt. 2001 zum Beispiel kam ein Film namens "Lara Croft: Tomb Raider" in die Kinos, mit Angelina Jolie in der Hauptrolle.
Ein Meilenstein der Spielegeschichte: Mit dem ersten Teil der "Tomb Raider"-Serie wirbelt das Entwicklerstudio Core Design im Jahr 1996 die Gamesbranche auf.
Unterwasserwelten und Höhlenballerei: Das Spielgefühl war damals ein neues. Heute macht vor allem die Steuerung das Spiel kompliziert.
Das gilt auch für die Smartphone-Versionen des Klassikers, die Square Enix mittlerweile veröffentlicht hat. Die abgehackten Bewegungen sorgen auf Android-Geräten und dem iPhone für viel Frust.
Die Figur aus dem ersten Spiel hat das Aussehen von Lara Croft über Jahrzehnte geprägt.
In den vier Jahren nach der Veröffentlichung von "Tomb Raider" ist jedes Jahr ein neuer Teil der Serie erschienen. Nach dem fünften Teil "Die Chronik" im Jahr 2000 folgt zunächst eine längere Pause.
"Angel of Darkness" sollte die Reihe neu beleben. Doch zahlreiche Bugs und Spielschwächen lassen den Titel im Jahr 2003 floppen. Es ist der letzte Teil der "Tomb Raider"-Serie, den Core Design entwickelt. Als nächstes erscheint danach "Tomb Raider: Legend", entwickelt vom das US-Studio Crystal Dynamics.
Mit der neuen Steuerung und neuer Grafik erscheint 2007 eine Neuauflage des ersten "Tomb Raider"-Spiels. Neben den Schauplätzen tauchen auch die früheren Charaktere wieder auf.
Mit dem zehnten Teil gelingt Square Enix im Jahr 2013 ein großer Wurf. Die Kritiker loben das Spiel für die Geschichte und die Charaktere. Außerdem verzichten die Entwickler erstmals darauf, Lara Croft allzu knapp bekleidet ins Abenteuer zu schicken.
Der Nachfolger "Rise oft the Tomb Raider" kann an die Erfolge anknüpfen. Lara Croft macht sich in diesem Teil auf die Suche nach ihrem Vater.
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