Apples neue Geräte Radikal-Tuning für die iPod-Palette

So viele Neuheiten auf einen Schlag hat Apple noch nie vorgestellt: Mit einer Totalrenovierung der iPod-Palette mischt der Konzern den Markt auf. Der neue iPod touch sieht aus und funktioniert fast wie das iPhone. Letzteres wird außerdem deutlich billiger.

Der September ist schon traditionell Apples Monat für die Vorstellung neuer iPods. Rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft werden Neuheiten vorgestellt. Doch einen Neuheiten-Reigen wie bei den Präsentationen in San Francisco und London in diesem Jahr hat es noch nie gegeben. Alle Modelle aus Apples Musikplayer-Serie wurden überarbeitet, ein neues iPhone-inspiriertes Modell vorgestellt - und noch dazu der mobile Musikverkauf gestartet: Lieder-Shopping unterwegs wird möglich.

Die Neuheit der Nacht ist der iPod touch. Nicht zufällig sieht er aus wie ein leicht eingegangenes iPhone - er hat auch viele Funktionen von Apples Handy mitbekommen.

Nur acht Millimeter ist der neue Player dick. Die Bedienung und der Look sind mit dem iPhone identisch: Statt Knöpfe zu drücken oder kleine Rädchen zu drehen, steuert man alle Funktionen per Finger auf dem Display. Konzernchef Steve Jobs sagte leicht überdreht: "Wir finden, er ist eines der sieben Weltwunder."

Wie beim iPhone schaltet der Bildschirm sensorgesteuert auf eine Breitbilddarstellung um, wenn man ihn in die Horizontale dreht. Beim Abspielen von Musik kommt man so in die CoverFlow-Ansicht, bei der man Musikalben-Cover durchblättern kann.

Die zentrale Innovation ist jedoch die eingebaute W-Lan-Funktion. "Andere haben das schon versucht - und sind gescheitert", sagte Jobs und teilte damit einen Seitenhieb gegen Microsofts W-Lan-fähigen Zune-Player aus. Apple gab dem iPod touch einige Möglichkeiten mit, die Zune fehlen. Dazu gehört neben einem YouTube-Player eine Miniversion des Internet-Browsers Safari, die schon vom iPhone bekannt ist. Sie soll Jobs zufolge das größte Problem kleiner Geräte mit öffentlichen Drahtlos-Netzwerken lösen - nämlich den Login-Vorgang. Viele Geräte scheitern daran, dass sie die Login-Seiten der Netzwerkbetreiber nicht anzeigen können. Mit Safari soll das anders sein.

Der mobile Musikverkauf beginnt

Auf diese Weise ins drahtlose Internet eingeloggt, soll der iPod-touch-Besitzer freilich nicht nur im Netz surfen, sondern vor allem Musik kaufen - mobil, nicht mehr am heimischen Rechner. Dafür hat Apple einen W-Lan-Ableger des iTunes Store geschaffen, den iTunes Wifi Music Store. Darauf hatten Apple-Fans lange gewartet. Jobs: "'Endlich', werden einige von Euch sagen."

Der Kauf von Musikstücken selbst ist im mobilen Plattenladen ausgesprochen einfach zu bewerkstelligen - das Herumstöbern im Angebot auf dem kleinen Bildschirm allerdings etwas umständlich. Einzig Titel, die in den Top-Listen geführt werden, sind schnell zu finden. Zwar gibt es eine sehr gute Suchfunktion, aber die setzt voraus, dass man weiß, was man will.

Immerhin: Drahtlos erworbene Titel werden beim Synchronisieren mit einem Mac oder PC auf den Rechner kopiert. Das bricht mit der bisherigen iPod-Logik, in der nur ein Transfer der Titel vom Rechner zum iPod vorgesehen war.

Der berührungsempfindliche iPod wird 299 beziehungsweise 399 Euro kosten, je nachdem, ob er 8 oder 16 Gigabyte Kapazität hat. Allerdings ist er nicht sofort lieferbar. Jobs versprach nur, das neue Modell werde "noch in diesem Monat" ausgeliefert - dann aber weltweit. Für das iPhone wird die iTunes-Wifi-Funktion per Update nachgereicht.

Den mobilen Musikverkauf will Apple durch eine Kooperation forcieren: Der Konzern geht eine Partnerschaft mit der Kaffeehauskette Starbucks ein. Wenn ein iPod-touch-Besitzer deren Coffeeshops betritt, soll er auf seinem Gerät automatisch ein neues Symbol sehen, das zum mobilen Musikkauf einlädt. Nach und nach will Starbucks bis 2009 seine rund 6000 US-Filialen mit diesem System ausstatten. Zwei Jahre habe man an diesem Deal gefeilt, sagte Jobs.

Auch die anderen iPods wurden überarbeitet

Auch die bisherigen iPod-Modelle wurden überarbeitet - am deutlichsten der iPod nano. Der kleinste Bildschirm-iPod ist noch kleiner und schlanker geworden, wird von einem neuen 2-Zoll-Farbdisplay beherrscht. Dessen Auflösung beträgt 320 mal 240 Pixel, ganz wie bei den großen iPods mit Videofunktion. Zwar gibt es kein neues Betriebssystem, wie einige Experten orakelt hatten - doch wurde die Bedienung vollkommen überarbeitet. Sie ist jetzt stärker an Apples Betriebssystem Mac OS X angelehnt. CoverFlow, Apples Funktion zum Durchblättern der Albencover, wurde integriert. Für etwas Entspannung zwischendurch werden drei Spiele mitgeliefert, weitere können im iTunes Store gekauft werden. Die Batterielaufzeit des Winzlings gibt Jobs mit respektablen 24 Stunden Audio- und fünf Stunden Videoplayback an. Ausgerüstet mit vier Gigabyte kostet der neue nano 149 Euro, mit doppelt so viel Speicher werden 199 Euro fällig.

Moderater wurde Apples Kleinster überarbeitet, der bildschirmlose iPod shuffle. Er ist ab sofort in neuen Farben erhältlich, bleibt ansonsten unverändert und kostet weiter 79 Euro. Deutlich moderater fiel das Update des bisher einfach iPod genannten Video-iPods aus. Auch er ist dünner geworden und steckt nun in einem Metallgehäuse. Das Betriebssystem wurde mit denselben Funktionen aufgewertet wie der iPod nano. Er hat weiter die größten Speicherkapazitäten in der iPod-Familie - sie werden sogar noch ausgebaut: In der Version für 249 Euro stecken nunmehr 80 Gigabyte, im etwas dickeren Modell für 349 Euro gar 160 Gigabyte.

Die Börse reagierte auf Jobs' Präsentation am Abend allerdings nicht euphorisch. Die Aktie vom Apple   fiel nach der Vorstellung der neuen Geräte um rund fünf Prozent auf den Vortagesstand. "Ich vermute, dass die Investoren Positiveres von Apple erwartet haben", sagte Analyst Paul Foster von theflyonthewall. "Bei großen Erwartungen kauft man - wenn es dann Realität wird, verkauft man."

Das iPhone wird drastisch billiger

Mit dem iPhone seien Kunden zufrieden wie mit keinem Apple-Produkt zuvor, sagte Jobs, und man werde bis Ende September eine Million Exemplare verkauft haben. Bis Ende 2008 will Apple 10 Millionen iPhones abgesetzt haben.

Um den Absatz zu stimulieren, sollen nun die Preise sinken - und zwar kräftig. Künftig werde es nur noch das Modell mit 8 Gigabyte Speicher geben, sagte Jobs. Dieses kostete bisher 599 Dollar, ab sofort werden dafür nur noch 399 Dollar fällig.

Europäische iPhone-Interessenten wird's freuen: Sie werden zum angepeilten Verkaufsstart des Apple-Handys in Europa gleich mit günstigen Preisen verwöhnt.

Anmerkung der Redaktion: Im obigen Artikel war zunächst zu lesen, Apple wolle im ersten Jahr zehn Million iPhones verkaufen. Korrekt ist, dass das Unternehmen diese Anzahl bis Ende 2008 absetzen will. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

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