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"World of Warcraft"-Schatzsucher: Eine Lady und viele Fragen

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Geheimnisse in "World of Warcraft" Sie schätzen die Schätze

Online-Spieler lieben "World of Warcraft" noch immer - auch, weil die Spielwelt voller versteckter Rätsel steckt. Eine Gruppe Schatzsucher versucht, jedes noch so kleine Geheimnis zu lüften.

In einem riesigen Schloss irgendwo in der Spielwelt von "World of Warcraft" lebt Lady Chaton. Die Elfin begrüßt alle Neuankömmlinge freundlich und stellt den Gästen ihre fünf Katzen vor. Über etwas anderes will die geheimnisvolle Frau nicht sprechen. Lady Chaton hält weder Aufgaben noch Belohnungen bereit. Sie scheint in der Spielwelt von "World of Warcraft" ("WoW") keine echte Aufgabe zu erfüllen - das zumindest glauben die meisten der über vier Millionen "World of Warcraft"-Spieler.

Einige wenige von ihnen aber wittern hier den Auftakt einer spektakulären Schnitzeljagd, an deren Ende auf den glücklichen Finder eben doch eine Belohnung wartet. Ein Kollektiv von Schatzsuchern und Rätselfanatikern beginnt, dem Geheimnis von Lady Chaton nachzujagen.

Buddeln im Programmiercode

Easter Eggs und geheime Botschaften waren schon immer ein Teil des 2004 auf den Markt gekommenen Online-Rollenspiels. Doch seit etwa zwei Jahren scheinen die "WoW"-Entwickler von Blizzard besonderen Gefallen an aufwändigen Rätseln für ihre Community gefunden zu haben.

Regelmäßig platzieren sie offenbar nutzlose Nichtspieler-Charaktere wie Lady Chaton in der virtuellen Welt oder streuen Hinweise auf bisher unbekannte In-Game-Gegenstände in den Spieldateien. Diese Puzzlestücke führen zu neuen Hinweisen, die schließlich den Finder mit einer besonders wertvollen Waffe, mit Gold oder einem kleinen Gruß der Entwickler belohnen.

Einige aufmerksame Spieler stolperten zufällig über diese ersten Rätsel und taten sich im Sommer 2016 zusammen, um ihre gesammelten Hinweise gemeinsam zu diskutieren und zu kombinieren. Daraus entstand die Gemeinschaft der "WoW"-Schatzsucher, die mittlerweile über 100.000 Mitglieder zählt und sich über die Chatplattform Discord organisiert .

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"World of Warcraft"-Schatzsucher: Eine Lady und viele Fragen

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Ein Großteil von ihnen beschäftigt sich nun mit dem Geheimnis um Lady Chaton, das sich als echte Kopfnuss herausgestellt hat: Nach nur wenigen Tagen füllen die gesammelten Hinweise bereits ein achtseitiges Dokument, das die Schlossarchitektur der Elfin analysiert, die Namen der fünf Haustiere unter die Lupe nimmt und offensichtliche Sackgassen der Rätselei dokumentiert. Bei größeren Herausforderungen wie diesen bekommen die Schatzsucher manchmal auch Hinweise von den Entwicklern selbst zugespielt.

Tony, ein 22-jähriger Software-Experte aus England, gehört zu den "WoW"-Schatzsuchern der ersten Stunde und hat mittlerweile ein Gespür dafür entwickelt, wo er nach Geheimnissen Ausschau halten muss: "Nach jedem Patch oder Update suchen wir in den Spieldateien von Dialogen, Quests oder Belohnungen nach auffälligen Änderungen. Manchmal twittert aber auch der Blizzard-Mitarbeiter Jeremy Feasel den ein oder anderen Hinweis, der uns auf die richtige Fährte führen soll."

Eine ganz neue Art des Spielens

Viele Rätselfans verzichten aber auch darauf, sich stundenlang durch Spieldateien zu wühlen. Sie halten direkt in der virtuellen Welt Ausschau nach neuen Herausforderungen. Zu ihnen gehört die 19-jährige Studentin Maria aus Frankreich, die die ihr so vertraute Welt von "World of Warcraft" dank der Schatzsucher-Community mit ganz neuen Augen sieht: "Ich beobachte das Flugverhalten der Vögel, erkunde Ruinen und klettere auf Häuserdächer", sagt sie. "Ich bin immer auf der Suche nach neuen Details, die vorher nicht da waren und das macht mehr Spaß als jede vorgeschriebene Quest oder Geschichte."

Auch Maria ist auf das Geheimnis um Lady Chaton aufmerksam geworden. Sie sucht in den Dialogzeilen der Elfin nach des Rätsels Lösung: "Ich habe jeden einzelnen Satz, den sie sagt, aufgeschrieben und suche jetzt nach Anagrammen, irgendwelchen versteckten Botschaften."

Seit Tagen verbringt Maria nun jeden Abend damit, Buchstaben und Worte miteinander zu kombinieren, immer auf der Suche nach einem möglichen Hinweis, der die Bedeutung von Lady Chaton aufdecken könnte. Regelmäßig tauscht sie sich mit ihren Freunden per Discord über ihre Fortschritte aus.

"Diese Schatzsuche mag für Außenstehende nach einem ganz schön sinnlosen Klamauk klingen", sagt sie, "aber für uns ist das wirklich spannend. Nicht zuletzt lernen wir so ein Spiel ganz neu kennen, von dem wir zehn Jahre und länger glaubten, dass es uns nicht mehr überraschen könnte."

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